Die 25fps Gurke.

Die Beatles und speziell John Lennon fand ich als reifere Musiker auch besser. Allerdings hätten sie wohl in den 1980ern dann wirklich extrem nachgelassen. Hätte auch gar nicht mehr gepasst.

Andererseits erfüllen sich viele Musiker ihre musikalischen Träume schon sehr früh. Und danach wissen sie gar nicht mehr so recht, was sie jetzt noch sagen wollen. Weil es halt trotzdem irgendwie weitergehen soll, wird dann was Halbgares gemacht.

Übrigens konnte man bei Hülsbeck zur Amiga-Zeit sehr intensiv wahrnehmen, dass er viel Spaß dabei hatte, möglichst guten Sound aus der Paula zu holen. Was ebenfalls beim Komponieren für einen "Geilheitsschub" sorgte. Und dann die ersten Werke auf CD. Alles neu und aufregend. Fette Aufbruch- und Goldgräberstimmung. Das fällt heute alles weg. Wie wenn ein Musiker nach Jahren auf Koks seine Alben nur noch nüchtern aufnehmen darf. Oder erinnert ihr euch an seine euphorischen Träume, mal was wie John Williams für einen großen Film zu machen? Das hat sich im Zuge einer gewissen Desillusionierung relativiert. Und das Erwachsenwerden macht ja auch gerne Dinge kaputt, alles wird hinterfragt und verliert an Wert.

Ja, das kann alles zutreffen bei Musikern. Und noch vieles ungesagtes mehr. Aber ich hab auch keine Ahnung, in welche Kategorie Hülsbeck da passt. Da kann ich auch nur Vermutungen anstellen. Dass er NUR seine Brötchen verdienen möchte, WILL ich z.B. gar nicht glauben. Obwohl so was immer im Bereich des möglichen liegt - niemand kann schließlich in die Köpfe der Leute reingucken. Würde allerdings erklären, warum er mittlerweile vermehrt die Retro-Schiene fährt - neuerdings auch YouTube-Kanal und Live-Sendungen (https://m.youtube.com/channel/UCWDGeouCi8vqPOyJd4vCVuA), wo er alte Spiele zockt) - und sich von seinen Fans via (wie hieß das noch?)...Patreon...!?...ein monatliches Gehalt bezahlen lässt. Retro ist in! Und wirft Geld ab! Groß anstrengen, in kompositorischer Hinsicht, muss man sich dafür auch nicht. Es gibt ja schließlich nichts von Grund auf Neues zu erfinden...sondern altes, vorhandenes Material wird 'nur' poliert. Ohne seine alte Fanbase im Rücken würde bei ihm wahrscheinlich gar nicht mehr viel gehen. Oder besser gesagt: nicht genug zum Leben. Die dicken Spiele in der Branche vertont er ja nicht. Assassin's Creed findet ohne Hülsbeck-Score statt.

Als ich noch bei Radio Paralax aktiv am rumtexten war (jaja, Schande über mich :-P, hab ja Kultboy erst später entdeckt) und er dort in einem Interview erzählte, wie schlecht die Auftragslage für Spielemusik bei ihm wäre (er sagte dort Wortwörtlich, dass er davon nicht Leben kann), da machte das schon betroffen. Vor zehn Jahren sah's also RICHTIG düster für ihn aus. Erst danach kamen die ersten Aufträge für mobile-Games rein. Dann der Retro-Boom für ihn mit seiner Turrican Anthology und Giana Sisters Twisted Worlds usw.
(Sein neustes Projekt hat ja Viddi hier schon gepostet). Trotz der Ambitionen, die ich ihm keinesfalls absprechen möchte, ist dass ja trotzdem nur wieder ein Ritt auf den glorreichen Zeiten...Reaktionen von Leuten, die nicht gerade Retro-Maniacs wie wir sind, sind da meistens eindeutig: "Gähn! Der schon wieder mit seinem uralten Kram!" - so was ähnliches liest man des Öfteren mal auf Spieleseiten, die aktuelle Sachen im Fokus haben. So richtig verdenken kann ich es den Leuten nicht mehr. Früher hätte ich da noch Kontra ohne Ende gegeben...mittlerweile muss ich klar sagen: Ich bin nach wie vor hungrig auf gute Spielemusik...und würde mir wirklich wünschen, dass er mal mit neuen Kompositionen umme Ecke kommt, die mich umhauen wie anno damals.

Nach der Turrican Anthology und dem Orchester-Projekt mit Viddi und dem Twitch-Live-Kanal ist das nächste Kickstarter-Dingen auch wieder etwas aus der Vergangenheit. Wetten? Hätte ich sein Talent, ich würde die glorreichen Zeiten auch nicht aus dem Augenwinkel verlieren. Aber ich würde auch nicht so hemmubgslos nur darauf starren und herumreiten (dass es sogar beinharten Hülsbeck-Fans wie mir auffällt), sondern würde versuchen "The next big thing" aus meinen Musiker-Ärmel zu schütteln. Selbst wenn mich das 30 schlaflose Nächte hintereinander kosten würde, würde ich nach neuen musikalischen Ufern greifen wollen.

Aber...wie ich schon geschrieben habe. Vielleicht kommt das ja doch noch irgendwann mal. Ich drück auch weiterhin die Daumen.
Kommentar wurde am 02.06.2015, 20:09 von SarahKreuz editiert.

Ich kenne nur seine früheren Werke, aber bereits Mitte der Neunzehnhundertneunziger hatte er schon so viel bezaubernde Musik komponiert, dass er eigentlich schon reif für den Club 27 war. Irgendwann ist man ausgelutscht. Oder es fehlt das Gefühl, dass man noch etwas "Wichtiges" macht. Oder man bemerkt beim Komponieren, dass man alle "guten Harmonien" schon benutzt hat, dass man sich bei den Melodien allmählich wiederholt. Es driftet dann eher in Richtung "Auftragsarbeit" ab, mit viel weniger Geilheit und Entdeckungslust. Eher Richtung Brötchen verdienen. Auch war der Computermusiker damals noch eher eine Rarität, während heute an jeder Ecke eine Konkurrenz lauert. Das pusht die Beliebigkeit im Tun.

Soweit meine Vermutung.

Ach ja...Giana Sisters Twisted World war's. Mir fiel der Name nicht mehr ein.

Einen Nachfolger haben die schon geplant. Ein zweites Apidya würde mir aber trotzdem NOCH besser gefallen. :-)