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Das Interview wurde am 04.06.2009 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Enno Coners
Jahrgang: 1971
Webseite: www.csw-verlag.de, www.retromagazine.eu



?: Beginnen wir ganz von vorne: Wie kam eigentlich die Idee auf, ein Retro-Magazin zu machen? Was hast du davor gemacht?
ec: Die Idee liegt schon viele Jahre zurück. Ich war selber auf der Suche nach einem Retro Magazin und hoffte, dass ein Verlag die englische „Retro Gamer“ übersetzen oder ein eigenes Retro Magazin veröffentlichen würde. Leider passierte dies nicht. Also musste ich es selber machen. Zuvor habe ich als Projektmanager für einen deutschen Elektrokonzern gearbeitet.
?: War es nicht ein finanzielles Risiko, Geld in ein Projekt zu stecken, von dem man nicht wusste, wie es sich überhaupt verkaufen würde?
ec: Ja und das ist es noch heute. Jede Ausgabe ist eine neue Herausforderung. Wer Träume realisieren möchte, muss Risiken eingehen, das ist nun mal im Leben so.
?: Welche Hürden hattet ihr in den ersten Ausgaben?
ec: Es gab viele Herausforderungen. Eine Redaktion musste aufgebaut und strukturiert werden. Die Produktion der CD-ROM und Presselogistik waren komplettes Neuland.
?: Anfangs kostete das Heft 9,95€, später dann nur noch 6,95€. Wie kam es dazu, dass das Heft preiswerter wurde?
ec: Es wurde der größte anzunehmende Unfall einkalkuliert, daher wurde mit einer vorsichtig kleinen Auflage eingestiegen. Nach und nach konnte die Logistik optimiert werden und die Streuung im Handel verbessert werden. Die Nachfrage stabilisierte sich und der Preis konnte gesenkt werden.

Retro Nr. 1 (Erstausgabe)
?: Derzeit erscheint das Heft vierteljährlich, ist es geplant, das Intervall zu verkürzen? Eventuell alle zwei Monate oder gar jeden Monat?
ec: Nein. Das ist nicht angedacht.
?: Wieviele Leute arbeiten normalerweise an einem Heft, und wie lange braucht ihr für eine komplette Ausgabe? Wird jeden Tag daran gearbeitet oder je nach Zeit und Lust?
ec: Im Schnitt sind es ca. 15 Personen. Wir benötigen so lange bis die nächste Ausgabe fertig sein muss.
?: Habt ihr eine fest angestellte Redaktion, oder sind die meisten eher freiberufliche Mitarbeiter?
ec: Wir sind alle frei- bzw. nebenberufliche Mitarbeiter.
?: Vor der Retro gab es schon ein Retro-Magazin, habt ihr das geschluckt oder seid ihr mit ihm fusioniert?
ec: Wir haben unser Know How zusammengelegt und gemeinsam die Retro ins Leben gerufen.
?: Spielst du denn auch privat noch die alten Klassiker, oder bezieht sich das meist nur auf die Themen im Heft?
ec: Ja natürlich. Vor allem alte C64 Klassiker wie Decathlon, Wizball oder Krieg um die Krone.
?: Liest du überhaupt aktuelle Spiele-Zeitschriften wie die PC Games, Gamestar etc.? Was hältst du von der englischen Retro-Gamer?
ec: Ich lese aktuelle Spiele-Zeitschriften und muss oft dabei schmunzeln, wenn ich sehe wie die Großen der Branche oft die kleinen kopieren. Von der englischen Retro-Gamer darf ich einige Sammelbände mein eigen nennen. Inhaltlich toll aber das Layout trifft es nicht meinen Geschmack.
?: Ist Emulieren auch Retro, oder sollte man ausschließlich an Originalmaschinen spielen?
ec: Persönlich ziehe ich eine Originalhardware vor. Wenn diese aber nicht vorhanden ist, setzte ich einen Emulator ein. Emulatoren sind nützliche Werkzeuge, denn kaum jemand wird jedes System ZU Hause haben.
?: Welche Systeme befinden sich zum aktuellen Zeitpunkt in deinem Besitz?
ec: Meine Hardwaresammlung von Commodore Systemen ist nahezu komplett. Darüber hinaus gibt es die üblichen Nintendos, Segas und Sonys dieser Welt. Eine komplette Übersicht habe ich nicht.
?: Werden wir deiner Meinung nach die Spiele von heute, die ja bereits eine sehr detaillierte Grafik haben, in zwanzig Jahren genau so wehmütig betrachten können, wie die pixeligen alten Klassiker von gestern?
ec: Das hängt davon ab ob diese Spiele Spirit haben. Ein fesselndes innovatives Spiel, das viele begeistert, wird in guter Erinnerung bleiben und hat damit die Vorraussetzung, der Klassiker von Morgen zu werden. Photorealistische- oder Pixelgrafik hat meiner Meinung nichts damit zu tun.
?: Wie denkst du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute?
ec: Computer arbeiten immer noch mit Bits und Bytes, daran hat sich nichts geändert. Nur der Geist ist heute ein anderer. Als Computer in den Siebzigern und Achtzigern in unsere Kinderzimmer einzogen, schufen wir, die ersten Computerkids, eine Kultur des Experimentierens. Auf uns wirkten diese Maschinen, als wären sie direkt mit der Enterprise aus den unendlichen Weiten des Universums zu uns gekommen. Wir waren sicher: Sie würden die Welt verändern, und deshalb mussten sie erforscht werden. Computer denken auf eine bestimmte Weise. Und nach einiger Zeit nahmen auch wir, die Kids vor den Bildschirmen, ihre Denkweise an. Während wir die Computer programmierten, programmierten sie uns gleichermaßen auch um. Auf diese Weise wuchs eine Generation heran, die nicht nur mit einem neuen Spielzeug in Berührung kam, sondern auch mit einer neuen Art der Betrachtung.
Der Pioniergeist der Zeit, als sich das Leben um C-64, Atari & Co. drehte, ist mittlerweile der Normalität gewichen, und auch wir haben den Weg in die Wirklichkeit zurückgefunden. Darum scheint heute der Umgang mit zeitgenössischen Rechnern manches oft so banal.
Ich bin sehr glücklich darüber, in dieser Zeit aufgewachsen zu sein, und habe mir ein wenig Sehnsucht nach der aufregenden Zeit bewahrt Und genau diese Sehnsucht möchte ich mit den Publikationen aus dem CSW-Verlag wieder wecken.
Nicht, um verklärt in Vergangenem zu schwelgen, sondern aus den schönen Erinnerungen neue Kräfte zu mobilisieren und den Pioniergeist wieder anzufachen. Damit vielleicht aus verrückten Ideen wieder Produkte von morgen werden, die aus der grauen Einheitsmasse herausstechen.
?: Danke für das Interview Enno, ich wünsche dir noch viel Erfolg in deinen weiteren Leben.


Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Enno Coners,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (7)Seiten: [1] 
01.09.2010, 12:36 Teddy9569 (1548 
Da Videospiele mittlerweile Kulturgut sind, müsste das Heft staatliche Förderung kriegen!
07.06.2009, 19:16 Dany Wild (7 
Sehr schönes Interview !
Bin auch ein fleißiger und begeisterter Retro Leser !
Hab Enno ein paar mal auf Veranstaltungen getroffen , macht ne gute Arbeit und ist eion top Typ.Wünsch ihm und dem CSW Verlag noch viel Erfolg

gruß
DAny
07.06.2009, 15:23 Bren McGuire (4804 
Wirklich schönes Interview!
Naja, heutzutage ist man von neuen (und zumeist) leistungsfähigeren Computern/Konsolen ja wirklich nicht mehr so angetan, wie noch in den Achtzigern und frühen Neunzigern. Selbst der vor knapp drei Jahren noch so innovativ anmutende Wii hat seine Magie schon längst wieder verloren - sehe zumindest ich so. Und jetzt kommt Microsoft auf der diesjährigen E3 daher und versucht eine brandneue Art des Spielgefühls einzuführen - komplett ohne irgendwelche Eingabegeräte! Der Spieler soll völlig frei mit der virtuellen Welt interagieren können - allein mit seinem Körper (gähn)...
Freiheit ist für mich weiß Gott etwas anderes - wenn ich mich z.B. nicht ständig an die (immer noch) engestrickten Pfade eines Spiels anpassen muss oder mich immer wieder über dieselben Bugs aufregen muss...
Die Software-Industrie sollte sich lieber mal bemühen, gescheite Grafik-Engines zu konzipieren, die endlich mal fehlerlos sind, anstatt übereilt spieltechnisches Neuland zu betreten! Merke: Erst mal eine Sache vernünftig zu Ende bringen und sich dann erst neuen Dingen widmen...
Manchmal werde ich das Gefühl nicht los, dass sich die Branche, je mehr sie sich (scheinbar) weiterentwickelt, immer innovationsloser wird! Klar, die heutigen Titel sehen allesamt toll aus - aber was nützt das schon, wenn das Konzept, welches dahintersteckt, vorne und hinten nicht stimmt?
Selbst einstige Design-Legenden wie Peter Molyneux oder Shigeru Miyamoto treten nur noch auf der Stelle - klar, man kann das Rad ja auch nicht jeden Tag neu erfinden! Aber andauernd ist insbesondere in Molyneuxs Statements zu seinen beiden 'Fable'-Rollenspielen zu lesen, wie frei sich der Spieler dort doch entfalten kann! Zumindest beim ersten Teil erwies sich dies - auch laut vielen Fachmagazinen - als (mehr oder weniger) heiße Luft...
'Super Mario Galaxy' war jedoch wirklich eine Art von neuartigem Spielgenuß, nutzte es doch die Möglichkeit eines umfangreichen 3D-Universum sehr gut aus...
Trotzdem vermisse ich heutzutage bei den meisten Titeln diese spezielle Einzigartikeit, die Programme wie 'Monkey Island', 'Loom' (auch wenn es viel zu einfach war; die Idee allein war wegweisend!) oder 'Turrican' aufwiesen. Auch wenn die eben genannten Titel ebenfalls nur bereits bekannten Genres angehörten, so stellten sie innerhalb ihrer Art etwas ganz Besonderes dar! Sowohl 'Monkey Island' als auch 'Turrican' hatten ihren ganz eigenen Stil und stachen aus dem reichhaltigen Angebot, welches die Spiele-Industrie schon damals an den Tag legte, eindeutig hervor. Diese Eigenschaft ist jedoch nahezu völlig verschwunden...
Heute ist es leider so, dass einer die Idee des anderen kopiert - auf 'GTA' folgt 'Saints Row', auf 'Metal Gear Solid' dessen Ableger 'Splinter Cell'. Selbst ein einstmals vielversprechender Charakter wie Indiana Jones, der sich damit brüsten kann, Hauptfigur in einem der besten Point and Click-Adventures überhaupt gewesen zu sein, stapft nur noch auf den ausgetretenen Pfaden einer Lara Croft umher...
Ich möchte mir lieber nicht ausmalen, wie die Spiele-Landschaft in zehn Jahren aussieht - von außen betrachtet wahrscheinlich fantastisch, aber letzlich sind es ja auch die inneren Werte, die zählen...
Und genau aus diesem Grund, sind mir die alten Titel (zumeist) auch lieber...
Umso mutiger finde ich es, dass es noch solche Leute wie Enno Coners (hat im Übrigen eine gewisse Ähnlichkeit mit Dustin Hoffman, wie ich finde) gibt, die sich trauen ein solches Magazin überhaupt auf den Markt zu bringen - Hut ab...
Ich hoffe jedenfalls, dass sich seine Zeitschrift weiterhin einer großen Beliebtheit erfreuen wird...
Kommentar wurde am 07.06.2009, 15:29 von Bren McGuire editiert.
07.06.2009, 14:39 asc (2352 
Ein längst überfälliges Interview

Passt auch gut zu dieser Seite. Vielleicht gibt es irgendwann mal eine ganzseite Anzeige im Retro Magazin für kultboy.com (oder ein Interview mit dem Macher )

BTW: Lesen tue ich das Magazin nicht. Bin immer der Meinung gewesen, dass man sich auch über Netz informieren kann. Aber vielleicht ändere ich diese nochmal kurzfristig. Hab ja bald Geburtstag und dann wäre ja ein Retro-Abo nicht schlecht. Happy Computer gibt es ja nicht mehr
07.06.2009, 14:11 Greg Bradley (2567 
Ein tolles Interview mit einem offensichtlich sehr sympathischen Mann.

Seine Antworten, vor allem natürlich die ausführliche letzte, sind voll nach meinem Geschmack. Kein WUnder eigentlich, denn wer so weit geht, im Jahr 2009 jedes Quartal auf's Neue ein derartiges Magazin auf die Beine zu stellen, der muss mal wirklich "retro" sein.

Ich wünsche ihm und seinem Projekt viel Erfolg für die Zukunft und mir endlich mal wieder etwas Zeit und Muße, mich auf wieder mit dem Geist der alten Computerspiele zu befassen...
04.06.2009, 16:30 death-wish (1345 
wirklich sehr schön, vor allem die letzte Antwort
04.06.2009, 16:23 Herr Planetfall [Mod] (4034 
Sympathischer Mann. Visionär und bodenständig, gefällt mir.
Seiten: [1] 


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