Ja, dieses Spiel kommt bei mir wirklich ungefähr einmal pro Jahr wieder für ein paar Wochen (oder Monate...) in den Fokus. Ich finde es einfach in weiten Teilen perfekt ausbalanciert: Diese Spielmechanik mit dem "Ein Rohstofffeld, das auf Stufe 2 erschlossen wurde, produziert pro Runde 2 Einheiten des betreffenden Rohstoffs" und "2 Arbeiter verarbeiten 2 Einheiten Rohstoff in einer Runde zu 1 Einheit eines verarbeiteten Guts" ist einfach und Brettspiel-intuitiv, was die Aufbauphase recht gut planbar macht. Man kann immer schnell abschätzen, welche Rohstoffe man braucht und wo entsprechend die Prioritäten für den Ausbau der Provinzen oder - eine sehr interessante Option - den Kauf dieser Rohstoffe bei kleineren Nationen (die man dadurch natürlich politisch an sich binden kann) liegen sollten. Dazu kommt noch der immer wieder spannende Wettlauf um die Entdeckung und Eroberung der neuen Welt (möglichst vielen und ressourcenreiche Provinzen erobern, ohne dabei mit den anderen Großmächten aneinander zu geraten).
Und schließlich, was die herausragendste Eigenschaft von "Imperialismus II" ist: Dieses knallharte Balancing, denn dauernd muss man abwägen, weil jede Maßnahme sowohl unmittelbare Vor- als auch Nachteile hat. Gebe ich mein Geld für Forschung aus? Oder finanziere ich damit Angriffe? Setze ich meine Schiffe für den Transport von Gütern aus Übersee ein... oder stelle ich sie dem Handel zur Verfügung, oder brauche ich die Schiffskapazität für den Seekrieg? Brauche ich meine Bevölkerung als Arbeiter... oder könnten ein paar zusätzliche Soldaten? Verschachere ich meine Güter, um Geld (für Forschung, Handel und Krieg...) zu erhalten... oder horte ich Bronze, Stahl, Stoff und Pferde, um im Bedarfsfall Ressourcen für den Bau von Einheiten zu haben? Alles ist einfach mit allem verknüpft, was diese Entscheidungen so unglaublich knifflig macht.
Dazu kommt noch die interessante Mechanik der KI: Die reagiert nämlich immer auf militärische Stärken und Schwächen oder Eroberungen des Spielers. Ein zu schwaches Land wird - wohl angesichts eines zu erwartenden Erfolges - gerne einfach mal überfallen, und umgekehrt kühlt jede Eroberung einer Provinz die Beziehung zu anderen Staaten ein kleines bisschen ab. Das in Verbindung mit ersterem bewirkt dann umgekehrt, dass man auch seine Eroberungszüge durch die Neue Welt und in kleineren Nationen eher vorsichtig kalkulieren muss... umd nicht frühzeitig schon mit allen anderen Mächten im Clinch zu liegen. Umgekehrt sollte man natürlich nicht den Zeitpunkt verpassen, einem wirtschaftlich und militärisch schwachen Nachbarn wichtige Provinzen abzunehmen...
Ach ja, ein sehr vielschichtiges und forderndes Spiel - auch dank des detailliert einstellbaren Schwierigkeitsgrades, des Kartengenerators (mit diesem lustigen Schlüssel-System) und der unterhaltsamen taktischen Gefechte, die aufgrund der Einheitenvielfalt ein bisschen an Schach erinnern (immer toll: Angeschlagene Einheiten einkesseln... die lösen sich dann so auf, ohne sich zurückziehen zu können). Nicht ganz so toll war nur das Endspiel. Irgendwann ist halt alles erforscht, und dann geht es nur noch darum, erst alle Rohstofffelder zu maximieren, anschließend selbiges mit Bevölkerung und Armee zu machen und dann halt den großen Krieg zu beginnen, in dem man dann die verbliebenen Großmächte und ihre Provinzen nach dem Mikado-Prinzip abarbeitet. Aber gut, eigentlich hat man ja schon gewonnen, wenn man nur x Provinzen der alten Welt besitzt... und danach spiele ich halt immer noch weiter.
Ah ja, ein Detail noch: Victor Spiegel, dem Komponisten des gelungenen Renaissance-/Barock-Soundtracks hatte ich sogar mal "Fanpost" geschrieben. Und eine Antwort bekommen, Mr. Spiegel erinnerte sich auch noch gut an diese Produktion.
Und um das Boot vollzumachen, hier noch mal ein in einem einschlägigen Strategiespiel-Forum geposteter
AAR, in dem ich ein bisschen die über die Jahre gewonnene Routine in diesen Spiel, äh, spielen lasse.
Kommentar wurde am 28.04.2017, 10:28 von Gunnar editiert.