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Das Interview mit Christian Genzel wurde am 29.11.2012 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Christian Genzel
Alter: 34 Jahre
Karriere: Studium der Anglistik und Amerikanistik in Salzburg (Abschluß 2004), seitdem freier Filmschaffender und Autor (z.B. für All-Music Guide). Nach einigen Kurzfilmen und Freelancer-Arbeiten 2011 erster Spielfilm "Die Muse".
Webseite: Brot und Spiele oder Wilsons Dachboden



?: Wie kam es zu der Idee für den Film „Brot und Spiele“? Eine Herzensangelegenheit deinerseits?
cg: Da sind einige Sachen zusammengekommen. Das Thema Computerspiele interessiert mich schon lange, und vor allem das Thema Retrogaming, und ich habe immer mal wieder überlegt, wie man darüber eine witzige Geschichte aufziehen könnte. Etwas, wo nicht nur Leute auf einen Monitor starren, sondern wo etwas von der Faszination der Spiele vermittelt wird – und gleichzeitig die Tatsache thematisiert wird, daß wir alle mittlerweile um einiges älter sind und an ganz anderen Punkten im Leben stehen als in dieser Zeit, die wir als "gute alte Zeit" empfinden.
Ich bin dann irgendwann wieder über ein kurzes Skript gestolpert, das ich mal eher zum Spaß geschrieben hatte, während sich die Vorbereitungen zu meinem ersten Spielfilm in die Länge zogen – eine Episode mit Heinrich Lenhardt und Boris Schneider, die in einem Kaffeehaus über die alte Zeit sinnieren; der Witz war, daß die beiden 25 Jahre nach der PP-Zeit immer noch über den Brotkasten plaudern und abends zusammen BUBBLE BOBBLE spielen. Und dann dämmerte mir plötzlich, daß diese Figuren als Protagonisten in einer richtigen Geschichte rund um das Wiederaufleben der Vergangenheit wunderbar funktionieren würden – eben nicht durchschnittliche Computerfans wie du und ich, sondern Leute, die Pionierarbeit geleistet haben und diese Zeit mitgeprägt haben. An ihnen zeigen sich die Veränderungen viel stärker, die Entwicklung seit damals – und die Tatsache, daß nicht jeder Veteran von damals heutzutage gleichermaßen als Pionier und Experte geschätzt wird und es manche ja auf ganz verschlungene Pfade verschlagen hat, bietet da jede Menge komisches und dramatisches Potential.

Wobei, das muß ich natürlich dazusagen, die reellen Personen hier nur als Sprungbrett gedient haben; BROT UND SPIELE ist fiktiv und nimmt sich quasi nur Anleihen bei der tatsächlichen PP- und ASM-Geschichte. Ich dachte mir: Wenn es schon um Spiele geht, kann man auch ein wenig mit der Wirklichkeit spielen.
?: Wenn jemand einen Film über zwei altgediente Spielejournalisten dreht und sich die „Obermotze“ der großen konkurrierenden Spieleblätter der 80er und 90er als Vorbild nimmt, dann ist doch anzunehmen, daß derjenige retrospieletechnisch selbst kein ganz unbeschriebenes Blatt ist. Erzähle uns doch bitte ein wenig über deine eigene Videospielvergangenheit.
cg: Ich bin mit dem C64 quasi großgeworden – als ich ungefähr sechs oder sieben war, konnte mein Vater im Büro kaum mehr vernünftig arbeiten, weil der Sohnemann ständig an IMPOSSIBLE MISSION und GHOSTBUSTERS saß. So hielt ich dann auch relativ bald schon ein erstes Happy-Computer-Spielesonderheft in der Hand und hab' mit großen Augen wirklich jeden einzelnen Test gelesen. Kurz darauf folgte auch die ASM. Ich hab' geduldigst die Listings aus der Computronic und der 64'er abgetippt und überhaupt so viel Zeit mit den ganzen Spielen verbracht, daß sich jeder in meinem Umfeld sicher war, daß ich später wohl mal Informatiker werden würde… Irgendwann bin ich dann auf den PC umgestiegen, vor allem wegen INDIANA JONES UND DER LETZTE KREUZZUG. Einige Jahre später ist dann die Filmleidenschaft aber größer geworden als die für die Computer.
?: Ging dir das Drehbuch leicht von der Hand? Wie lange hast du dafür gebraucht?
cg: Ich habe mit dem Skript angefangen, als ich noch in der Post-Production meines ersten Films DIE MUSE steckte – ungefähr Mitte 2010. Die Erstfassung schrieb sich recht flott, nachdem das Grundkonzept erstmal feststand. Dann habe ich das Drehbuch eine Zeitlang ruhen lassen und einfach nur die Story im Hinterkopf arbeiten lassen. Erst im Frühjahr 2011 fing die Arbeit daran wieder an und lief dann über die nächsten paar Monate. Das klingt nach einer langen Zeitspanne insgesamt, aber ich denke, es ist immer gut, wenn man so einer Geschichte auch etwas Luft gibt und sich nach etwas Pause mit frischem Kopf wieder dransetzt. Man sieht dann meist viel klarer, was funktioniert und was noch nicht.
?: Hast du dir vorher die Einverständnisse von Heinrich Lenhardt und Manfred Kleimann einholen müssen? Wie haben sie auf dein Projekt reagiert? Beschreibe uns doch bitte auch deine persönliche Beziehung zu den beiden, bzw. zu Power Play und ASM.
cg: Ich habe zunächst mal einfach drauflosgeschrieben; die Figuren sind ja auch erstmal nur an die beiden angelehnt. Erst, als ich mit der Story zufrieden war, habe ich angefangen, die dazugehörigen Personen zu kontaktieren. Der erste, der das Skript gelesen hatte, war übrigens Boris Schneider, der ja durch die Figur "Björn Schuster" auch im Film eine Entsprechung hat. Der hat positiv reagiert, fand das Skript sehr witzig und hat auch einige schöne Anekdoten aus der damaligen Zeit beigesteuert, die sicherlich ihren Weg in die Story finden werden. Manfred Kleimann war von der Idee eines Retrogaming-Films begeistert, hatte dann aber erstmal Bedenken, daß Kohlmann in der Geschichte ja der Gegenspieler ist. Sicherlich ist es auch zunächst mal merkwürdig, wenn jemand eine Geschichte basierend auf der eigenen Person schreibt – das ging Heinrich Lenhardt sicher auch anfangs mal nicht anders. Der hatte dann aber auch großen Spaß beim Lesen des Drehbuchs, und auch Manni Kleimann konnte ich mittlerweile wohl versichern, daß ich gegenüber seinem Magazin eine große Wertschätzung habe.

Einen vorigen persönlichen Bezug zu den Mannschaften der Power Play und ASM habe ich sonst nicht – außer natürlich, daß ich die Magazine immer gerne gelesen habe. Ach ja, und ich habe Toni Schwaiger und Boris Schneider auf der Cebit '96 mal die Hand geschüttelt – ich bin mir sicher, beide erinnern sich noch glasklar an dieses epochale Gipfeltreffen. ;-)
?:Wie schwierig ist es, Investoren für eine so spezielle Idee zu finden?
cg: Es geht dabei hauptsächlich darum, den Leuten zu zeigen, daß das Setting des Films zwar durch die ganzen Details – Spielemagazine der '80er, Veteranen-Redakteure, Retrospiele usw. – recht speziell ist, die Story selber aber auch für jemanden funktioniert, der nicht so tief in der Materie drin ist. Die Themen der Geschichte – Nostalgie, Freundschaft, "das Kind im Manne" – sind durchaus universell und werden auch Leute ansprechen, die nicht computermäßig "vorbelastet" sind.
?: Wie sahen deine Vorbereitungen/Recherchen für das Projekt „Brot und Spiele“ aus? Hast du selber nochmal alte Klassiker ausgepackt?
cg: Ich habe beim Schreiben immer mal wieder die alten Magazine in die Hand genommen, aber auch aktuellere Interviews mit den damaligen Redakteuren gelesen – da läßt sich ja auch oft herauslesen, wie der Abstand der Zeit ihren Blick auf die damalige Zeit färbt. Es ist oft interessant, wie unterschiedlich die einzelnen Karrierepfade verlaufen sind, und wie die Leute ihre eigene Vergangenheit betrachten. Ein Teil der Vorbereitungen war es auch, einmal wieder möglichst viele Folgen der "Multimedia Leserbriefe" anzusehen – und zwar wegen dem Gespann Lenhardt & Schneider, die in ihren Moderationen und Präsentationen ja immer wie beste Freunde wirken, die sich perfekt ergänzen. Da habe ich ein bißchen drauf geschaut, wodurch sie diesen Eindruck erwecken. Gespielt habe ich natürlich auch – das tue ich sowieso noch, und die eine oder andere Retro-Session mit einem Freund von mir hat auch immer wieder Ideen für den Film gegeben.
?: Wie überzeugt man gestandene Schauspieler wie Götz Otto und Thomas Limpinsel, an einem Film über Spiele-Journalisten mitzuwirken? Haben die Herren eventuell sogar selbst eine Spielevergangenheit, die sie dir gebeichtet haben?
cg: Die meisten Schauspieler interessieren sich für ungewöhnliche Rollen, die ihnen neue Herausforderungen geben und in denen sie etwas spielen können, was sie noch nicht schon unendlich oft gezeigt haben. Und sie spielen gerne Figuren mit Ecken und Kanten und Problemen. Für die beiden ist also weniger der Ausgangspunkt, daß diese beiden Personen Spielejournalisten sind oder waren, sondern ob die Figuren emotional nachvollziehbar und interessant gezeichnet sind. Den Thomas Limpinsel kannte ich schon von meinem vorigen Film DIE MUSE, wo unsere Zusammenarbeit absolut produktiv verlief. Götz kannte ich noch nicht, aber er mochte das Skript auch auf Anhieb – und hat mir zuhause auch stolz seine alte SPACE-INVADERS-Konsole gezeigt (die er mir dann wieder entreißen mußte, damit wir überhaupt dazu kommen, über den Film zu reden).
?: Die Retro-Gaming-Welle ist ja eher dadurch momentan so erfolgreich, daß sich die mittlerweile erwachsen gewordenen ehemaligen Homecomputer-Besitzer der 80er und 90er wieder ihrer durchzockten Nächte, qualmenden Joysticks, der Spielemags, sowie der Szene damals allgemein erinnern.Wird dein Film dieses Nostalgie-Gefühl miteinbeziehen und wenn ja, wie, oder geht es wirklich hauptsächlich nur um das Duell der beiden Spiele-Mag-Verlage?
cg: Ja, das Thema Nostalgie ist ein großer Faktor in der Geschichte, und das nicht nur, weil es um etwas "altes" geht. Die Geschichte der Figuren dreht sich darum, wie sie mit ihrer Vergangenheit umgehen. War die "gute alte Zeit" wirklich besser? Oder verklären wir sie aus der heutigen Sicht heraus? Wie hat man sich selber entwickelt seit besagter "guten alten Zeit"? Das Duell bzw. die Retromesse ist da nur der Aufhänger: Für eine kurze Zeit können unsere Protagonisten noch einmal in ihre eigene Jugend eintauchen. Und da stellt sich heraus, daß manche diesen Tagen ungemein hinterhertrauern…
?: Gerade wir Retro-Fans sind ja oft hyperkritische Wächter unseres Hobbys.Welches Feedback hast du von langjährigen Zockern bisher zu deiner Filmidee bekommen?
cg: Von denen, die vom Projekt über den Spieleveteranen-Podcast und über den Teaser gehört haben, ist eigentlich die ganze Bandbreite dabei – von "fantastisch", "kann's kaum erwarten" bis zu "abstrus" und "so ein Schwachsinn". Ich kann letzteres sogar verstehen, wenn man hauptsächlich den Aufhänger "Ex-Spieleredakteure im Battle" betrachtet. Die Reaktionen auf das Skript waren bislang sehr, sehr positiv, und das sowohl von Gamern und Retro-Kennern wie auch von spielerisch ganz unerfahrenen Leuten.
?: Wird es dir in deinem Film möglich sein, Spielszenen auf dem Bildschirm zu zeigen, oder gibt es da Copyright-Probleme?
cg: Es tauchen diverse Spiele in der Handlung auf, die werden also zu sehen sein – die Copyright-Fragen darf dann aber die Produktion handhaben. Sollte es bei einem Titel wirklich haken, lassen sich da auch immer gute Alternativen finden.
?: Wird es auch noch Cameos anderer Zeitzeugen geben?
cg: Absolut! Ich will einige "Retro-Leute" in Gastauftritten einbauen und stehe dafür auch schon mit manchen in Kontakt – aber namentlich werde ich die natürlich erst nennen, wenn ihre Mitwirkung wirklich fix ist. Derweil sage ich einfach mal nur zum Beispiel, daß einer meiner Wunschkandidaten Saxophon spielt…
?: Wird sich die Rocky-Thematik des Teaser-Trailers so durch den ganzen Film ziehen?
cg: Nein, das Sporttraining für ein Computerspiel ist ein Gag, der an einer Stelle des Films auftaucht. Die Rivalität zwischen Kohlmann und Lehnbach zieht sich durch den Film, wie auch die Idee des Wettkampfs – aber natürlich wird man nicht nur Menschen an Joysticks rütteln sehen.
?: Welches sind deine Top-5-Spiele der letzten 30 Jahre?
cg: Oh je. Könnte ich auch 30 nennen? Na gut, fünf meiner Lieblingsspiele: IMPOSSIBLE MISSION – einer meiner ersten Titel und selbst heute noch ein spannendes, originelles und cleveres Spiel mit Suchtfaktor. MANIAC MANSION – eines der brillantesten, witzigsten Adventures aller Zeiten, mit unglaublich vielen versteckten Gags und Möglichkeiten. DOOM – es mag mittlerweile technisch weitaus bessere 3D-Shooter geben, die auch spielerisch ausgefeilter sind, aber das sofortige "Drinsein", die Atmosphäre und das Adrenalin von DOOM finde ich einzigartig. ULTIMA VI: THE FALSE PROPHET – eine wirklich interessante, vielschichtige Geschichte, und dazu ein wunderschön aufgemachtes Spiel, bei dem man wirklich alles ausprobieren kann, vom Kuhmelken über das Brotbacken. CONQUESTS OF THE LONGBOW – Das ist wohl ein etwas weniger offensichtlicher Titel auf so einer Liste. Ich liebe die Sierra-Games, und dieses Robin-Hood-Adventure ist so stimmungsvoll und auch liebevoll gemacht, daß ich es immer wieder spielen kann. Dank verschiedener Lösungswege auch immer mal wieder interessant.
?: Wen zählst du im filmischen Bereich zu deinen wichtigsten Einflüssen?
cg: Meine erste und größte Liebe gehört John Carpenter. Selbst ein mittelmäßiger Carpenter enthält noch genug Elemente, die mich begeistern. Und wenn man dann die schnörkellose Brillanz von ASSAULT ON PRECINCT 13 oder THE THING sieht… Wow. Ansonsten gibt's noch zig andere Regisseure und Filme, die ich liebe und bewundere, von David Fincher über Oliver Stone zu Michael Cimino und Peter Bogdanovich. Von Wim Wenders über Woody Allen hin zu Alfred Hitchcock. Ich liebe das lakonische Kino von Jim Jarmusch und Richard Linklater. Im Komödienbereich mag ich Wes Anderson, Frank Oz und Ivan Reitman sehr. Die Marx Brothers kann ich mir unendlich oft ansehen, und diverse Filme mit Terence Hill und Bud Spencer ebenso. Ich brauch' an manchen Tagen Werner Herzog und Martin Scorsese, an anderen Otto Waalkes und Louis de Funès. Wer von all den Genannten jetzt wahrnehmbarer Einfluß bei mir ist und wen ich einfach nur so wertschätze, müssen andere Leute ausknobeln…
?: In welchem von deinen bisherigen Werken noch nicht abgedeckten Genre würdest du dich in Zukunft gerne noch betätigen?
cg: Ich würde liebend gerne einen Horrorfilm machen. Ich mag so ziemlich jedes Genre und betrachte einfach nur die erzählte Geschichte, aber Horrorfilme und Komödien sind wohl meine Favoriten – mit dem Psychothriller DIE MUSE habe ich ersterem Genre immerhin schon mal dezent genähert (vor allem, wenn ich sehe, wie intensiv viele Leute auf manche Szenen reagieren). Obwohl ich übrigens diese beiden Filmgattungen liebe, halte ich die meisten Versuche, sie zu kreuzen, für wenig gelungen...
?: Welche Spielesysteme befinden sich momentan in deinem Besitz? Was landet heute noch auf deinem System, wenn du Zeit findest, eine Runde zu zocken? Spielst du auch noch aktuelle Spiele?
cg: Ich habe noch meinen C64 und ein altes NES, außerdem einen DOS-Rechner und natürlich einen aktuellen PC. Mit einem Freund zusammen (der noch einen C64 und einen Amiga hat) knöpfe ich mir gerne ältere Games vor, die man kooperativ spielen kann – zum Beispiel CHAOS ENGINE oder S.W.I.V. Alleine ziehe ich meist eines von den alten Rollenspielen oder Adventures heraus, wie zum Beispiel zuletzt MIGHT & MAGIC 3-5 oder SPACE QUEST. So viel Zeit wie früher habe ich für's Spielen aber leider nicht mehr, weshalb mir bei neueren Titeln nicht mehr alles so geläufig ist – aber ich verfolge das trotzdem noch etwas mit und sehe mir die Games gerne an. BATMAN: ARKHAM CITY zum Beispiel finde ich sehr gelungen, CATHERINE hat mich recht beeindruckt. Derzeit reizt mich DISHONORED, und eigentlich will ich ja auch noch – besser spät als nie – mit SKYRIM anfangen, aber dann kann ich meine sonstigen sozialen Verpflichtungen wohl für die nächsten Monate absagen...
?: Welches historische Spielesystem ist dein liebstes?
cg: Ganz klar der Commodore 64, aus dem einfachen Grund, daß es mein erster Computer war und viele Erinnerungen dran hängen. Ich finde aber auch aus heutiger Sicht betrachtet, daß der C64 eine Wichtigkeit und Attraktivität hat, an die andere Systeme nicht ganz herankommen – der C64 hat wohl mehr als jedes andere System den Computer in die Wohnzimmer und Privathäuser geholt.
?: Gab es für dich als Spieler ein bevorzugtes Genre? An welchem Spiel hast du dir die Zähne ausgebissen?
cg: Ich mochte am liebsten Adventures und Rollenspiele, weil mich die Welten und Geschichten darin interessiert haben. Für Flugsimulationen war ich meistens ein wenig zu blöd, und meine strategischen Fähigkeiten hätten wohl zum Untergang jeder Nation geführt. So richtig die Zähne ausgebissen habe ich mir damals an FIST II, aber das konnte ich vor einigen Jahren von der Liste der unerledigten Herausforderungen streichen…
?: Filmische Mittel im Spiel sind ja über die Jahrzehnte oft eher ungelenk eingesetzt worden.Wie würdest du aus deiner Sicht als Regisseur das Problem angehen und welches dir bekannte Spiel hat es deiner Meinung nach bisher am besten gelöst?
cg: Gute Frage. Ich fand es damals ja auch ganz aufregend, plötzlich richtige Videosequenzen und leibhaftige Schauspieler in den Spielen zu sehen – und irgendwann stellt man dann fest, daß das Spiel eher Beschäftigungstherapie ist, weil man halt zum nächsten Filmclip kommen will. MEGARACE habe ich zum Beispiel damals nur gespielt, weil ich die Moderationen sehen wollte. Das alte ALONE IN THE DARK hatte einen ganz interessanten Ansatz mit den fixen Kameraeinstellungen, die aber variiert haben – nur war das nicht so ausgefeilt und man hat ständig geflucht, daß man nicht das sieht, was man will. Für eine filmische Herangehensweise braucht es definitiv eine Bildsprache, die mit filmischen Mitteln etwas erzählt – über Perspektiven, Schnitt, Musik, und so weiter – ohne aber den Spieler dabei zur Untätigkeit zu verdammen. Das geht mit Videoclips natürlich nicht – aber der Spieler will ja eh nicht Film schauen (sonst würde er einen Film schauen), er will durch eine spürbare erzählerische Hand durch die Geschichte geleitet werden. Da würde ich ansetzen.
?: Wenden wir uns doch auch dem umgekehrten Fall zu: Die bisher existierenden Verfilmungen von Videospielen wurden ja mehrheitlich eher schlecht aufgenommen. Was, denkst du, ist der häufigste Fehler, den Regisseure machen, die ein solches Projekt angehen? Gibt es ein Spiel, das nach einer Verfilmung schreit, sie aber noch nicht bekommen hat?
cg: Ich glaube, der Fehler liegt weniger bei den Regisseuren, die meist eben angeheuert werden, sondern bei den Produzenten, die eine bekannte Marke kaufen und dann etwas darüberstülpen, das die Besonderheiten der Vorlage weitgehend ignoriert. Da steht dann eben ALONE IN THE DARK drauf, hat aber fast nichts mit den Spielen zu tun, weswegen sich jeder, der aufgrund des Namens den Film gesehen hat, veralbert vorkommt. Nicht, daß der Film grandios gewesen wäre, wenn er SLATER VS. THE DEMONS geheißen hätte… Zugegebenermaßen rege ich mich über die meisten Spieleverfilmungen weniger auf als viele andere Leute, aber das liegt meistens daran, daß ich zur Vorlage nicht so viel Bezug habe. Mir ist z. B. egal, was jemand aus SUPER MARIO BROS. macht, weil ich das Originalspiel ganz nett finde, aber nicht besonders innig liebe.

Das Problem ist aber natürlich auch, daß das Medium Computerspiel eben ganz anders funktioniert als das Medium Film – das Gefühl, so sehr in die Handlung involviert zu sein, daß einem die Geschehnisse selber widerfahren, unterscheidet sich da sehr. Und dann muß man natürlich sagen: Es braucht eine starke Geschichte, ohne die geht nichts. Da haben die meisten Verfilmungen bislang versagt, egal, wie frei sie mit der Vorlage umgegangen sind. Selbst bei Actionspiel-Filmen ist es ein Fehler, zu glauben, daß entsprechend viel Krachbumm im Film reichen wird, um die Leute zu begeistern.

Ich würde ja sagen, daß eine Verfilmung von SPACE QUEST grandios wäre – aber eigentlich hat Mel Brooks das mit SPACEBALLS ja schon quasi erledigt. Mehr Weltraumparodie geht fast nicht. Aber wo wir bei den Sierra-Games sind: LEISURE SUIT LARRY würde sich als wunderbarer Antiheld für einen Film eignen…
?: Was glaubst du, warum Spiele (ähnlich wie Comics) es besonders in Deutschland oft schwerer haben, als Kunstform anerkannt zu werden als in anderen Bereichen der Welt?
cg: Ist das so? Ist das nicht vielleicht auch nur eine Empfindung, wie man oft glaubt, daß es anderswo besser ist – so wie Amerikaner ja auch oft sagen, daß es bei uns in Europa viel besser um Independentfilme oder den Jazz bestellt ist? Aber klar, gerade in Deutschland neigt man noch immer dazu, in E und U zu unterteilen – "ernsthaft" und "Unterhaltung", und da haben es Popkultur-Medien wie Comics oder Spiele natürlich immer erstmal schwer, ernstgenommen zu werden. Das hängt aber im Falle der Spiele auch mit dem vergleichsweise geringen Alter des Mediums zu tun – es ist ja erst in den letzten Jahren wirklich ein Bewußtsein für die Geschichte der Spiele aufgekommen, und erst jetzt haben Bestrebungen angefangen, diese Geschichte auch aufzuarbeiten – über Magazine, Bücher, Studien, das Computerspielmuseum, und so weiter. Diese Aufarbeitung ist notwendig, um etwas als Kulturgut zu erkennen – ich denke mal, wir sind auf dem richtigen Weg...
?: Was hat dich in deine Wahlheimat Östereich geführt?
cg: Ich bin 1999 für mein Studium der Anglistik und Amerikanistik nach Salzburg gekommen – davor habe ich in Bayern gelebt – und weil ich die Stadt sehr mag, habe ich mich für längere Zeit niedergelassen.
?: Welche Pläne hast du für die Zukunft?
cg: Zunächst mal natürlich, BROT UND SPIELE zu realisieren. Ich habe aber auch noch andere Filmprojekte, die ich dann vorantreiben möchte – es gibt noch eine Menge Geschichten, die mich interessieren. Zusätzlich gibt's auch Gespräche wegen ein paar Musikvideos. Ansonsten schreibe ich weiter für meinen Blog „Wilsons Dachboden“ über Filme, Musik, Spiele und Bücher… und plane, irgendwann einmal alle Teile von ULTIMA durchzuspielen.
?: Wie denkst du über Retro-Fanatiker wie uns? Ist das cool, oder haben wir doch alle nur 'nen Schuß?
cg: Also, ich habe mir vor kurzem eine limitierte Samt-Edition von Sierras PHANTASMAGORIA über eBay aus Holland gekauft. Sagt ihr mir, ob ich 'nen Schuß habe. ;-)

Ernsthaft: Ich habe selber eine große Leidenschaft für die Retrothemen und kann diese Begeisterung daher absolut nachvollziehen. Hey, ich kann sie so gut verstehen, daß ich einen Film darüber geschrieben habe!
?: Wir bedanken uns bei Christian Genzel für das Interview und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft!


Interviewer war Retrofrank. Das Copyright des Interviews unterliegt Retrofrank sowie Christian Genzel, eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (14)Seiten: [1] 
29.10.2014, 17:21 Frank ciezki [Mod] (3803 
Das waren wohl eher Probeaufnahmen mit denen er das Projekt möglichen Finanzierern vorstellen wollte.
29.10.2014, 15:23 Grossmeister B (160 
Gerade war ich nochmal auf der FB-Seite des Films: letztes Update im August 2013...
Gibt es ein neues Lebenszeichen von dem Projekt?

Als jemand, der noch nie einen Film gemacht hat, dachte ich eigentlich, sobald die Schauspieler an Bord sind, ist das Projekt gesichert.
14.06.2013, 13:15 spatenpauli (949 
Hmmmhhhh - auf der Facebookseite des Filmes ist seit Ende November 2012 Schweigen angesagt. Ich befürchte übles....

Weiß jemand näheres?
10.01.2013, 00:59 drym (4215 
Wahrscheinlich warten echte Retro-Freaks erst mal 10 Jahre, bevor sie sich für etwas interessieren. Wenn sie es bis dahin vergessen haben, wird es schon nicht so wichtig gewesen sein...
09.01.2013, 22:24 Frank ciezki [Mod] (3803 
Wundert mich immer noch, wie gering die Resonanz hier bisher ausgefallen ist.
Woran liegt´s ?
06.12.2012, 09:45 Commodus (6218 
Frank ciezki schrieb am 04.12.2012, 22:20:
Hoffentlich werden noch ein paar mehr Kommentatoren angezogen.
Wäre schön, wenn wir dann auch mit Christian selbst diskutieren, und auf dem aktuellen Stand über das Projekt "Brot und Spiele" bleiben könnten.
Vieleicht hätte er DAS einfach mal zwecks Finanzierung bei Kickstarter anmelden sollen.


Vielleicht stellt er das ja noch dort ein, wenn sich keine Investoren finden! Vielleicht ist da auch eine kleine Hauptrolle drin.

VIELLEICHT SOGAR FÜR ALLE KULTBOYANER! ...schon mal wer darüber nachgedacht!
04.12.2012, 22:20 Frank ciezki [Mod] (3803 
Hoffentlich werden noch ein paar mehr Kommentatoren angezogen.
Wäre schön, wenn wir dann auch mit Christian selbst diskutieren, und auf dem aktuellen Stand über das Projekt "Brot und Spiele" bleiben könnten.
Vieleicht hätte er DAS einfach mal zwecks Finanzierung bei Kickstarter anmelden sollen.
04.12.2012, 22:15 drym (4215 
Gut, dass so jemand Filme macht!
30.11.2012, 18:07 PaulBearer (930 
Ohje, an den Film habe ich eigentlich so hohe Erwartungen, daß ich wohl zwangsweise enttäuscht werde.

Aber wenn das Drehbuch so gut angekommen ist bei vielen Leuten... klar werde ich mir den so früh wie möglich anschauen.
30.11.2012, 17:18 Colasoft (270 
Find die Filmidee prinzipiell spannend. Das Interview macht Lust auf mehr. Gerade den Aspekt "Leute, die in der Pionierzeit was aufgebaut haben" ist ein guter Ansatz. Hoffentlich sind die Macher in der Lage einen unterhaltsamen Film ohne große Längen zu drehen.
30.11.2012, 09:15 Commodus (6218 
Tolles, informatives Interview!
29.11.2012, 22:16 Frank ciezki [Mod] (3803 
Und wer dazu auch noch Horror-Filme und B-Pictures mag, der kann kein schlechter Mensch sein.
29.11.2012, 19:14 Wurstdakopp (1295 
Ganz tolles Interview!

Ist Christian Genzel denn schon kultboy-Mitglied? Ein sehr passender Retro-Spieler. Mit Vorliebe für Carpenter.
29.11.2012, 19:14 spatenpauli (949 
Dieses Interview hätte noch über zig Seiten gehen können......

Sehr sympatischer Mann, der Christian. Er beweist an mehr als einer Stelle, dass er viel Ahnung von der Retromaterie hat.

Vielen Dank an alle Beteiligten für die Veröffentlichung dieses Interviews. Das Lesen hat viel Spaß gemacht.
Seiten: [1] 


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