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Das Interview wurde am 19.03.2008 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Michael Hengst   Alter: 45 Jahre   Webseite: Tane Uma
Karriere:
Ich habe Karriere gemacht? Das muss mir entgangen sein.

Sommer 2007


mh: Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Michael und den anderen Helfern von Kultboy bedanken und entschuldigen. Die Idee mit dem Tonband war vielleicht doch nicht wirklich gut. Ich weiß ja aus eigener Erfahrung, wie mühsam es ist, aus dem „gesprochenen“ Wort ein druckreifes Interview zu machen. Kann auch sein, dass die Qualität des Bandes eher mäßig ist – das stammte noch aus meinem „Gebraucht“-Fundus und es ist möglich, dass darauf schon ein Interview war. Möglich auch, dass meine Freunde und meine Familie recht haben und mein genuschelter Fischkopp-Österreich-Misch-Akzent für Uneingeweihte eher schwer zu verstehen ist.

Wie auch immer, Michael war so nett und hat mir die Fragen noch einmal gemailt.
?: Fangen wir mal von ganz vorne an: Wie hat deine Karriere als Redakteur bei der Power Play angefangen? Was hast du davor gemacht?
mh: Karriere? Siehe oben… der Karriere-Part wartet wohl noch. "Die Karriere" ist immer knapp an mir vorbeigerauscht. Oft, weil ich Chancen nicht erkannt habe, falsche Entscheidungen traf oder mir einfach mein Dickkopf im Weg war. Ok, zur Frage: Ich habe eine eher klassische Ausbildung gemacht - Einzelhandelskaufmann - weil meine Großmutter meinte, dass der "Jung´ was Ordentliches lernen muss". 3 Jahre Lehre in einem soliden mittelständischen Betrieb für Farben, Tapeten und Bodenbeläge waren interessant. Besonders beliebt bei uns Lehrlingen war der Ausflug ins "Trockenfarben"-Lager. Da gab´s für die Maler alter Schule, die sich ihre Farben selbst mischten, die Pigmente noch in Pulverform. Den Staub hatten wir noch Tage später in den Kitteln.

Danach war ich einige Jahre in Hamburg bei einem Baumarkt im Einkauf und danach bei einem Teppichladen im Verkauf tätig. Das war intellektuell eher wenig ansprechend, um es mal vorsichtig auszudrücken. Soweit man das sagen kann, waren die Jahre ein Ausblick auf die Tiefen und Höhen der menschlichen Psyche. Von arroganten Schnöseln, die einen Fachverkäufer für ein niederes Wesen halten, über gewaltbereite Sozialhilfeempfänger, die ihre Frauen im Laden verprügelten, bis zu supernetten Leuten aus allen Schichten, habe ich da alles gesehen.

Irgendwann hatte ich von der "real existierenden Sozialstudie" die Schnauze voll und habe beim Hamburger Softwareladen angefangen. Das war super. Wie ein Schlaraffenland. Gespielt hatte ich ja schon immer gern, und dann in einem Spieleladen zu arbeiten - das war ein Traum. Ich dachte, es kann kaum noch besser werden. Was die "Real Life"-Sozialstudie im Hamburger Softwareladen angeht, hier wurden keine Leute verdroschen. Dafür gab es andere praktische Beispiele für die Untiefen des Lebens…

Und dann folgte ich dem Ruf der bayerischen Wildnis.
?: Mit der Power Play Ausgabe 3/89 fing deine Karriere als Spiele-Tester an, kannst du dich noch an deinen allersten Arbeitstag erinnern? Vor allem wie war er?
mh: Meine Güte. Mein erster Arbeitstag. Das war so eine Mischung aus extremer Aufgeregtheit und verwaltungstechnischem Overkill. Logischerweise wurde ich erstmal rumgeführt, musste meinen Papierkram in der Personalabteilung abgeben, durfte meinen künftigen Arbeitsplatz sehen und die Kollegen treffen. Viel gearbeitet habe ich da nicht. Eigentlich am ersten Tag gar nicht.
?: Wie kam deine Liebe zu Rollenspiele zustande? Was faszinierd dich gerade in diesem Genre?
mh: Um ehrlich zu sein, sind die Raubkopien schuld. Ein Kumpel hatte eine Kopie von "The Bard´s Tale". Logischerweise hatten wir keine Ahnung, was man da machen musste. Ich wollte aber unbedingt rauskriegen, wie das funktioniert, also habe ich mir ein Original gekauft. Und das war es. Nächtelang habe ich mich in "Skara Brae" rumgetrieben und mit Karopapier den "Dungeon" kartographiert. Und dann natürlich "Dungeon Master". Für viel Geld hatte ich damals meinen ST mit Extra-RAM aufgerüstet, die mussten noch auf die originalen Chips im Huckepack-Verfahren drauf gelötet werden.
?: Über welches Spiel hast du deinen ersten Test geschrieben?
mh: Das war "The Legend of Blacksilver" von Epyx. Irgendwie war das die Krönung. Ich durfte meinem Hobby frönen und wurde dafür auch noch bezahlt. Das dürfte damals so ziemlich das Höchste gewesen sein.
?: Wie hast du die Kollegen in Erinnerung? War Anatol Locker, Martin Gaksch, Heinrich Lenhart usw. ein strenger Chef oder war alles mehr familär?
mh: Das war schon sehr familiär. Heini hat schon auf saubere Arbeit geachtet und hatte ein gutes Händchen um Newbies eine Menge beizubringen. Es gab einige Regeln. So wurde ein Spiel auch "Spiel" genannt - und nicht "Game". Das sitzt noch heute.
?: Wieviel verdiente man als Redakteur?
mh: Aua. Bin ich mir nicht wirklich sicher, aber damals waren das so knapp 3000 Mark - Brutto. 1989! Mit Ende 20. Das war eine Menge Geld. Aber anstatt meine Altersversorgung voranzutreiben, habe ich Spiele und Konsolen gekauft und alle 6 Monate meinen PC aufgerüstet. Großer Fehler... :-)
?: Was waren die skurilsten Erlebnisse, die du mit deiner Zeit bei der Power Play / Video Games verbindest?
mh: Neben der Tatsache, dass wir die ganze Zeit spielen konnten, die berühmtesten Designer bei uns zu Gast hatten? Das wohl Abgefahrenste war vermutlich der Besuch bei Theresa Orlowski. Damals der feuchte Traum eines jeden Kerls in Deutschland. Die "Porno-Queen"! Sie wollte damals ins Spielegeschäft einsteigen und Knut und ich haben Sie besucht, um ein Interview zu machen. Während des Gesprächs wirkte Sie irgendwie ein bisschen abwesend und wir dachten, das Interview interessiert sie nicht wirklich. Als wir fertig waren, bemerkten wir hinter uns ein paar Monitore. Im Studio wurde gerade ein Porno gedreht und Sie hatte auf den Bildschirmen immer wieder kontrolliert, ob da auch wirklich alles ok ist. Wir durften dann auch mal runter. Die Sets waren so, wie man die nachgebauten Zimmer bei Ikea kennt - jedes mit einem anderen Thema. Gedreht wurde in einem Sado-Maso Studio. Die Akteure hatten gerade Mittagspause, saßen in Bademänteln in einem Aufenthaltsraum und schlürften ihre 5-Minuten-Suppen. Das war schon extrem skurril. Spieleredakteur und dann mit Deutschlands Pornostar Nummer 1 ein Interview führen ...irre.
?: Was war deine Meinung zur hausinternen Konkurrenz zwischen Video Games und Power Play? Wie fandest du in diesem Zusammenhang die kurzlebige "Modul-Express"-Rubrik der Power Play?
mh: Konkurrenz in dem Sinne gab es nicht. Wir waren ja im gleichen Verein, spielten die gleichen Spiele und haben ja auch für beide Magazine geschrieben. Mitte der 1990-er war das dann teilweise ein bisschen anderes. Aber da war ich eh weg.
?: Wie kam die Power Play "Gurke" damals an? Wer hatte die Idee überhaupt dafür? Und vor allem wieso gerade eine Gurke?
mh: Die Power Play kam damals super an. Was wir Redakteure nicht so mitbekommen haben ist, wie gut das Heft ankam. Die PP war ein Goldesel für den Verlag. Aber statt irgendwann mal etwas von dem Geld wieder ins Heft zu stecken, wurde mit den Profiten eine verlegerische Zeitschriftenleiche nach der anderen auf den Markt geworfen. Und natürlich das hauseigene Millionengrab eines Online-Services (gute Idee, nur Jahre zu früh) finanziert.

Wer die Idee zur Gurke hatte? Das weiß ich beim besten Willen nicht mehr, aber ich vermute, das war so eine Gemeinschaftsaktion. Oder war es doch Heini im Alleingang? Ich bin mir nicht sicher. Warum eine Gurke? Einfach: Das Wort "Gurke" wurde und wird immer noch negativ besetzt. Und somit passte das auch wunderbar. Die Leser haben die Gurke geliebt.
?: Wenn du heute die Möglichkeit hättest, würdest du etwas anders machen mit der Power Play als damals?
mh: Wenn ich heute die Möglichkeiten hätte, würde ich alles machen, nur kein Spielemagazin.
?: Hattest du noch andere Aufgaben außer Spiele-Testen?
mh: Allerdings. Hatten wir alle. Recherchieren, Testmuster besorgen, Fotos machen, Bildarchiv verwalten, Layout anschauen, gegebenenfalls längen oder kürzen. Das ist heute alles einfacher: Damals wurde noch mit Klebe-Layout gearbeitet - sprich das Layout hat die Artikel (mit den Fotos und allem drum und dran) ausgedruckt, in kleine Häppchen geschnitten und auf eine Seite aufgeklebt, um zu schauen, ob die Texte so passen, ob ein Bild zu viel oder zu wenig gemacht worden ist usw. Kein Wunder, dass wir damals einen Vorlauf von sechs Wochen hatten - also vom Redaktionsschluss bis zum ausgelieferten Heft. Sechs Wochen! Heute können noch in der Druckerei einzelne Daten geändert werden. Die Aktualität ist heute enorm. Aber die Printhefte können da mit den Online-Medien nicht mithalten.

Dann haben wir viel telefoniert - mit Publishern und Entwicklern. Unsere Telefonkosten waren astronomisch! Damals gab es keine Flatrate... :-). Und keine E-Mail...
?: Wie darf man sich einen Arbeitstag vorstellen? Wie lief das so ab?
mh: Offiziell war Arbeitsbeginn um 9 Uhr. Aber da hat sich eh keiner im Verlag (außer in der Verwaltung) dran gehalten. Wir haben um 10 h angefangen. Dann gab es eine Redaktionssitzung und die Spieletests wurden verteilt, neue Aufgaben besprochen. Dann wurde telefoniert, die alltäglichen Sachen erledigt, Fotos gemacht..., gespielt haben wir meistens zu Hause. Oder wir sind länger geblieben - oder nachts wieder gekommen. Das habe ich damals ein paar Mal gemacht.
?: Gibt es Spiele, die du heute besser oder schlechter bewerten würdest? Bei welchen Spielen wich die Redaktionsnote am meisten von deinem eigenen Empfinden ab?
mh: Ich stehe zu meinen Wertungen... auch zu umstrittenen, wie meiner Wertung zu "Dune 2" damals. Die haben mit dem Spiel ein neues Genre begründet - nämlich das der Echtzeitstrategie. Und ich habe dem Ding wohl die weltweit schlechteste Wertung gegeben - irgendwo Mitte 70. Neues Genre hin oder her: Da waren so viele Patzer drin... Wegfindungsroutinen waren damals noch mangelhaft, Einheiten blieben laufend hinter Gebäuden stecken und so weiter. Und eine Wertung Mitte 70 - ich glaube, es waren 74 Prozent - ist ja nicht schlecht. Heute wird eine Wertung unter 85 immer als Todesurteil angesehen.

Was ich heute anderes machen würde: Es gab ein, zwei Spiele, die haben wir eindeutig zu früh getestet.

Die Note bei dem die Redaktionsnote am meisten von meinem privaten Empfinden abwich? Keine Frage: "Elite 2".
?: Was müsste man tun, um die Nostalgiker mit den modernen Rollenspielen zu versöhnen. Wie sähe ein modernes Rollenspiel designed von Michael Hengst aus?
mh: Das ist schon fast ein Widerspruch in sich: Ein modernes Rollenspiel designed by Michael Hengst. Meine Favoriten gehören schon zu den Computersteinzeit-Spielen. "Wizardy 7", "Gothic 2" …das waren noch Rollenspiele. Ich gebe zu, "Oblivion" habe ich mir ziemlich lange angeschaut. "Gothic 3". Und einige von den japanischen Sachen: "Final Fantasy" und Co. Ich muss aber zugeben, dass mich die neuen "Final Fantasy" Spiele nicht mehr wirklich reizen. Anschauen ja, anspielen auch, durchspielen nein. Wenn ich also die Chance hätte, ein Rollenspiel zu machen? Lieber nicht - finanziell ein garantiertes Desaster.
?: Warum hast du die Power Play verlassen?
mh: Einfach. Aus dem gleiche Grund, aus dem alle anderen auch gegangen sind. Eine ignorante Verlagsleitung, die sich den geänderten Marktgegebenheiten, dem verstärkten Mitbewerb-Druck und neuen Technologien gegenüber wenig aufgeschlossen zeigte. Siehe oben: Als Cash Cow waren wir ok. Aber einiges vom Profit re-investieren? Um Himmels willen. Da wurde am Ende die Kuh zur Schlachtbank geführt.
?: Wie kam es dazu das du circa 96/97 nochmal die Power Play / Video Games für kurze Zeit übernommen hast?
mh: "Ich war jung und brauchte das Geld". Das war damals die beste und schnellste Methode, kurzfristig in der Nähe von München unterzukommen. Für mich war das eh eine eher temporäre Angelegenheit, als ich gesehen habe, dass sich im Verlagsmanagement nur wenig geändert hat. Als dann der Verlag zum Verkauf anstand, wollte ich nicht mehr. Und Ralf (Adam) und ich haben uns dann zusammen selbständig gemacht.
?: Was denkst du über den Werdegang bzw. Niedergang der Power Play?
mh: Das Sterben der Power Play fand ja schon vor dem Jahr 1995 statt. Als entschieden wurde nichts zu unternehmen, und nach dem Motto "Augen zu und durch" agiert wurde, war abzusehen, dass die Power Play dem Untergang geweiht war. Stagnation ist im Verlagsgeschäft tödlich. Und das Siechtum und den Todeskampf der PP habe ich ja aus der Entfernung erlebt. Das sehe ich ganz leidenschaftslos. Der Mitbewerb war einfach besser.
?: Was ist mit den getesteten Spielen passiert die du bekommen hast? Konntest du diese behalten?
mh: Wir hatten ein recht umfangreiches Spielearchiv, da kamen unsere Muster hin. Wenn jemand ein Spiel privat haben wollte, haben wir es selbst gekauft oder beim Publisher angefragt, ob wir noch welche bekommen können.
?: Wieviel Prozent hast du von deiner Arbeitszeit gespielt und wieviel hast du geschrieben?
mh: In der Arbeitszeit dürften das so 20 bis maximal 30 Prozent der eigentlichen Zeit gewesen sein. Wie oben schon gesagt, meistens haben wir - vor allem die guten Sachen - zu Hause in Ruhe gespielt.
?: Wie lange wurde ein Spiel normalerweise getestet (insbesondere Rollenspiele!)? Benutzte man da auch öfters Cheats um schneller fertig zu werden?
mh: Unterschiedlich und genreabhängig. Bei einigen Spielen hatte man schon nach recht kurzer Zeit, also nach einigen Stunden eine Meinung - z.B. bei Actionspielen. Andere haben wir 10, 20 Stunden lang gespielt. Mindestens. Rollenspiele, Adventure, Simulationen erfahrungsgemäß. Cheats waren verpönt: Immerhin wollten wir so spielen, wie es der Endkonsument auch tut. Was wir aber manchmal gemacht haben: Beim x-ten AD&D Spiel habe ich beispielsweise mit einem Hex-Editor den Spielstand verändert.
?: Habt ihr auch die Konkurrenzmagazine gelesen und deren Testberichte mit euren verglichen?
mh: Haben wir. Logisch. Anfangs gab's nur die ASM und uns. Und wie die Kollegen auch, haben wir jeweils das Heft "der Anderen" gelesen. Manchmal mit einem Kopfschütteln, zugegeben. Aber am Ende gab es eine gegenseitige Achtung vor den Kollegen.
?: Hast Du noch Kontakt zu ehemaligen Redaktions-Kollegen?
mh: Selten. Das verläuft sich so im Laufe der Jahre. Mit Boris tausche ich gelegentlich eine Mail aus. Mit Martin war ich mal sehr lose in Kontakt - das ist aber schon ein paar Jahre her. Knut habe ich letztens auf einer Messe getroffen, genauso wie Frank Heukemes.
?: An welche/n Test/s kannst du dich noch gut erinnern, und welches Spiel hat dich damals am meisten aufgeregt? Dein Favorit? Vor allem RPGs?
mh: Am meisten aufgeregt habe ich mich wohl über "Rorke's Drift". So ein Schrott. Ich weiß nicht, ob es jemals eine schlechtere Wertung gab, aber für Jahre war das die niedrigste Wertung, die je ein Spiel in der Power Play bekommen hat. An zweiter Stelle steht "Elite 2" - wir hatten ja eine 90-er Wertung gegeben! Oh Mann...
?: Spielst du heute noch? Wenn ja, welche?
mh: Logisch spiele ich heute noch :. Deutlich weniger als früher. Anschauen tue ich mir eine Menge - alleine schon berufsbedingt. Spielen tue ich vor allem auf meinem Nintendo DS und auf meinem Laptop mit einem Emulator (ich habe kein Windows auf meinem Laptop... :-)). "Zelda: Phantom Hourglass" ist zurzeit einer meiner Favoriten, oder die "Final Fantasy"-Serie für DS und logischerweise "Advanced Wars". Auf dem PC "Call of Duty 4".
?: Welches System war damals dein Liebling, und welche besitzt du heute noch? Benutzt du diese noch, und wenn ja, wie oft?
mh: Ohne Zweifel habe ich meinen Atari ST geliebt. Ansonsten war ich recht neutral: Ob NES, SNES, Mastersystem, Megadrive, PC oder was auch immer. Wichtig für mich war das Spiel - nicht die Maschine. Irgendwo liegen noch ein Saturn, eine Dreamcast und eine PS1. Das war es auch schon. Nutzen tue ich keines der alten Geräte...
?: Was hältst du von Emulation? Spielst du sogar ab und zu mit einem Emulator?
mh: ... denn wozu gibt es Emulationen? Wie oben schon gesagt, spiele ich ab und an mal alte Titel. Ich finde Emulationen super. War aber nur eine Frage der Zeit, bis die Hersteller bemerkt haben, dass die alten Perlen noch eine Menge wert sind und auf Handheld oder Handys zweit- und dritt-vermarktet werden können. Macht ja auch wirtschaftlich Sinn und ist auch nachvollziehbar. Ich finde es gut, denn so erscheinen unsere Favoriten, manchmal sogar runderneuert, auf PSP oder DS.
?: Wie beurteilst du den derzeitigen Zeitschriften- und Spielemarkt? Kennst du gewisse Retro-Zeitschriften (z. B. die "Retro-Gamer")?
mh: Was ich vom heutigen Zeitschriftenmarkt halte? Siehe oben: Selbst wenn ich die Möglichkeiten hätte, heute würde ich kein Heft mehr machen wollen. Um heute ein Magazin zu machen, gehört mehr dazu als ein paar enthusiastische Hanseln. Unabhängig davon haben alle Hefte mit massivem Auflagenschwund zu kämpfen. Ich würde vielleicht eine Webseite machen.
?: Was müsste geschehen, damit die heutigen Spiele auch wieder "kultig" werden können?
mh: Persönlich finde ich, dass das Attribut "kultig" viel zu oft verwendet wird und mittlerweile deutlich an Bedeutung eingebüßt hat. Was ist Kult? Kommerziell erfolgreiche Titel? Innovative Minispiele, die einen Achtungserfolg erzielen wie "Darwinia" oder das brillante "Tower of Goo!"? Meiner Meinung nach hat das viel mit dem zeitlichen und einem gewissen verklärten Abstand zu tun. Wer weiß, vielleicht ist "Call of Duty" in 10 Jahren Kult. Oder "God of War" (einer meiner besten Kandidaten für so eine Auszeichnung). Und sind alle Spiele von früher wirklich Kult? Wenn wir mal ehrlich sind, wird da die Liste am Ende doch recht dünn.
?: Hast du bestimmte Lieblings-Internetseiten?
mh: Nein. Ich bin offen für alles und die Vorlieben für Seiten wechseln am Ende so schnell wie das Medium selbst. Es gibt so ein paar Konstanten, die ich regelmäßig nutze: Seiten von Nachrichtenmagazinen gehören dazu, ebenso wie industriespezifische Seiten wie beispielsweise "Gamasutra" oder "Gamesindustrybiz". Ich schaue gerne bei "Moby Games" vorbei, Ron Gilberts "Grumpy Gamer" ist eine Bereicherung, genauso wie "Gunnars (Lott) Kaliban". Zu meinen aktuellen Favoriten gehört sicher "icanhascheezburger.com" - aber das kann sich morgen schon wieder ändern.
?: Wie denkt du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute? Bist du retro?
mh: Bin ich retro? Nein. Ein gelegentlicher Blick in die Vergangenheit ist ok. Mag ich alte Spiele? Ja. Aber morgen spielt die Musik. Was bringt die Zukunft, welche Spiele sind morgen gefragt? Wie sieht die technische Entwicklung aus? Das ist schon berufsbedingt so. Und das nicht nur im Spielebereich: Aus der Vergangenheit zu lernen ist wichtig. In die Zukunft schauen ist wichtiger. Auf das, was Gestern war, haben wir keinen Einfluss mehr.

Damals war sicherlich alles familiärer, kleiner - heute reden wir über ein Riesengeschäft. Wir reden über 42 Milliarden Dollar! Damals konnten zwei Entwickler in 3 bis 6 Monaten in der heimischen Garage ein Spiel machen. Heute sind Teams von 100 Leuten, Budgets im zweistelligen Millionenbereich und ein paar Jahre Zeit keine Seltenheit mehr. Sehe ich selber jeden Tag: Der Entwickler, für den ich gerade arbeite, hat über 70 Angestellte!
?: Wie denkst du über Retro-Fanatiker wie uns? Ist das cool oder haben wir doch nur alle 'nen Schuss?
mh: Wie war das noch in der Werbung: "Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna"? Um in dieser Branche zu arbeiten, musst Du von Haus aus schon ein bisschen irre sein. Ich störe mich allerdings an dem Wort "Fanatiker" in deiner Frage, das gebe ich zu. Begeisterung für eine Sache ist doch eine tolle Sache. Fanatismus ist es nicht...
?: Danke für das Interview Michael, ich wünsche dir noch viel Erfolg in deinen weiteren Leben.


Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Michael Hengst,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (55)Seiten: [1] 2 3 4   »
18.09.2014, 02:09 Conquerberos (76 
War am vergangenen Wochenende Gast auf der Game Stage und Retrobörse in Linz: http://gamestage.radiatedpixel.com/
Habe mir eine Powerplay von ihm signieren lassen.

Auch ein gewisser Alexander Amon (Ex-consol.at-Chefredakteur) ward gesehen ...
18.01.2013, 07:59 SarahKreuz (10000 
Er hat hier ja auch schon bei der Einleitung gewonnen. "Ich habe Karriere gemacht? Das muss mir entgangen sein."
Spiegelt eigentlich nur das wieder, was man so als Eindruck von ihm in sozialen Netzwerken (Facebook) oder beim plaudern in Podcasts (Spieleveteranen) gewinnt: Bodenständiger Typ.

Arbeitet mittlerweile bei der Spielefirma BigPoint, wenn ich mich nicht irre. Und ist vor kurzem sogar der Kultboy-Gruppe auf Facebook beigetreten.
17.01.2013, 16:52 Wuuf The Bika (1251 
Sehr schönes Interview – Michael Hengst war mir immer einer der liebsten Redakteure, seine Tests hab ich sehr gerne gelesen.
Und das hat sich kaum geändert, ich mag seine Art zb. auch bei den Tests der neuen Powerplay-Ausgabe.
Michael, alle Daumen hoch, bitte weiterschreiben!
12.11.2012, 01:43 Frank ciezki [Mod] (3803 
Ist Fan nicht einfach nur die Kurzform von "Fanatiker" ?
12.11.2012, 00:42 drym (4215 
?: Wie denkst du über Retro-Fanatiker wie uns?

Ich störe mich allerdings an dem Wort "Fanatiker" in deiner Frage, das gebe ich zu. Begeisterung für eine Sache ist doch eine tolle Sache. Fanatismus ist es nicht...

Herr Hengst hat recht. Wie wäre es mit Retro-Freaks, -Fans oder -Freunden? Beginnt auch alles mit F
23.04.2010, 12:18 Teddy9569 (1548 
Ich muss zugeben, dass Herr Hengst nie zu meinen Lieblingsredakteuren gehört hat, weil er mir zu PC-lastig und Amigaphob war. In Interviews und in Heinis Blog entpuppte er sich aber als coole Socke und die Systemvorlieben/-abneigungen scheinen in der von mir angenommenen Extremität auch nicht dagewesen zu sein.

Also: Michael Hengst = Urgestein und Zeitzeuge!

Außerdem stelle ich auf dem Photo ganz oben eine erschreckende Ähnlichkeit mit meinem Spiegelbild fest. Von daher muss ich ihn ja mögen (oder mich nicht)!
Kommentar wurde am 23.04.2010, 12:21 von Teddy9569 editiert.
22.04.2010, 17:47 lslarry00 (124 
Tolles Interview. Hat Spaß gemacht, es zu lesen. Danke dafür.
Und danke auch an Michael Hengst für schöne Lesestunden und unvergessliche Jugenderinnerungen. Scheint wirklich ein netter und bodenständiger Typ zu sein.
11.01.2009, 15:26 Darkpunk (2940 
willkommen auf kultboy.com khaldun! das mit dune 2 sehe ich - wie man unten lesen kann - exakt genauso. ich hoffe, dies bleibt nicht dein einziger kommentar! gruß darkpunk.
10.01.2009, 22:53 Khaldun (1 
So, habe mich nun auch mal auf dieser großartigen Seite angemeldet. Ich surfe schon seit Jahren immer mal wieder rein... Diese Zeit damals vergisst man halt nicht so schnell...

Das Interview mit Michael Hengst möchte ich dann mal zum Anlass nehmen, meinen ersten Beitrag zu schreiben!

Lieber Michael, vielen Dank für die tolle Zeit damals und die Spitzentests! Du schreibst mir geradezu aus dem Herzen, wenn du Bards Tale auch als Ausgangspunkt für deine Rollenspielleidenschaft nennst. So hat es bei mir damals auch angefangen... (1988 über Ostern für den C64 für exakte 36 DM bei Funtastic gekauft .

Ein wirklich tolles Interview! Und es zeigt, dass du menschlich eigentlich genauso bist, wie ich es mir damals vorgestellt habe. Bescheiden und sympathisch bis heute!

Nur den Test zu Dune 2 solltest du noch mal überdenken Das war ein ganz klarer 90er. Falls es Fehler gegeben haben soll, die gingen nun wirklich unter. Ein großartiges Spiel und eines der wenigen, das ich 3 mal durchgespielt habe!
30.06.2008, 20:26 Herr Planetfall [Mod] (4034 
Noch leiderer hat sich Michael nicht als "Nihl Rel" bei uns angemeldet, und am leidersten fehlen 50 nette Anekdoten aus dem unveröffentlichten Audio-Interview. Aber was für ein Mann - er hat noch echte Rollenspiele durchgespielt, ich hab das nur bei Lands of Lore, Ultima Underworld und Chrono Trigger geschafft.
30.06.2008, 18:56 death-wish (1345 
Leider wird im Inverview die Sache mit "Nil Rehl" nicht geklärt
21.04.2008, 23:26 KotzeMc (297 
Sehr schönes Interview ! Da geht mir das Herz auf ! Ja, was habe ich früher immer davon geträumt, bei dem Verein mitmachen zu dürfen . Mich persönlich freut es außerordentlich, das es Michael anscheinend sehr gut geht und er sein Leben genießen kann. Bis auf die nicht ganz von ihm erträumte Karriere ( was immer sein Traum wahr ), scheint er ja doch einiges richtig gemacht zu haben. Auf jeden Fall hast du dich, Michael, in unglaublich vielen Erinnerungen, fast sogar wie ein Popstar, eingebrannt. Ich persönlich danke dir für eine Menge schöner Jugenderinnerungen .
21.03.2008, 21:27 cassidy [Mod] (4111 
@michael:
Komm, gib Dir nen Ruck und registrier Dich bei Uns!
Dir würde ich sogar ne Einserbewertung bei Bubble Bobble verzeihen!
21.03.2008, 20:14 Elvis (125 
Man glaubt's kaum, aber in den C64- und Amiga-Spielen gab ich mir in der Hengst-Ära häufig den Nickname "Stallion"...
Kommentar wurde am 21.03.2008, 20:14 von Elvis editiert.
21.03.2008, 20:08 Gast
@Darkpunk

Die Begeisterung für Star Trek hat bei mir seit "Enterprise" so einen kleinen Dämpfer bekommen (obwohl ich immer noch gerne schaue...). Aber es befinden sich eine Menge anderer TV Serien in meinem privaten Programm-Heft. Lost, Heros, Prison Break, Sopranos, Rome, Law & Order....usw.

Meine absoluten Lieblinge zurzeit: The West Wing, Oz, Entourage, Studio 60 on Sunset, Extras, Deadwood. Alles Sachen die es wohl nie ins Deutsche Fernsehen schaffen :-)...

Liebe Grüße
Michael
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