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Das Interview wurde am 20.07.2007 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Jürgen Borngießer
Spitzname: JeeBee
Alter: 46 (2007 verstorben)
Karriere: 1977 bis 1979 Elektronikschule mit Digitaltechnik, Programmierung eines Übungscomputers in Hex-Code. 1981 ein ZX-81, 1982 ein C64 mit Datasette, später Laufwerk. Herumexperimentiert, Floppy-Speeder zusammen mit einem Kumpel gebaut, Soundchip gequält und ähnliche Scherze. 1989 Amiga 500, 1991 Amiga 2000, 1992 Amiga 3000 und einen A1200 mit 68030-Prozessor, sowie PC-Karriere. 1995 Ausstieg und Gründung eines eigenen Presse- / Redaktionsbüros. Seit dieser Zeit freier Autor und Redakteur, ich arbeite für mehrere Verlage und Zeitschriften. Seit 2002 schreibe ich auch Bücher für DATA BECKER. Derzeitige Computer: Dual Core PC zum Arbeiten, Core2Duo-Notebook zum Spass haben, diverse PCs als Server und Backup-Systeme.


Wir müssen traurigerweise zur Kenntnis nehmen, dass Jürgen vor kurzem verstorben ist!

Doppelt traurig auch deshalb, weil Jürgen sich erst vor kurzem hier auf der Seite persönlich eingebracht hatte.

Er hat hier kleinere Spuren hinterlassen. Machte einen netten und freundlichen Eindruck.

Der Schmerz der Familie, der Freunde und Verwandten muss gross sein.

Hiermit wollen wir auf dieser Seite unsere Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Nicht durch lange Reden, wir kannten ihn leider kaum, sondern einfach in stillem Gedenken an einen Menschen, der wohl vor seiner Zeit gehen musste!

Mach es gut, Jürgen!

Vera Stephan (früher Brinkmann) hat uns die Antworten von JeeBee nach seinem Tod noch zukommen lassen!


(Geschrieben von cassidy)



?: Fangen wir mal von ganz vorne an: Wie hat deine Karriere begonnen als Redakteur?
jb: 1987 Einstieg als Redakteur in die CPC Schneider International, später PC International des DMV - Daten und Medienverlag Eschwege. 1989 Gründung der AMIGA DOS, ab 1991 dort Leitender Redakteur. Nach dem Ende 1992 Umstieg in die Highscreen Highlights, nachdem der DMV mehrheitlich 1993 nach Bayern entschwand, nahm ich das Angebot an, für die ASM im Tronic-Verlag zu arbeiten.
?: Wie war das damals wenn man als neuer in eine eingefleischte Redaktion kam?
jb: Die Redaktion der ASM war bei meinem Einstieg schon alles andere als eingefleischt. Mit der alten Redaktion hatte das nicht mehr viel gemein. Trotzdem verstand sich das Team untereinander gut. Reibereien gab es natürlich wie in jedem Team auch, aber im Großen und Ganzen klappte die Zusammenarbeit gut.
?: Wie hast du Peter Schmitz bzw. die Kollegen in Erinnerung? War er ein strenger Chef oder war alles mehr familär?
jb: Ich will da nicht zu sehr ins Detail gehen, aber mit Peter gab es nicht diese Übereinstimmung wie zum Beispiel mit Bernd Zimmermann, der nach seiner ASM-Zeit bei der AMIGA DOS ChefRed wurde.
?: Als Du zur ASM kamst, war diese schon eine Art Traditionsblatt am deutschen Markt, Du kanntest sie also vermutlich schon als Leser. Mit welchen Erwartungen hast Du Deinen Job in der Redaktion angetreten? Was hat sich bewahrheitet, was war völlig anders als gedacht?
jb: Ich kannte die ASM nicht nur als Leser. Problematisch war, dass wir vom DMV das "Machen" der Zeitschriften aus einer professionelleren Sicht betrachteten. Nicht falsch verstehen, das geht nicht gegen die alte Mannschaft, im Gegenteil - ich denke, dass diese Professionalität uns eher geschadet hat.
?: Von wo kam die Idee, den Namen des Magazins zu ändern? Geschah das auf Wunsch des Verlags oder war das eine Initiative der Redaktion? Von wem stammt der Vorschlag "Das Spaß-Magazin"? Gab es noch andere Namensvorschläge, die in der engeren Auswahl waren?
jb: Der Name "Aktueller Software Markt - ASM" war einfach nicht mehr zeitgemäß. Da waren sich so ziemlich alle einig. Über den neuen Namen allerdings nicht unbedingt - nur dass hier die Redaktion selbst wenig Entscheidungsmöglichkeiten hatte.
?: Mathias Neumann, der Space-Rat-Autor/Zeichner verpackte zu Zeiten des Spaß-Magazins euren Redaktionsalltag in Comic Strips. Wessen Idee war das? Wie sind die Strips in der Redaktion angekommen?
jb: Ich bin sehr kritisch, was die Darstellung meiner Person angeht, aber selbst ich fand die "Bornman-Comics" wirklich witzig. Ab und zu korrespondiere ich noch mit Matthias - man sieht also, ich nehm's nicht krumm. Die anderen fanden sich auch gut wiedergegeben - nur Klaus (Trafford) hatte des öfteren seine Anwandlungen - die haben wir ihm aber ausgetrieben...
?: Von wem kam die Idee, im Heft computerfremde Themen wie Freizeitparks, Gotcha, CDs, Filme, Brettspiele, etc. zu besprechen? War diese Entscheidung in der Redaktion unumstritten?
jb: Das Problem war, welche Ausrichtung die Zeitschrift inmitten der geänderten Zeitschriftenlandschaft schlussendlich nehmen sollte. Aus heutiger Sicht würde ich das Ganze immer noch gut heißen, die Ausführung war aber alles andere als geglückt. Irgendwie reichte der Mut für Neuerungen nicht sonderlich weit.
?: Warum ging deiner Meinung nach die ASM unter?
jb: Man kann das nicht auf einen Punkt bringen, da waren viele Faktoren, die zusammen kamen. Wie gesagt, die geänderte Zeitschriftenlandschaft, dann die fehlende Akzeptanz der Leser, die immer noch die alte Mannschaft sehen wollte, aber auch Fehler wie dieses Chaos auf den Leserbriefseiten (Feedback) oder Berichte über Gotcha. Witzig dabei war: Auf den Amiga-Messen waren Vera und ich immer noch durch unsere AMIGA DOS-Zeit gern gesehen - sobald wir aber wieder zu ASM-Redakteuren wurden, war diese seltsame Ablehnung da. Über die vielen Fehler des Managements möchte ich mich nicht näher auslassen.
?: Wieviel verdiente man als Redakteur?
jb: Kam drauf an, wie man verhandeln konnte... Nein, Spass beiseite, es war nicht schlecht, aber gemessen am Arbeitsaufwand nicht immer gerecht.
?: Hattest du noch andere Aufgaben außer Spiele-Testen?
jb: Ja, viel technischen Kram, ich habe mich um die Rechner gekümmert, außerdem war ich als Star Trek-Fan das Versuchskaninchen für den ASM-Shop... :-) Später dann in der PC Spiel die Koordination der CD (das war so manche "Tief-in-die-Nacht"-Arbeit) - und noch so einiges, was ich wohl zum Selbstschutz aus dem Gedächtnis gestrichen habe.
?: Wie darf man sich einen Arbeitstag vorstellen? Wie lief das so ab?
jb: Kam drauf an: An guten Tagen hast Du Deine Spiele getestet und hinterher den Artikel geschrieben. An schlechten Tagen gab's endlose Diskussionen und Redaktionssitzungen um die Ausrichtung, um Inhalte, wegen schlecht gelaufener Messen, wegen Hinz und Kunz, so dass man abends mit einem regelrechten Brechgefühl nach Hause fuhr.
?: Warum hast du die ASM verlassen? Mit was hast du dir später deine Brötchen verdient?
jb: Wenn man merkt, dass man mit seinen Ideen und Vorstellungen nur gegen Mauern rennt und keine Unterstützung bekommt, reicht es irgendwann. Seit 1995 bin ich mein eigener Chef - das ist zwar auch oft nicht leicht, aber ich muss meine Entscheidungen und Maßnahmen nur noch vor mir selbst (und den Kollegen) rechtfertigen.
?: Was ist mit den getesteten Spielen passiert die du bekommen hast? Konntest du diese behalten?
jb: Nein, wir haben von Anfang an dafür gesorgt, dass die Spiele erfaßt wurden und somit immer zur Verfügung standen. Sicherlich gab's bei Doppellieferungen auch schon mal eines, das den Weg in mein Heimbüro fand. Und wenn ein Spiel besonders gut war, reichte auch schon mal ein Anruf bei den Pressestellen der Hersteller. Aber nur in seltenen Fällen.
?: Wieviel Prozent hast du von deiner Arbeitszeit gespielt und wieviel hast du geschrieben?
jb: Fragt lieber, wieviel Arbeitszeit für Besprechungen drauf ging. Ich habe mich bei schwereren Kalibern solange durchgeackert, bis ich mir eine Meinung bilden konnte, muss allerdings gestehen, dass meine Kollegen mir da einiges voraus hatten.
?: Wie lange wurde ein Spiel normalerweise getestet (insbesondere Rollenspiele!)? Benutzte man da auch öfters Cheats um schneller fertig zu werden?
jb: Kam drauf an, wie schnell die Texte fertig sein mussten. Das wiederum kam darauf an, was an sonstiger Zeit übrig blieb. Durch die unterschiedlichen Aufgaben in der Redaktion hatte ich sowieso nur wenig Zeit für Tests.
?: Habt ihr auch die Konkurrenzmagazine gelesen und deren Testberichte mit euren verglichen?
jb: Sicher - man muss dabei aber auch bedenken, dass jeder Redakeur andere Vorlieben hat und bestimmte Dinge beachtet / nicht beachtet. Ich bin, was die Bewertungen bei Spielen angeht, nicht immer sicher, wer hier besser getestet hat.
?: Hast Du noch Kontakt zu ehemaligen Redaktions-Kollegen?
jb: Komischerweise zu den alten ASM-Hasen mehr als zu meinen ASM-Kollegen: Vera, die inzwischen als Lehrerin arbeitet, hat mit mir das Redaktionsbüro gegründet. Mit Bernd Zimmermann gibt's öfters 'nen Mail-Austausch, wir wollen uns demnächst mal auf ein Bierchen treffen. Ottfried Schmidt ist einer meiner "Auftraggeber", wir sprechen öfters am Telefon. Garry Glendown, der zuletzt noch Redakteur bei der AMIGA DOS war, ist inzwischen Chef einer Internetfirma und mein Provider.
?: An welche/n Test/s kannst du dich noch gut erinnern, und welches Spiel hat dich damals am meisten aufgeregt? Dein Favorit?
jb: Das einzige, woran ich mich noch gut erinnern kann, ist Sim Farm - ich fand's einfach klasse. Ich bin sowieso eher der "ruhige" Typ, was Spiele angeht. Games, deren KI einem nicht die kleinste Chance gibt, gebe ich nicht die kleinste Chance.
?: Welches System war damals dein Liebling, und welche besitzt du heute noch? Benutzt du diese noch, und wenn ja, wie oft?
jb: Mein Lieblingsrechner war der Amiga. Leider gab's nach dem Ende von Commodore (auch so eine Story, über die ich einiges aus Sicht eines Redakteurs erzählen könnte) ebenfalls kein Fortkommen mehr. Für Spiele fehlt mir ein wenig die Zeit, aber letztens habe ich mir die Uraltversionen von Space Quest II und III geholt - die gehe ich noch mal durch. Was mir ein bisschen fehlt, ist mein Amiga CD32 mit "Sensible Soccer".
?: Was hältst du von Emulation? Spielst du sogar ab und zu mit einem Emulator?
jb: Ja und nein: Spielen ist kaum drin, obwohl auch "Impossible Mission" oder "Turrican" schon mal im Emulator landen. Emulatoren wie WinUAE sind ganz interessant, aber irgendwie fehlt mir da schon die Hardware.
?: Wie beurteilst du den derzeitigen Zeitschriften- und Spielemarkt?
jb: Sehr unruhig und nicht immer begreifbar. Meiner Meinung nach gibt es zu viele "500-Tipps für Windows Vista"-Hefte und zu wenig, die wirklich brauchbaren Inhalt liefern. Auch fehlt mir ein wenig der Humor in den Artikeln, weshalb ich gerne für die PC&Musik arbeite - hier kann man ruhig mal ein wenig über die Stränge schlagen.
?: Was müsste geschehen, damit die heutigen Spiele auch wieder "kultig" werden können?
jb: Ich glaube nicht, dass im Augenblick auch nur ein Spiel "kultig" werden könnte. Für meinen Geschmack zuviel Ressourcen-Verschwendung und zu wenig Spielwitz. In der Beziehung bin ich hoffnungsloser Retroist: Lieber Space Quest II zum x-ten Male als ein Spiel, dass meinen - wirklich nicht lahmen - PC an den Rand des Hitzetodes bringt.
?: Wie denkt du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute? Bist du retro?
jb: Wir hatten schon mehr Möglichkeiten (wobei ich mal die ASM zu meiner Zeit ausklammere). Wir waren lockerer und haben unseren Job doch gut gemacht. Heute regiert die Professionalität mit eiserner Pranke - und das tut so manchem Heft auch nicht immer gut.
?: Wie denkst du über Retro-Fanatiker wie uns? Ist das cool oder haben wir doch nur alle 'nen Schuss?
jb: Wenn ich was gegen Euch hätte, würde ich Eure Seiten nicht kennen... Nein, ich finde es schon ok, es darf nur nicht ausarten. Ein bisschen Erinnerung an die früheren Zeiten würde so manchem ITler heute mal gut tun.


Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Jürgen Borngießer,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (17)Seiten: «  1 [2] 
30.06.2007, 11:58 whitesport (852 
alles gute jeebee, ich hoffe, du hast die kurze zeit gut genutzt
30.06.2007, 01:16 Boushh (69 
Domo arigato gozaimashita Jürgen-San!

Deine Texte sind unvergessen und wir werden Dich in Gedanken nie verlassen.
Mein Weg wird der Deine sein...
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