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PC Joker 2/96




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User-Kommentare: (108)Seiten: [1] 2 3 4 5   »
21.05.2023, 20:22 jan.hondafn2 (2405 
Leider erst jetzt komme ich dazu, mein Abschlussresümee hier online zu stellen, da insbesondere beruflich eine große Veränderung für mich anstand.
Somit haben wir uns gut ein halbes Jahr (natürlich mit Zwischenpausen!) diesem Projekt gewidmet. Kann gleich vorweg sagen: Das war mein schönstes, tiefgründigstes und atemberaubendstes Coop, welches ich bis dato hier erleben durfte. Ein riesengroßes Dankeschön an Lisa Duck!

Bearcat schrieb am 14.04.2023, 19:54:
Ich finde übrigens, dass Jan seine Rennfahrerkarriere stark vernachlässigt. Liegt´s am gierigen Management, dem Mediendruck, den unzähligen Orgien mit den Boxenludern? Man weiß es nicht.


Papperlapapp! Wenn Du genau nachgeschaut hättest, so hättest Du unweigerlich feststellen müssen, dass Jans Rennfahrerkarriere nur minimal in den Hintergrund gerückt worden ist. Ganz im Gegentum: Das Jahr 2023 (wobei die 23 meine Lieblingszahl ist) habe ich zum Jahr meiner Lieblingsgenres (siehe meine Seite: Adventures & Renn-/Sportspiele) gemacht. Deshalb hab ich sofort nach dem Jahreswechsel zum schlüpfrigen Larry Laffer gegriffen und danach direkt am Gashahn von Moto Racer gedreht. Direkt im Anschluss wurden die Käfer via Käfer Total in rote Drehzahlbereiche gequält.
Also, mit Verlaub mein liebes Bärenkätzchen: Meinen Rennoverall (so sehe ich aus, wenn ich stilecht vor dem Rechner meine Rennen bestreite ) werde ich nicht mal mit 80 Lenzen ablegen. Hoffe nur, dass die Boxenluder mich dann noch einigermaßen anziehend finden.

@(dem Bearcat beipflichtenden) Gunnar:
Jet Moto wäre rein gar nichts für mich. Nur sobald zwei oder vier Räder sich unter meinem Poppes befinden, schießt Adrenalin durch mein Blut. Denn ohne Pneus kann mich maximal ein Wipeout zu Begeisterungsstürmen veranlassen.

Doch nun wieder zu meinem Lieblingsgenre, dass sich ganz knapp vor den Rennsimulationen befindet.

I have no Mouth, and I must Scream - eine OFFENBARUNG

Wer hätte gedacht, dass dieses von allen Computerzeitschriften sehr durchschnittlich bewertete Adventure, solch eine positive Überraschung sein könnte? Also ich definitiv nicht. Zwar reizte mich das gesamte Setting schon bei der ersten Inaugenscheinnahme eines Spieletests, doch war ich -nicht nur auf Grund der harschen Bewertungsworte- eher skeptisch, ob die von Harlan Ellison inspirierte Geschichte auch nur ansatzweise begeistern könnte.
Doch schon bei Gorrister, den ich und Lisa als erstes durch seinen Alptraum führte, wurde ich äußerst positiv gestimmt. Setting, Atmosphäre, Sprache und Musik konnten mich auf Anhieb mitreißen. Nun gut, da gab es die bereits angesprochenen Ungereimtheiten in Form von Bugs oder Rätselunstimmigkeiten. Nichtsdestotrotz, überwiegte aber deutlich die wunderbare Komposition aus mitreißender Story und packendem Ambiente.
Später war es eher ein geringes Auf und Ab, welches die verschiedenen Episoden für (Lisa und) mich parat hielten. Doch die Betonung liegt hier eindeutig auf gering, da die Spannung stets aufrecht gehalten und die Aussage(n) des Autors immer offensichtlicher wurde(n). Dieses Gesamtkonzept wurde außerordentlich gut verwoben, gut "abgeschmeckt" und darüber hinaus noch geschickt in unterschiedliche Spieletappen eingearbeitet/verknüpft.

I have no Mouth, and I must Scream - eine Belehrung und ein Fingerzeig zugleich

Was würden wir nur ohne Fehler (=Schmerz/Leid) in unserem Leben machen? Richtig: Immer wieder in die gleichen Fettnäpfchen hopsen und gleichzeitig "HURRA!" rufen.
Meisterlich schafft es IHNMAIMS immer wieder aufs Neue uns die menschlichen Gefühlsfacetten wie z. B. Hass, Zerstörungswut, Angst, Panik aber auch Vergebung und Reue, unter die Nase zu reiben. Harlan Ellison zeigt in seiner Geschichte beharrlich auf, wie böse die Menschen sein können und dennoch -trotz größter Boshaftigkeit- zu Vernunft und Aufrichtigkeit zurückkehren können (wenn sie denn auch wollen).
Genau dies hat meine Mitspielerin Lisa so sehr berührt, dass sie gezielt bestimmte Aspekte ihres Lebens hinterfragt hat. Mal das Spiel und Lisa außen vor: Ein Jeder von uns sollte gewisse Dinge im Leben hinterfragen und sich mehr als einmal die Frage stellen:

"Will ich so, wie es jetzt gerade ist, weiterleben?"

Nur durch diese Selbstreflexion können größere Konflikte, Leid oder auch einfache Fehler vermieden werden. Dabei ist es nicht wichtig, genauso wie andere Menschen (Stichwort: die breite Masse denkt so, dann wird es wohl richtig sein...) zu denken, sondern einfach nur selbst zu denken.
Genau solche Aspekte triggert das Spiel immer und immer wieder auf seine, wirklich in höchstem Maße, hervorragende Art. Bis dato konnte mich kein Computergame dermaßen zum Nachdenken veranlassen. Bestimmte Verwebungen sind so geschickt ins Spielgeschehen eingebracht worden, dass erst ein bewusstes Auseinandersetzen mit der Geschichte zu einer befriedigenden "Ach so war das gemeint!"-Quintessenz führt.

Lisa Duck schrieb am 30.04.2023, 17:13:
[...]
Es war eine wichtige Erfahrung für mich mal den Spiegel (wie in der Episode mit Ted) vorgehalten bekommen zu haben um zu merken, dass ich an etlichen Stellen den "richtigen" Weg des Lebens etwas verlassen habe. Das hat mich motiviert mich frisch und neu zu orientieren.
[...]


Exakt dieses Momentum will das Spiel kitzeln! Wacht auf....macht nicht alles mit....wehrt Euch bei Ungerechtigkeiten....kehrt auf den "richtigen" Weg des Lebens zurück. Zentraler Aspekt des Plots:
Lasst Menschen Menschen sein. Hört auf alles zu digitalisieren. Denn wenn der Mensch nur noch online/digital lebt, so ist seine Freiheit bald offline (wunderbar mit dem Cover "das Digitale raubt dem Homo Sapiens seine (Meinungs-)Freiheit" dargestellt.


I have no Mouth, and I must Scream - eine Bereicherung für Lisa und mich

Lisas Absatz

Lisa Duck schrieb am 30.04.2023, 17:13:
[...]
Der Weg durch das Leben ist gespickt mit Handlungen, welche stets zwei Sichtweisen haben. Die der eigenen Person sowie die Sicht der Anderen durch die Aktion betroffenen Menschen um einen herum. Man sollte sich überlegen was Dinge oder Handlungen, welche für einen gerade wichtig sind (oder welche einem selbst positives erbringen) für andere für Auswirkungen haben. Unterstützt von "I have no Mouth, and I must Scream" denke ich seit Monaten viel mehr über das Leben nach und merke, dass ich in der Lage bin deutlich mehr Hilfsbereitschaft, Respekt, Aufmerksamkeit oder Freundlichkeit auf die Lebensbegleiter oder zufälligen Passanten im Leben auszustrahlen. Ich spüre an den Reaktionen, dass sich die veränderte Art des gelebten Lebens sehr positiv auf die Gefühle und Stimmungen der Menschen in meiner Umgebung auswirkt.[...]


hat mich schwer beeindruckt. Wir sind ja meist darauf fixiert, für uns das Beste aus einer Situation zu machen. All zu oft schließen wir unser Gegenüber oder auch gleich mehrere Personen aus unseren "Ich will aber..."-Gedankengängen aus. Dabei ist die Überlegung "Wie denkt/fühlt der Andere gerade" essenziell wichtig für ein harmonisches und soziales Miteinander.
Lisas Gefühle, ihre Selbstreflexion und ihre weitgehende Nachbearbeitung ihrer Gedanken zeigen, dass das Spiel ungemein viel richtig macht. Es fesselt, es lässt den Spieler mitfühlen, es prangert an...es zeigt so vieles Schlechtes, um damit so vieles Gutes im Umkehrschluss zu bewirken. Wahnsinn, oder?

Auch für mich stellte das Adventure eine große Horizonterweiterung dar. Auch ich konnte die ein oder andere Sache auf mein persönliches Dasein projizieren und mein unmittelbares Verhalten zu anderen Mitmenschen dadurch schärfen.

I have no Mouth, and I must Scream - Abschlussbetrachtung und Wertung

Gespannt wie ein Flitzebogen konnte ich nach dem Vollenden des Spieles die Essayistische Rezension von Il bastardo mir zu Gemüte führen. Diese schriftlichen, das Thema einordnende Zeilen haben die Eindrücke von Lisa und mir ganz vorzüglich abgerundet, denn ganz oft durfte mein Kopf bei seinen Aussagen mitnicken. Besonders herausstellen möchte ich den vorletzten Absatz:

"Was IHNM jedoch so wertvoll macht - auch nach 15 Jahren seines Erscheinens - ist die thematische Einzigartigkeit des Spielprinzips und die Konsequenz, mit der es durchgezogen wird: Fünf fein ausgearbeitete Charaktere stellen sich ihren inneren Dämonen und versuchen so zu besseren Individuen heranzureifen - damit emanzipiert sich IHNM nicht nur von den üblichen Konventionen des Genres, sondern kann gewissermaßen als richtungsweisend für das Nischenprodukt des psychologischen Adventures gelten. [...]

Genau so habe ich es auch empfunden. Dieses "Nischenprodukt" hat für mich eine Lücke geschlossen, die ich (nicht vollends realisierend) immer schließen wollte. Dabei sei angemerkt, dass mich Psychologie schon immer fasziniert hat. Beinahe hätte ich diese Thematik studiert, hatte mich letzten Endes damals aber dann doch für ein Philologiestudium entschieden.
Il bastardo hat das Spiel nebst seinen ungemein vielen Facetten wunderbar rezensiert. Einzig und allein seine Aussage, dass "...die Puzzlestruktur oft verworren, Lösungswege nur selten logisch deduzierbar" sind, ordne ich für mich als zu streng ein.

Ein wenig zu streng finde ich auch seine Wertung (obwohl hier ein Jeder die Gewichtungspunkte verschieden anlegt bzw. gewisse Aspekte wertungstechnisch anders in die Punktevergabe einfließen lässt.)
Für mich gibt es bei IHNMAIMS sehr viel Licht und wenig Schatten. Äußerst positiv steht dem Spiel zu Gute, dass gewisse Bugs und Abstürze durch ScummVM ad acta gelegt werden konnten. Hätten Lisa und ich die Originalversion ohne Emulator oder passende Interpreter-Software gespielt - und dahingehend muss man kein Prophet sein -, so wären unsere Bewertungen sicherlich nicht ganz so positiv ausgefallen.
Wie dem auch sei, meine einzelnen Bewertungskriterien inkl. Punktzahl anbei:

Grafik/Sound: 8
Bedienung/Handhabung: 6
Atmosphäre: 9
Geschichte/Plot: 9
Motivation: 8

GESAMTURTEIL: 8 Punkte

Das Spiel erhält auf jeden Fall einen besonderen Platz, sowohl physisch (in meinem Computerspiel-Regal), als auch mental (in meinem Herzen).
Würde mich freuen, wenn - Lisa Duck einmal außen vor - vielleicht die Durchzocker Fürstbischof von Gurk, Il bastardo, Pat oder [PaffDaddy] (wenn er denn mal wieder online ist), ihre Gedanken zu unseren geistigen Ergüssen geben könnten. Jeder andere User-Kommentar ist natürlich ebenso herzlich erwünscht.

Bis zum nächsten Coop!!
Wir hoffen, ein wenig Unterhaltung Euch geboten zu haben. Sicherlich war Vieles unsererseits zu tiefgründig oder zu ausschweifend formuliert.
Doch genau das lieben Lisa und ich nun mal so sehr.
Ab sofort greife ich wieder zum Lenkrad...oder bleibe ich doch im Adventure-Genre!? Ihr (insbesondere Gunnar & Bearcat) werdet es schon mitbekommen.
Kommentar wurde am 21.05.2023, 20:37 von jan.hondafn2 editiert.
30.04.2023, 17:13 Lisa Duck (1860 
Wenn es im Test vom PC Joker zu lesen gibt: "... für zusätzlichen Grusel sorgen die abenteuerlich kleinen Fundstücke und eine unpräzise Steuerung. Schade um die schick düstere Präsentation mit englischer Sprachausgabe, doch dieser Schocker rangiert hart an der Grenze zur Unspielbarkeit." kann ich das nicht wirklich nachvollziehen. Aber wahrscheinlich wurde bei diesem Spiel für die Verwendung auf modernen Plattformen massiv nachgebessert. Ich fand die Items in der Regel gut auffindbar (auch ohne Hotspothilfen modernerer Werke) und kann an keiner Stelle von einer nicht präzisen Steuerung sprechen. Nachvollziehen kann ich die weitere Kritik im Review, dass so manche Aktionen zum vorzeitigen Ableben führen können und einen Nachladevorgang bedingen. Das mag ich auch nicht – aber in diesem Falle, da ich von der Geschichte so gefangen war, hat es mich in keiner Weise gestört. Aber dieses Manko – auch die möglichen Sackgassen - hätte man gerne programmiertechnisch abmildern können.

Nicht allzu sehr in das Werk hineingefuchst hat sich wahrscheinlich Heinrich Lenhart für den Test in der PC Player. In seinem Kommentarkasten geht er ausschließlich kritisch mit der Spielmechanik um – und wischt die viel wichtigeren Dinge dadurch relativ unerwähnt vom Tisch. Das grandios ausgeklügelte Szenario, der erfrischend andere Story-Ansatz, die Möglichkeit fünf Episoden in gewünschter und freier Reihenfolge zu spielen und vor allem die vielen Stellen, welche innehalten und zum Nachdenken anregen.

Der Weg ist schwerlich durch abrupte Enden oder Sackgassen. Aber das ermöglicht es sich gegebenenfalls noch näher und intensiver mit den Abläufen und den Inhalten zu beschäftigen. Ich war zu jeder Sekunde bei diesem großen Abenteuer Teil der Geschichte und habe mich nie lediglich als spielendes Element der Inszenierung gesehen. Das ist eine große Leistung, welche nicht viele Spiele bisher mir bieten konnten.

Treffend ist aber die Aussage: "Mit den netten, lustigen Helden üblicher Adventure-Prägung hat das (Spiel) herzlich wenig zu tun: Gorrister ist lebensmüde, Ellen reagiert panisch auf die Farbe Gelb, Benny wurde von AM gelähmt und seines Augenlichts beraubt – nichts für schwache Nerven. Entsprechend wird geschändet, geflucht und gemordet."

Das mag natürlich nicht jeder – bietet aber die Möglichkeit sich mal nicht mit tollen Helden, sondern mit Figuren mit jeweils eigenen, unzureichenden oder tragischen Geschichten auseinanderzusetzen um sich auf einen von einem Supercomputer konstruierten Weg aus einem Leben in Unterlegenheit, Bestrafung oder Folter zu nur einem Funken Hoffnung auf Besserung oder Erlösung zu stellen. Von Happy-End braucht man gar nicht zu träumen. Alleine die Erlösung aus Pein und Qual wird zu einem glücklichen Ende. Wer dieses Abenteuer spielt sollte allerdings besser keine depressive Phase haben.

Aber er sollte aufmerksam sein. Denn in jeder Episode und vielen Augenblicken sehen wir Funken von Hoffnung, bisher nicht gekannter Reue oder gar wiederentdeckte Freude oder Liebe zu vergangenen Dingen. Wohl niemand von uns gelingt es so fehlerfrei durchs Leben zu gehen um dereinst im Abspann seines Lebensfilmes vor dem geistigen Auge nicht Dinge oder Taten zu bereuen. Spätestens an diesem Punkt zur Schwelle ins Jenseits müssen wir uns der Frage stellen: waren wir es wert gelebt zu haben?

Haben wir eher egoistisch und auf Kosten anderer unserer Glück gesucht? Oder konnten wir durch unsere Worte und Taten auch fortwährend in unserem Lebenslauf andere bereichern und damit dessen Füllhorn des Lebens positiv füllen? Das ist eine bei näherer Betrachtung eine entscheidende Frage. Haben wir eher für uns selbst gelebt – oder haben wir versucht an den vielen kleinen Stellen und Kreuzungen unsere Lebens auch die Wege für andere positiv zu beeinflussen?

Genau diese Gedanken haben mich fast von Beginn des Spielens an existenziell beschäftigt. Mir wurde ein Spiegel vorgehalten durch die in den Episoden deutlich gewordenen Lebenslinien und Schwächen der fünf (überwiegend) Antihelden.

Ist AM – der Supercomputer – vielleicht ein Sinnbild für das Jüngste Gericht, welches uns alle für unsere Missetaten büßen lässt und erst durch unsere Reue auf unsere Taten die Hoffnung auf eine Erlösung gibt? Er ist von Menschen so geschaffen, dass es er nicht gnädig oder gütig ist – sondern genau das Gegenteil: dämonisch und perfide? Ist das Spiel eine Warnung für uns nicht so alltagstechnisch auf uns selbst fokussiert weiterzumachen? Ist eine Aufforderung nicht selbstgefällig, arrogant und/oder ignorant durch unser Leben zu gehen – sondern möglichst menschlich, mitfühlend und auch stets mit den Blick darauf, was unsere Taten für andere Menschen bedeuten können?

Ich kann "I have no Mouth, and I must Scream" in keiner Weise bei meiner Beurteilung auf technische oder Einzelaspekte reduzieren oder danach bewerten. Ich kann es nur in der Auswirkung für mich als Ganzes betrachten.

Mich hat dieses Spiel massiv zum Nachdenken angeregt und gewarnt, dass ich für fehlende Stärke und Mut zu "richtigen Entscheidungen" in meiner Lebenslinie (beziehungsweise den ehrenhaften Weg bei möglichen Schicksalsgabelungen) vielleicht am Ende meines Daseins die Quittung präsentiert bekomme. Die verdiente Quittung! Vielleicht wartet auf ja auf einen selbst, wenn man nicht genug für die Gemeinschaft der Lebenden gefürsorgt hat - ja auch selbst ein Fegefeuer ähnlicher Art? Sollten wir nicht besser das für uns Machbare versuchen, dass unsere Zeit dort von 109 Jahren nicht besser auf möglichst wenige Tage reduziert werden kann?

Während der über vier Monate Spielzeit (sowie den Austausch darüber mit Jan) habe ich etliche Dinge auch in mein eigenes Leben hinein gespiegelt und mein Tun im Hier und Jetzt viel bewusster hinterfragt. Und ich musste mir vergegenwärtigen, dass einiges was ich die letzten Jahre gemacht habe, nicht dem entspricht was man so bezeichnen könnte, dass ich auf dem richtigen Weg eingebogen habe. Das hat mich mit veranlasst erst Kleinigkeiten und dann auch größere Dinge in meinem Dasein zu verändern. Es war eine wichtige Erfahrung für mich mal den Spiegel (wie in der Episode mit Ted) vorgehalten bekommen zu haben um zu merken, dass ich an etlichen Stellen den "richtigen" Weg des Lebens etwas verlassen habe. Das hat mich motiviert mich frisch und neu zu orientieren.

Es braucht manchmal im Sein einen Ausgangspunkt, einen Anlass, um Dinge zu registrieren und daraus Schlüsse zu ziehen. Und es braucht danach die Kraft und Stärke (welche auch alle unsere Spielhelden zeigen konnten) aus den Schlüssen dann auch notwendige Veränderungen herzuleiten und Dinge wirklich auch anders anzufassen. Das habe ich gemacht.

Der Weg durch das Leben ist gespickt mit Handlungen, welche stets zwei Sichtweisen haben. Die der eigenen Person sowie die Sicht der Anderen durch die Aktion betroffenen Menschen um einen herum. Man sollte sich überlegen was Dinge oder Handlungen, welche für einen gerade wichtig sind (oder welche einem selbst positives erbringen) für andere für Auswirkungen haben. Unterstützt von "I have no Mouth, and I must Scream" denke ich seit Monaten viel mehr über das Leben nach und merke, dass ich in der Lage bin deutlich mehr Hilfsbereitschaft, Respekt, Aufmerksamkeit oder Freundlichkeit auf die Lebensbegleiter oder zufälligen Passanten im Leben auszustrahlen. Ich spüre an den Reaktionen, dass sich die veränderte Art des gelebten Lebens sehr positiv auf die Gefühle und Stimmungen der Menschen in meiner Umgebung auswirkt.

Wenn ein Abenteuerspiel es schafft Gedanken in einem Menschen zu gebären, welche weit über die Grenzen des Spiels hinausgehen und ihn so lange beschäftigen, dass er sich gar über einen Lebenswandel Gedanken macht – dann muss an diesem Spiel (zumindest in den Augen des betroffenen Charakters) etwas ganz Besonderes sein. "I have no Mouth, and I must Scream" ist für mich was Unglaubliches. Es hat das Leben meiner Person – und durch die überlegteren Taten auch vieler anderen Personen - positiv verändert.

"I have no Mouth, and I must Scream" ist nichts für jedermann. Es ist sperrig. Hat Ecken und Kanten. Ist nicht glatt gebügelt. Es ist teilweise fehlerhaft und selbst der Titel bedeutet schon Mühe um diesen in seinem Kommentar nicht einfach abzukürzen! Man muss sich sehr viel Mühe geben in das Spiel einzutauchen und den Widrigkeiten zu trotzen. Wird auf diesem Weg aber stets belohnt durch die tolle Atmosphäre und die süchtig machende Geschichte. Man muss auch solch ein Szenario mögen und sich die Zeit geben über Dinge im Spiel nachzudenken und manches überhaupt (zumindest für sich) sinnübergreifend zu verstehen.

Zum Glück habe ich mir die Zeit genommen und ein so unfassbar intensives Spiel erlebt, was ich vor dem Start nicht in kühnsten Träumen vermuten konnte und welches mich in entscheidender Weise verändert hat.
Kommentar wurde am 30.04.2023, 17:20 von Lisa Duck editiert.
14.04.2023, 20:26 Gunnar (4889 
Bearcat schrieb am 14.04.2023, 19:54:
Ich finde übrigens, dass Jan seine Rennfahrerkarriere stark vernachlässigt. Liegt´s am gierigen Management, dem Mediendruck, den unzähligen Orgien mit den Boxenludern? Man weiß es nicht.

Oh ja, allerdings. Einen Wunschkandidaten hätte ich auch schon: Hey Jan, wie wär's mit "Jet Moto"?
Kommentar wurde am 14.04.2023, 20:27 von Gunnar editiert.
14.04.2023, 19:54 Bearcat (3856 
Ich finde übrigens, dass Jan seine Rennfahrerkarriere stark vernachlässigt. Liegt´s am gierigen Management, dem Mediendruck, den unzähligen Orgien mit den Boxenludern? Man weiß es nicht.
14.04.2023, 19:42 Gunnar (4889 
Oh Dae-su schrieb am 14.04.2023, 19:21:
Finde den Titel irgendwie blöd.
Wie z.B. "I have no Nose and I must Sneeze."
oder
"I have no Ass and I must Shit."

Tja, oder wie man heute sagt: Keine Arme, keine Kekse.
14.04.2023, 19:31 Bearcat (3856 
I have no good adventure, but I must play, so I play some average bullsh... STUFF like I have no mouth, but I must scream!
14.04.2023, 19:21 Oh Dae-su (967 
Finde den Titel irgendwie blöd.
Wie z.B. "I have no Nose and I must Sneeze."
oder
"I have no Ass and I must Shit."
14.04.2023, 18:02 DaBBa (3186 
Lisa Duck schrieb am 02.04.2023, 11:05:
Das ist leider mit etwas versuchen und gegebenenfalls aus Fehlern lernen verbunden gewesen. Außer ich habe entsprechende Hinweise leichtfertigerweise übersehen, wovon ich nicht grundsätzlich ausgehe. Bei meinen freien Versuchen ohne Hilfestellung einer Lösung bin ich immer nur zu einem nicht optimalen Ende gekommen. Beim Betrachten des "nicht optimalen Ende" weiß man übrigens auch woher das Spiel seinen Namen haben könnte.
Das ist auch das "kanonische" Ende, wenn man so will.

Die Kurzgeschichte endet damit,
dass Ted zu diesem Wesen wird, nachdem alle anderen getötet wurden und so AM entkommen sind
14.04.2023, 17:50 jan.hondafn2 (2405 
Gleich vorweg:
Das Finale des Spieles hat mir eigentlich recht gut gefallen. Sicherlich wirkt der Endabschnitt äußerst morbide und wirr; das soll er aber auch.
Die implementierten Rätsel und der damit verbundene Handlungsstrang sind -wie immer- sicherlich Geschmackssache. Da meine Erwartungen an den Abschlussteil des Spiels eh nicht all zu hoch (ist ja meist so mit den Enden von Geschichten/Spielen usw.) waren, wurde ich auch nicht all zu groß enttäuscht.

De facto muss man festhalten, dass in der englischen Version nur Nimdok der Schlüssel zum Erfolg (gutes Ende!) ist. Alle anderen Charaktere sind nicht in der Lage auf die "Gruben-Workstation" mit dem richtigen Passwort zuzugreifen.
Genau wie Lisa musste auch ich mich erstmal orientieren. Zwar merkt man recht schnell, dass man sich kreisförmig durch das Hirn-Areal bewegen kann, doch die einzelnen Orte machten vorerst keinen Sinn für mich. Nach ein wenig Einarbeitung wurde mir aber bewusst: "Hier soll jeder Protagonist nochmals mit seiner Angst bzw. seiner düsteren Vergangenheit konfrontiert werden." Die "Aufarbeitung" geschieht hier unter Verwendung von Gegenständen, die jeder Charakter aus seiner Episode ins Finale -sozusagen- mit rübergenommen hat. Somit hat jede Person seinen eigenen Ort, um AM mit seiner/ihrer richtigen Aktion zu schwächen/beeindrucken.

Womit ich gleich eine Sache von Lisa von Anfang des Jahres aufgreifen möchte:

Lisa Duck schrieb am 28.01.2023, 18:40:
[...]

Ich hoffe für Dich Jan, dass die nicht vergrabene Frucht am Grabe in dieser Benny Episode Dich nicht in Kürze fruchtteufwelswild werden lässt! Nicht das es heißt: Kollege hondafn2 hat eine Frucht nicht vergraben und wird deshalb nicht die Früchte seiner spielenden Arbeit am Ende der Geschichte ernten können! *schon mich arg um Dich sorg*

[...]


Deine Sorgen waren auf jeden Fall berechtigt!
In der Tat hat Benny bei meinem Spieldurchlauf keine Frucht in den finalen Abschnitt rüberretten können. Insofern hat das Spiel meinen Früchte-Fauxpas richtig eingeordnet/verarbeitet.
Durch das fehlende Fruchtstück konnte ich Benny somit nicht seine Vergangenheit aufarbeiten lassen, bei den restlichen Charakteren aber schon. Zum Glück war es mir möglich, trotz nicht aller ausgeführten Aufarbeitungen, das gute Ende (siehe Lisa "bestmögliches Ende") in Augenschein zu nehmen. Das heißt also, dass man mit nicht allen handelnden Figuren AMs finalen Energiesäulen-Test bestehen muss.

Entgegen meiner Hoffnung im Benny-Kapitel, AM würde Widerstand aus dem Reich der Mitte und Osten bekommen, verpuffte jäh. Beide Parteien stellen sich letztendlich gegen uns und befinden sich somit ebenso auf der Seite des Bösen. AM will aber auch sie vernichten, da er sich als alleiniges machtbesessenes Individuum sieht.

Danke Lisa für den Hinweis auf die Freudsche Theorie. Dies hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Mal wieder ein Beweis dafür, wie wertvoll solch ein Coop-Spiel sein kann.
Dahingehend einmal folgende Gedankengänge von mir:

Gorrister = Destrudo -> Todestrieb
Ellen = Reize durch Umwelt -> panische Angst vor der Farbe Gelb
Benny = Verletzung von Geboten/Normvorstellungen -> falsche Entscheidungen als Soldat
Nimdok = Verletzung von Geboten/Normvorstellungen -> falsche Entscheidungen als Mediziner
Ted = Libido/Triebverzicht u. -aufschub -> als attraktiver Mann muss er weiblichen Reizen widerstehen

Wir erkennen: Harlan Ellison hat mit seiner Geschichte Lust-/Realitätsprinzip, die moralische Instanz und viele menschliche Werte-/Reizaspekte durch die Umwelt in Einklang gebracht. Dahingehend habe ich einen ganz tollen Satz beim Recherchieren auf dieser Seite gefunden:

"Denn der Mensch – als soziales Wesen – muss sich anpassen, sich entwickeln und seinen Trieb für ein höheres Ziel unterordnen können. Demnach wäre ohne das „Überich“ das Menschwerden nicht möglich. Das „Ich“ hat nun die Qual der Wahl und muss entscheiden."

Genau das haben wir auch im wahren Leben. Jeder von uns muss sich in Strukturen (z. B. Arbeitsplatz bei Firmen) integrieren und sich in gewisser Weise unterordnen (dem Chef oder Abteilungsleiter beispielsweise). Bei den Charakteren im Spiel hatte auch Nimdok die "Qual der Wahl", welchen Beruf er wählt und ob er die Befehle zur Verstümmelung/Vernichtung von Menschen ausführt oder nicht. Damit konfrontiert uns IHNMAIMS permanent und dies wurde, ich lehne mich da jetzt mal kackfrech ganz weit aus dem Fenster, in hohem Maße exzellent umgesetzt.

Doch ich schweife zu sehr ab. Zurück zu den Spieleindrücken des Finales.
Ähnlich wie Lisa gefielen mir die Einzelabschnitte der Protagonisten besser. Dass der finale Abschnitt letztendlich so umfangreich war, hat mich dann doch ziemlich überrascht. Zuvor bin ich davon ausgegangen, in fünf bis zehn Minuten AM den Garaus zu machen. Konnte mir einfach nicht vorstellen, dass bei der letzten Etappe noch so viele Hürden zu nehmen sind.

Negativ muss ich diese Aspekte dem Spiel ankreiden:

~ trotz der einzelnen Säulen, die den Person zuzuordnen sind, bleiben die restlichen Aktionen ziemlich unklar
~
Lisa Duck schrieb am 02.04.2023, 11:05:
[...]
Beim Betrachten des "nicht optimalen Ende" weiß man übrigens auch woher das Spiel seinen Namen haben könnte.
[...]

Genau das könnte jeden Spieler irritieren (Gedankengang: Spiel ist nur so zu beenden), getreu der Annahme: "Aus dieser dystopischen Hölle kann es keinen (anderen) Ausweg geben." Zumal der Spieletitel (der vorher nirgends im Spiel aufgetaucht ist!) genannt wird und somit auf ein plausibles Ende -ohne Alternative- hinweist.
~ Ungeachtet der toll implementierten Freudschen Theorie wirkt der Plot ein wenig zu abstrus/abstrakt

Um Lisas Gedankengang bzw. Frage bezüglich des Ablauf des Geschehens aufzugreifen.
Nach Studium des englischen Longplays halte ich für die Nachwelt folgende Dinge fest:

* Nimdok kann -wie oben angeführt- als einziger die Brücke zum Satanskreis öffnen (nur englische Version!)
* Mit den Intelligenzen Ego (Ich), Super Ego (Über-Ich) und Id (Es) kann (nach Aktivierung) jeder Protagonist in Konversation treten; auch die Deaktivierung kann jede Person durchführen (soweit das notwendige Inventarstück vorhanden ist)
* für das "optimale Ende" sind nicht alle Aufarbeitungen/Energiesäulendeaktivierungen nötig
* falsche Aktionen werden mit Stromschlägen gesühnt (höherer Grün-/Weißanteil im Portrait der Figur ist also vom Vorteil)
* ein Charakter kann sogar sterben und das "optimale Ende" ist dennoch möglich
* im "optimal Ende" wird unseren Helden ein Denkmal gesetzt

Nun freue ich mich ganz immens auf das abschließende Fazit und vor allen Dingen, auf die Lehre, die Lisa Duck aus dem Spiel für sich gezogen hat. Danach werde ich meine abschließenden Worte zum Spiel hier festhalten.
Kommentar wurde am 14.04.2023, 17:57 von jan.hondafn2 editiert.
02.04.2023, 11:05 Lisa Duck (1860 
Das freudige... quatsch falsch... das freudsche Finale

Viele Quellen im internationalen Netz berichten davon das Nimdok die beste Wahl für die Nominierung des Protagonisten für die abschließende Episode dieses Abenteuers sei. Herrn Nimdok habe ich aber leider in der deutschen Version überhaupt nicht zur Verfügung. Aus diesem Grunde habe ich, da ich gerne mit weiblichen Heldinnen spiele, Ellen dazu auserkoren als Starterin die letzten Schritte auf dem Weg bis zum Ende des Spiels anzutreten. Ob es ein gutes Ende wird steht allerding mehr als in den Sternen. Aber wir werden uns bestes versuchen, um uns nicht zu sehr von Oberfiesling AM düpieren zu lassen und ihm angemessen Paroli bieten.

Nach der Auswahl wird die Spielfigur sozusagen ins "Binäre" gebeamt und in Spielumgebung (das metaphorische Gehirn von AM) hinein gesetzt. Erst einmal (und das war im Nachhinein keine allzu falsche Entscheidung!) habe ich mich in dem anfänglich etwas unübersichtlich wirkenden Areal umgeschaut um mich zu orientieren. Ohne was anzuklickseln gab es eine Art Rundlauf durch die Umgebung und mich mit den markanten Stellen und Aktionspunkten vertraut zu machen. Die Umgebung ist kreisförmig aufgebaut, so dass es egal ist, welchen Weg man vom Startpunkt aus einschlägt. Habe mir markante Punkte oder Möglichkeiten der Interaktion erst einmal notiert um die möglichen Schritte möglichst reiflich zu überlegen.

Wieder am Startbildschirm angelangt, gilt es hier an einem Terminal eine Brücke erscheinen zu lassen. Diese benötigen wir um an einen Ort zu gelangen (idealerweise mit etwas Kreide im Gepäck!), an dem wir erneut ein Gespräch mit dem Dämon Surgat führen dürfen - dem Recken aus der Episode mit Ted.

Anmerkung:
Das diese Aktion – wie in vielen Spielbeschreibungen thematisiert - nur mit Nimdok möglich sein soll (weil nur aus seiner Episode das richtige Passwort für das Terminal logisch abgeleitet werden kann und als Auswahldialog angeboten wird) ist glücklicherweise "unwahr".

Mit Ellen wird mir an dieser Stelle am Terminal anfangs keine Möglichkeit angeboten das richtige Passwort zu wählen, da die Zahlen- bzw. Eingabevorschläge aus ihrer Episode abgeleitet werden. Doch wenn man hier 3x eine Auswahl versucht und dabei 3x für falsche Auswahl mit einem kräftigen Elektroschocker abgestraft wird – erweitert sich die Optionsauswahl plötzlich um einen weiteren – den korrekten - Eintrag.

Ich bin diese Stelle mit allen Haudegen als Startheld angegangen um herauszufinden, ob die Charaktewahl eine Rolle spielt. Es hat neben...
... Ellen auch mit
... Gorrister,
... Benny und
... Ted in gleicher Weise geklappt.

Im Gespräch mit dem werten Herrn Dämon gilt es denn die Erste (hoffentlich richtige!) von vielen anstehenden Entscheidungen und Auswahlmöglichkeiten in dieser Episode zu treffen. Kurze Zeit später (richtige Auswahl vorausgesetzt) tauchen dann die eigentlich von AM absorbierten chinesischen und russischen Kriegsrechner auf und auch mit diesen gilt es einen kleinen Schwatz halten. Beide sind nicht gerade, sagen wir mal so, zu absolut 100% auf der Wellenläge des Chefrechners und damit uns nicht ganz unwillig zu helfen.

Hier gleich zu Anfang des Abschnitts wird die Spielmechanik dieser Schlußetappe deutlich. Man wird ständig von irgendwen (oder besser gesagt von irgendwas!) aufgefordert ein Dingsbumms-Totem auszuhändigen, welches man im Gespäck mit sich führt. Dann darf man entscheiden ob man das Verlangte oder was anderes – oder auch gar nix! - rausgibt. Ferner gilt es dann die jeweilige Spielfigur am richtigen Ort in richtiger Weise (in der Regel an einer Art Energiesäule) zu "opfern".

Ich habe das Finale übrigens mehrere Male mit den Helden in verschiedenen Reihenfolgen gespielt. Vom Prinzip ändert sich am Ablauf des Geschehens aus meiner Sicht nichts. Zumindest ist mir nichts auffällig geworden (habe ich was übersehen, Jan???) – somit scheint die Wahl und Reihenfolge für den Spielfortschritt sekundär. Um die optimale Beendigung des Abenteuers zu erreichen, ist es allerdings notwendig die Spielfiguren an ihren vorbestimmten Platz oder besser ausgedrückt an die für sie vorgesehenen Orte führen, um dort die richtigen Aktionen durchzuführen und dadurch das Zeitliche zu segnen. Nicht gerade ein erbaulicher Spielspaß! Aber das war das Abenteuer eh nicht.

Es bleibt schlussendlich ein Held übrig, mit dem es dann heißt sich erst nochmals mit den künstlichen Intelligenzen auszutauschen und dann zum Showdown anzutreten. Nun wird es sehr metaphorisch! Es gilt an drei Säulen mit den darin schlummernden Intelligenzen zu kommunizieren. Diese schimpfen sich sinnigerweise "Ego (Ich)", "Super Ego (Über-Ich)" und "Id (Es)". Holla, die Waldfee! Wer da nicht auch an Sigmund Freund und sein Strukturmodell der Psyche denkt? Diese drei Bereiche stehen in diesem Modell für das Denken/das Selbstbewusstsein, die Triebe sowie die soziale Normen oder Werte. Auch hier in dieser abstrakten und cyberspacigen Welt der Gehirnwindungen einer künstlichen Intelligenz finden sich also die Ausprägungen des menschlichen Denkens wieder?

Nun gilt es diese abzuklappen, zu wecken, die richtigen Gesprächsoptionen zu wählen sowie zum Abschluss das richtige Totem zu übergeben. Dadurch gelingt es dann alle drei Gehirnkomponenten von AM ab- beziehungsweise ausschalten. Ist das geschafft schnell nochmals über die Brücke zum Kreis um auch hier durch Übergabe des richtigen Totems die dortig weiterhin versammelten künstlichen Intelligenzen "auszuknipsen" und sich selbst in den Abspann zu verabschieden.

Das ist leider mit etwas versuchen und gegebenenfalls aus Fehlern lernen verbunden gewesen. Außer ich habe entsprechende Hinweise leichtfertigerweise übersehen, wovon ich nicht grundsätzlich ausgehe. Bei meinen freien Versuchen ohne Hilfestellung einer Lösung bin ich immer nur zu einem nicht optimalen Ende gekommen. Beim Betrachten des "nicht optimalen Ende" weiß man übrigens auch woher das Spiel seinen Namen haben könnte.

ABER! Das bestmögliche Ende ist (durch die Hilfestellung nach drei Fehlversuchen am Terminal für die Brückenbildung) auch ohne Nimdok in der deutschen Version zu erreichen. Für mich persönlich war es aber nicht möglich (zu wenig Spielintelligenz???). Habe dazu eine Lösungshilfe gebraucht, welche ich exakt nachgespielt habe, um das Ziel zu schaffen. Ohne Lösung wäre ich wahrscheinlich auch in 109 Jahren niemals auf das bestmögliche Ende gekommen.

Insgesamt hat mir das Abschlusskapitel nicht ganz so gut wie die Einzelepisoden gefallen. Es gibt "nur" zehn (relativ gleich aussehende) Bildschirme zu durchwandern und die Spielmechanik ist etwas eintönig. Die verschiedenen Enden passen aber hervorragend zur dystopischen Geschichte.

Halten wir fest... Mit jedem Akteur, mit welchen man in der letzten Episode anfängt oder auch aufhört, kann man das Spiel zu Ende führen. Es gibt ein bestmögliches Ende, welches aber – unabhängig von der Wahl und der Reihenfolge der eingesetzten Personen - nur mit Zufall, viel Glück oder genialem (!) Spiel zu erreichen ist.

Während des Spielweges über die letzten rund vier Monate habe ich viel über "I Have no Mouth, and I must Scream" und vor allem die Geschichte und möglichen Intensionen dahinter nachgedacht und sogar auch eine Lehre für mein Leben daraus gezogen. Aber diesbezüglich nerve ich Euch mit einer weiteren finalen Sabbelei dann nochmals im Schlusskommentar und dem Fazit.

Wie hat Dir der Abschluss gefallen, Jan?
27.03.2023, 18:04 Lisa Duck (1860 
Die Episode mit Ted, einem Teufel, einem Engel, mehreren heiß-frivolen Angeboten sowie erneut einer (gar nicht so lieben) Schwiegermutter

Als letzte Spielfigur geht es nun auch bei mir mit Ted in sein Szenario. In der Einleitung dazu sehen wir wie er von AM in den Boden gezogen und dann in der gewohnt freundlichen Weise von ihm die Aufgabenstellung bekommt. AM bezeichnet Ted als seinen Liebling, da dieser in seinem Leben (anders als seine bisherigen Mitstreiter) aufrecht und mutig war und die Initiative oftmals ergriff. Doch auch er war ganz und gar nicht ohne. Er hatte Schattenseiten, in dem er hochstaplerisch durch seinen Charme und sein Aussehen sich mit Frauen einließ, um nicht nur dessen Gunst und Körper – sondern vor allen auch ihr Geld und Reichtum sich anzueignen. Dieser Lümmel! AM machte ihn zum Paranoiker und schickt ihn - das ist ja wieder mal nett von dem Compi! - vor ein achteckiges, dunkles Gebäude ohne Fenster mit nur einem Eingang. Er soll das Geheimnis des Zimmers der Dunkelheit lüften und im Gegenzug dafür die Freiheit erhalten.

Um schon gleich am Anfang Deine Frage Jan: "Lisa, wie weit bist Du mittlerweile im Spiel vorgestoßen? Wie hat Ted Dich unterhalten?" zu beantworten. Jan, mir hat es erneut mehr als (vor allem wieder atmosphärisch) gut gefallen. Auch wenn es – hier bin ich ganz bei Dir – diesmal leider von der Spielzeit ein eher kurzes Vergnügen war. Aber besser kurz und gut – als lang und langweilig.

Was mir direkt bei den ersten Sätzen (welche Ted spricht) in dieser Episode auffällt: er wurde hervorragend passend in die deutsche Sprache synchronisiert.

Eine Menge Bildschirme – aber nur ein Weg weiter…

Wir betreten das einladende Gebäude und betrachten fünf Videobildschirme. Hier gibt es bereits – wie bisher immer toll in die Geschichte integriert - erste kleine Einblicke in die Vergangenheit von Ted. Wir müssen den richtigen Bildschirm auswählen um weiter fortfahren zu können. Ansonsten schickt uns AM mittels eines schwarzen Bildschirms direkt wieder zurück zum Start. Man kann also nicht wirklich was falsch machen. Einfach probieren.

Ist die richtige Wahl getroffen landen wir vor einer (ebenso nicht gerade einladend aussehenden) Burg, welches wir betreten um an der Lösung unserer Aufgabe beginnend tätig zu werden. Die Burg besteht aus insgesamt übersichtlichen neun Räumen, so dass hier Auswahlmöglichkeiten, Gesprächsmöglichkeiten und Interaktionsmöglichkeiten überschaubar bleiben, was zu einem guten Spielfluss führt.

Überraschende Rückkehr und offenherzige Angebote...

In diesem Szenario erleben wir beim Durchstreifen der Räume und Aufgaben, dass seine Geliebte Ellen stirbt - beziehungsweise dem Tode geweiht ist. Ellen liegt in Ihrem Bett in Ihrem Zimmer. Sie ist von ihrem Schwiegermütterchen mit einem bösen Zauber belegt worden. Mmmh… das erinnert an die Episode mit Gorrister, welcher ja auch nicht gerade mit Freude an sein Schwiegermütterchen gedacht hat.

Wir können mit Ted übrigens an zwei Stellen entscheiden ob wir Lust auf ein Schäferstündchen haben. Einmal mit der Hausmagd und an einer anderen Stelle bietet sogar Ellens Schwiegermütterchen Liebesspielchen an. Ich habe mich jeweils dafür entschieden lieber die waagerechte Lümmellage auszusparen und stattdessen ein gutes Buch zu lesen bzw. in diesem Abenteuer auf anderem Wege meine Lust zu steigern. Scheint der richtige Weg der Tugend gewesen zu sein – denn der Jan hat es ebenso gemacht und dafür als Lohn die weiße Umrandung seiner Spielfigur geerntet. Es lohnt sich also für den Spielerfolg der Wollust zu trotzen.

Es war für mich eine ziemliche storytechnische Überraschung, dass ausgerechnet Ellen (welche wir ja bereits in der zweiten Episode gespielt haben) eine Geliebte von Herrn Ted gewesen sein soll. Sie war nicht seine Frau, da sie im Anfangsdialog mit unserem Helden von "ihrer Schwiegermutter" und nicht von "seiner Mutter" spricht. Außerdem würde seine eigene Mutter dem guten Teddy wohl kaum geschlechtsverkehrende Angebote machen! Wurde in Ellens Geschichte nicht erzählt, dass Sie nur zweimal im Leben Sex hatte? Sie war verheiratet mit einem Mann (da sollte mindestens ein sexueller Akt wahrscheinlich sein) und ein weiterer wurde ja von ihrem Peiniger erzwungen. Basierend darauf, ist für mich die Beziehung zu Ted und der Begriff der "Geliebten" (es bleibt kein sexueller Akt von Ellen mit Ted mehr in ihrer Historie übrig) nicht logisch. Wie ist das also zu interpretieren?

Komische Gestalten...

Im Schloss sind einige Gestalten zugegen, bei denen man nicht weiß ob man Ihnen trauen soll oder kann oder besser vorsichtig sein sollte. Hier gilt es abzuwägen, was der richtige Weg durch die Episode sein müsste. Die Episode ist nicht schwer - aber man sollte aufmerksam auf Hinweise sein. Ich Dussel habe nicht sicherheitshalber auf die Warnung der näherkommenden Wölfe mit einer Gegenaktion reagiert und das Eingangstürchen mit einem Ritterrüstchen verrammelt, um reißerisches Getier abzuhalten. Was war die Konsequenz: flotter Neustart!

Einen guten Teil des Weges verbringen wir – nach Hinweisen von einem Teufel und einem Engel, welche sich beide um die Seele der sterbenden Ellen "bemühen" - mit der Suche nach einem magischen Spiegel. Ist dieser gefunden gilt es ihn in positiver Weise einzusetzen. Auch muss mehrmals in literarischen Werken in diversen Schlafzimmern geschmökert werden um die richtigen Anstöße für das Weiterkommen herauszulesen. Übrigens erhalten wir in dieser Episode tatsächlich mal die Möglichkeit auf die Oberfläche unserer Welt (oder ist das auch nur von AM vorgegaukelt?) zu schauen. Was wir sehen lässt uns aber nicht himmelhochjauchzend und sehnlichst dahin verlangen. Alter Kaiser...

Fazit...

Ich stimme Jan zu, dass dieser Abschnitt recht kurz und mit vielen guten Hinweisen gespickt ist. Es gibt nicht zu viele Schauplätze und Handlungsmöglichkeiten, welche Ted zu viel abverlangen würden. Leider muss man aber einige Male Entscheidungen treffen, bei denen man bei falscher Auswahl zum Neustart oder zum Verzweifeln gezwungen wird. Insgesamt liegt aber vieles auf der Hand und man hat – vielleicht auch schon durch vier Abenteuer mit den weiteren Helden gestählt – eigentlich fast immer ein gutes Gefühl, was die richtige Aktion zur richtigen Zeit ist.

Nun geht es also in das große Finale... habe im Vorfeld gelesen, dass Nimdok hier die beste Wahl sein soll – den kann ich aber in der deutschen Version nicht spielen. Da ich immer am liebsten mit Frauenfiguren spiele, steht für mich bereits fest: ich gehe (zumindest für einen ersten Versuch) mit Ellen in den Endspurt!
25.03.2023, 17:40 jan.hondafn2 (2405 
Lisa Duck schrieb am 13.02.2023, 18:16:
[...]
Anstatt am Jungen herum zu schnippeln und ihm durch die geplante OP zu verstümmeln - tötet er den zur OP-Hilfe bereitstehenden Chirurgen. Irgendwie eine seltsam komische Art sein Mitgefühl zu zeigen, oder bin ich da etwas aus der Zeit gefallen? Vielleicht gibt es aber auch alternative Lösungswege, welcher dieser Videodurchlauf nicht analysiert hat.


Ganz richtig Lisa. Du kannst den Chirurgen auch am Leben lassen. Wie sich dies auf den weiteren Spielablauf auswirkt, habe ich aber nicht getestet.

Ted - der erste "normale" Charakter?

Rufen wir uns vorab nochmal die Beschreibung von Ted ins Gedächtnis:

"Ted ist ein zynischer Paranoiker. Sein Blick jagt unruhig umher, als rechnete er ständig mit einem Heckenschützen, der auf seinen ungeschützten Kopf zielt. Er ist derart unruhig, daß jemand, der in einen Ameisenhaufen getreten ist, gelassen neben ihm aussähe."

Schon nach den ersten Spielminuten habe ich festgestellt: Dieses Bürschchen ist gar nicht so überdreht und zappelig, wie es uns die Spielanleitung zu verstehen geben will. Ja er wirkt sogar äußerst ruhig und gelassen. Er scheint weder Angst noch Hunger zu verspüren. Liegt es vermutlich daran, dass AM gegenüber Ted eine Freundschaftsbekundung zum Ausdruck bringt? Ist Ted die einzige Person, die eine Art Draht zu AM hat?

Wo schickt uns AM diesmal hin?

Mit Bestimmtheit ist das AMsche Gruselszenario schon mal überhaupt nicht mit 'ner freundschaftlichen Einladung für unseren fünften Protagonisten versehen worden. Im Gegenteil! Blitz und Donner schlagen uns entgegen, glühende Augen blitzen unheilvoll aus dem dunklen Dickicht hervor, und das düstere Schloß erinnert auch eher an die Behausung eines Dracula-Grafen. *fröstel*
Immerhin liegt Ellen (ja, genau die Dame, die wir bereits unter die Arme greifen durften) gesprächsbereit im Bett und leistet uns Gesellschaft. Doch leider ist sie in keiner guten Verfassung. Ein Spiegel soll Abhilfe schaffen und genau diesen gilt es zu finden...

Spieglein, Spieglein, an der Wand...wer ist der größte Teufel im AMschen Land?

Die Spiegeljagd entpuppt sich daraufhin als ein Mix aus Befragen von Personen, Leserecherchen in verschiedenen Büchern und das Auswählen von richtigen Antworten. Wie beim Benny-Kapitel gibt es nur sehr wenige Gegenstände, mit denen wir interagieren können. Gleichzeitig würde ich den jetzigen Spielabschnitt als den leichtesten einstufen, denn ich war in gut und gerne 50 Minuten damit durch.
Doch zurück zum Plot:
Zu viel soll an der Stelle nicht verraten werden, doch trifft man im Verlauf des Kapitels auf allerlei (satanische) Gestalten. Auch die menschliche Zunft (Ellen einmal außen vor!), versucht uns mit einer Todsünde (Wollust) in frevelhafte Taten zu verstricken. Hier gilt es, insbesondere für die männliche Spielerschaft, kühlen Kopf zu bewahren.

Letztlich wird man im Spielabschnitt mit Ted gut durch die Geschichte geführt. Ein Hinweis jagt den nächsten. Somit steht der engagierte Spieler so gut wie nie "im Regen". Die große Linearität tut sicherlich ihr Übriges dahingehend...

Wie bewerte ich das Ganze?

Atmosphärisch kann ich wieder mal nicht meckern. AM ist zum wiederholten Male in seinem Element und spielt permanent mit den menschlichen Schwächen. Auch die spätere Gegenüberstellung von Teufel und Engel sind ein Wink mit dem Zaunpfahl: Gut und Böse liegen meist doch dichter beieinander, als man denkt!
Nicht nur deshalb bereitete es mir erneut große Freude, zwischen den Zeilen des Plots zu lesen. Da kam sogar -man lese uns staune!- eine Art Zuneigung zu AM auf. Ja ich weiß! Dieser Mist"kerl" provoziert, quält, stellt bloß, heuchelt, intrigiert usw..., aber er zeigt doch immer wieder auf, wie launisch, unstet und lethargisch die Menschheit agiert. Kein Wunder! Diese ganzen (negativen) Eigenschaften haben die Homo Sapiens schließlich auch in AMs Schaltkreise gespeist. Und dies lässt AM nun -vice versa- die Menscheit spüren...

Durch den linearen Ablauf bedingt, konnte ich in dieser Episode keine Bugs oder Unstimmigkeiten feststellen. Trotzdem wiegt ein kleiner negativer Beigeschmack auf Grund der kurzen Spielzeit mit. Ein wenig, bzw. besser gesagt ein ganzes Stückchen, mehr hätte es hier ruhig schon sein dürfen.
Immerhin durfte ich mit dem letzten Protagonisten endlich ein vollständig erfolgreiches Bestehen des Kapitels feiern. Mit einem weißen Charakterbildrahmen wird jener Erfolg grafisch dargestellt. In diesem Zusammenhang fiel mir auf, dass ich mit den anderen Personen immer "nur" einen hellgrünen Rahmen final erreicht hatte. Ergo ist mir bei den anderen vier Personen stets etwas durch die Lappen gegangen, respektive habe ich falsch agiert, um den Status "perfekt" (= weiß) zu erreichen.

Wie dem auch sei! Nun haben wir die wackeren fünf (Merke: bei Lisa waren es vier!) Freiheitskämpfer durch AMs wahnwitzige (Horror-)Welten geführt. Lisa müsste nun ebenfalls an diesem Wahlbildschirm angekommen sein. Jetzt dürfen wir mit einem der Protagonisten weiter in die technisierten Hirnwindungen des Supercomputers vorstoßen.
Das Ende von I have no Mouth, and I must Scream ist somit zum Greifen nah! Lisa, wie weit bist Du mittlerweile im Spiel vorgestoßen? Wie hat Ted Dich unterhalten?
Kommentar wurde am 25.03.2023, 17:48 von jan.hondafn2 editiert.
13.02.2023, 18:16 Lisa Duck (1860 
Nimdoks Mission

Ein für mich bisher ungewöhnliches Szenario in einem Adventure wird uns im vierten Kapitel präsentiert: es einen alternden Nazi-Arzt zu spielen. Er wird von unserem Super-Fiesling-Computer AM in ein Gefangenenlager verbannt, wo er medizinische Experimente an wehrlosen Menschen durchführen soll. Wie Jan bereits treffend notiert hat, erfährt er im Laufe der Episode mehr und mehr die Wahrheit über sich selbst und seine Schandtaten.
Nimdok war Wissenschaftler, der seine jüdischen Eltern dem Regime auslieferte und an der Entwicklung vergleichbarer Technologien beteiligt war, welche auch AM verwendet um das menschliche Leben zu verlängern und Körper zu deformieren. Dabei ging er nicht gerade zimperlich bei seinen Menschenversuchen vor.

Der Nazi-Horror-Doc wird von AM mit den Worten: "Nimdok, du bist ein Seelenverwandter für mich, auch wenn du das noch nicht ganz begreifst. Du musst es in deinem Blut und deiner Faser spüren. Ich habe mir eine Art Abenteuer ausgedacht, um dein schwindendes Gedächtnis wiederzubeleben. Ich möchte, dass du den verlorenen Stamm der Menschheit findest und deine herausragenden wissenschaftlichen Forschungen fortsetzt." in seine Reise in die Missetaten und Verantwortlichkeiten seiner Vergangenheit geschickt.

Leider konnte ich diese Episode des Abenteuers (durch die Zensur in der deutschen Version) nicht selbst spielen. Meine Eindrücke beziehen sich auf einen Video-Walkthrough. Aus diesem Grunde entfällt bei mir auch ein Kritikpunkt vom Jan: die Sackgassen, welcher er beschrieben hat. Das könnte ein Grund sein, dass ich diesen Abschnitt wahrscheinlich positiver als der Mitspieler wahrgenommen habe - da ich nicht selbst einige Male in solch eine sackige Gasse gefangen wurde.

Gleich zum Start wird mir auffällig, wie deutlich besser AM vom Schöpfer der Geschichte in der englischen Originalversion im Vergleich zur deutschen Synchronisation eingesprochen wurde. Man bekommt sofort mit dem ersten Satz ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. *ängstlich guck* Was mag unserem Antihelden wohl für eine perfide Umgebung und ein perfides Spielchen erwarten nach diesen einleitenden Sätzen? Es wird wohl definitiv kein rosafarbenes Wolken-Wohlfühlland sein!

Das Gefühl trog so was von ÜBERHAUPT NICHT. Wir starten inmitten eines Gefangenenlagers zur Zeit des zweiten Weltkriegs bei Nacht. Die Fahnen an den Baracken sorgen für gruselige Geschichtserinnerungen und zeigen zudem wer das Szenario schuf. Die Kinnlade runter fiel mir bereits beim ersten Gespräch mit einem Wachsoldaten, welcher uns mitteilt, dass wir in der Chirurgie erwartet werden. Und zwar von einer Person, welche namentlich identisch ist mit einem sehr gefürchteten Arzt und Kriegsverbrecher der damaligen Zeit.

Und es geht auch nicht gerade heiter weiter. Zwei Bildschirme später landen wir in einem OP-Saal und werden von unserem Assistenten aufgefordert einem achtjährigen Knaben, welcher bereits auf dem Seziertisch liegt, an der unteren Wirbelsäule rum zu schnippeln. Da rang ich kurz nach dem Odem des Lebens. Oder schnappte besser danach. Heftiger Tobak setzt das Spiel hier einem vor!

Der ehemals ohne Schuldgefühle agierende Nimdok hat an dieser Stelle nun also die erste Gelegenheit sein Mitgefühl zu zeigen. Anstatt am Jungen herum zu schnippeln und ihm durch die geplante OP zu verstümmeln - tötet er den zur OP-Hilfe bereitstehenden Chirurgen. Irgendwie eine seltsam komische Art sein Mitgefühl zu zeigen, oder bin ich da etwas aus der Zeit gefallen? Vielleicht gibt es aber auch alternative Lösungswege, welcher dieser Videodurchlauf nicht analysiert hat.

Aber es bleibt nicht nur bei dieser Szene. Auch der Raum, in dem die Opfer nach ihren chirurgischen Verstümmelungen halbtot aufgebahrt liegen, wirkt nicht mal 0,1% heimeliger. Es ist an dieser Stelle eine unglaublich unheilvolle Atmosphäre, welche einen ein flaues Gefühl in der Magengegend verleiht – aber dadurch auch eine perfide und wahrscheinlich von den Programmierern genauso gedachte Wirkung erzielt. Man ist angewidert, wird aber unglaublich in der Geschichte eingesogen. Man möchte als daran setzen möglichst schnellstens im Spiel voran und damit aus dieser Hölle heraus zu kommen. Ferner möchte man zudem mehr über die Hintergründe dieses "Arztes" und dessen grauselige Vergangenheit in Erfahrung bringen. An diesen Stellen ist diese Episode ist ein krasser Alptraum. Auch das Gespräch mit einem Opfer, welchem gerade die Augen entnommen wurden sorgt nicht für wohlige Wohlfühlmomente. Beklemmender habe ich selten ein Spiel erlebt. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Auch diesmal wird (durch die Dialoge) Stück für Stück die grausame Vergangenheit unseres spielbaren Anti-Helden erzählt. Das ist so spannend inszeniert. Gleichzeitig bietet diese Episode unglaublich viel Stoff zum Nachdenken. Über den Hintergrund dieser Episode, über den Kampf gegen AM - aber auch über viele Dinge im Allgemeinen, welche man grob mit Menschlichkeit umschreiben kann. Auch wenn diese Adventure bisher in allen Episoden kein behagliches Szenario bietet, so dreht es sich trotzdem sehr viel genau um diese Sache.

Was mir ebenso wie dem Jan aufgefallen ist: Nimdok ist der erste spielbare Charakter, welcher NICHT am Anfang der Geschichte ständig über Hunger oder Durst sich beklagend leidend meldet. Warum ist das so? Hat es einen Grund warum bei ihm auf diesen Umstand verzichtet wurde? Und wird es in der nächsten Episode mit Ted wieder wie bei den anderen drei Helden sein?

In diesem Teilabschnitt wird auch eine Verbindung zur übergeordneten Ausgangslage offenbar: die Ärzte im Gefangenenlager experimentierten mit Techniken und Möglichkeiten der Lebensverlängerung, die es AM ermöglichte, seine fünf über 109 Jahre gefangenen Menschen so zu verändern und zu deformieren um zu manipulieren und doch am Leben zu erhalten. Das erklärt eine vermeintliche Unlogik, dass Menschen – gerade unter Folter – so lange "durchhalten" konnten. In diesem Sinne liegt sogar auch eine große Ironie darin, dass Nimdok von einer Technologie gefoltert wird, welche er selbst mitentwickelt und geschaffen hat.

Wo Jan Item-Fehler beschreibt. Ein weiterer, solcher Fehler ist mir auch aufgefallen. Beim Verstecken der noch lebenden Augen von einem frisch operierten Opfer gelangen diese in eine Box, bleiben aber zusätzlich noch als eigenes Item im Inventar sichtbar. Man kann die Augen also nicht aus den Augen verlieren.

Insgesamt hat mich diese unheimliche und düstere Szenerie absolut und vollends abgeholt. Ein intensives Erlebnis, welches mir tief unter die Haut ging und ein großes Gedankenspiel in den Windungen meines Hirnapparates ausgelöst hat. Ich bin traurig, dass ich das alles nicht selbst spielerisch erleben und mir die Spielfortschritte selbst erarbeiten konnte. Aber ich Weichei habe ja die deutsche Spielversion gewählt!

Ich bin mehr als gespannt wie es mit Ted nun wieder "spielend" weitergeht und freue mich auf den weiteren inspirierenden Austausch diesbezüglich mit Dir Jan!
Kommentar wurde am 13.02.2023, 18:21 von Lisa Duck editiert.
07.02.2023, 19:01 jan.hondafn2 (2405 
Lisa Duck schrieb am 28.01.2023, 18:40:
[...]
Auch wenn es etwas philosophisch klingt – ist das nicht eine bereits in den 90er Jahren programmierte Dystopie auf welchen Weg sich die Menschheit befinden könnte? Beziehungsweise jetzt rund 30 Jahre später: bereits zu guten Teilen bereit entwickelt hat?


In der Tat, liebe Lisa! Gerade aktuell ist ja der sogenannte Chat GPT im Gespräch, der einem irgendwie schon Angst machen kann. Nun aber Schluss damit, sonst wird es zu politisch...


[...]
Vielleicht war gar nicht so viel von den Entwicklern gewollt und man spinnt sich selbst in sein Großhirn rein als eigenlich vorgesehen?


Doch doch! Das war von den Entwicklern -und insbesondere von Harlan Ellison- exakt so gewollt. Wie bei allen Science-Fiction Sachen ist auch immer eine Prise Warnung an die Menschheit, sprich an uns, mit dabei: "Übertreibt es nicht, sonst holt euch die (schlimme) Realität schneller ein, als euch lieb ist!" Meine Meinung!!
Genau dieser lehrende Fingerzeig wurde bis dato exzellent im Spiel umgesetzt. Schlichtweg jede Episode regt enorm zum Nachdenken an.

Nun aber zurück zu Nimdok.

Voraussehbare Geschichtsthematik

Schon vor Beginn dieses Kapitels war eigentlich klar, um was es thematisch gehen würde, wenn ein Wissenschaftler aus dem Dritten Reich als Protagonist fungiert.
Lediglich das "Wie?" war hier von allesentscheidender Bedeutung. Wie wurde also das heikle Thema im Hinblick auf den Plot ins Spiel integriert?
Gestartet wird jedenfalls in einem umzäunten und bewachten Komplex, welcher nicht nur durch das Nachtambiente äußerst düster wirkt. Sowohl Flaggen, Uniformen als auch die deutschen Akzente, lassen unmissverständlich die Parallelen zur Hitlerzeit aufkeimen (dies genügte wohl, um dieses Kapitel per "Rotstift" aus der deutschen Version vollständig zu entfernen).
Zum Ende dieses Spielabschnittes befindet man sich in einem Bunker. Hier kommen dann sogar mystische Stilmittel zum Einsatz (die hingegen aber nicht voraussehbar gewesen sind). Sowohl der Genozid an den Juden als auch Menschenexperimente reihen sich in das Leitmotiv der Handlung ein.

Unvorhergesehene Spielelemente und deren Deutung

Was mich gleich vom Start weg verwunderte: Nimdok ist der erste Charakter, der keinen Hunger verspürt. Fütterte ihn AM etwa? Oder war er durch seine Gräueltaten dermaßen "satt", dass ihn der AMsche Plagegeist nicht mit einem leeren Bauch in diese Prüfung schickte? Jedenfalls kann unser Doktor nichts Ess- bzw. Trinkbares zu sich nehmen. Alle Versuche werden mit genau dieser Aussage quittiert.
Ebenfalls ein wenig abstrus: Schon nach wenigen Spielminuten soll Nimdok in einer Art "Schauarena" einen Patienten näher "untersuchen". AM will sofort sehen, wie der Spieler mit dieser Stresssituation umgeht. Mehrere Handlungsmöglichkeiten werden bereits in dieser frühen Phase des Kapitels dem Spieler zur Verfügung gestellt.
Im Bunkerabschnitt wird der Spieß umgedreht. Nimdok wird nun zum Gejagten und hat ein (vermeintliches - zeitlich begrenztes) Ultimatum, um sich (lebend) aus der Affäre zu ziehen. Uns stehen auch in diesem Abschnitt mehrere Möglichkeiten zum Handeln zur Verfügung. Häufiges Speichern ist oberstes Gebot, da die vielfältigen Alternativen auch schnell in einer Sackgasse enden können (später dazu mehr).
Größter OHA-Moment für mich war die Entdeckung eines Golems. Mystisch-jüdische Aspekte wurden eingewoben, um die große Weisheit, aber auch Verletzlichkeit (ein Golem unterwirft sich seinem Meister) des Judentums zu portraitieren. Das Golem-Überraschungsmoment habe ich jedoch positiv aufgenommen, denn eine gewisse Faszination haben die letzten 5 Spielminuten dieses Kapitels geprägt. Geschickt wurde die Aufarbeitung menschlicher Sünden/Freveltaten in den Spielablauf implementiert. "Jemanden den Spiegel vorhalten" (Achtung: Tipp!) erhält in dem Zusammenhang metaphorisch eine äußerst prägnante Bedeutung.

Was fiel Besonders auf?

Gleich mehrere Sachen muss ich ansprechen. Numerisch schlüssele ich das Ganze mal wie folgt auf:

1. Größtes Manko gleich vorweg: Wie in keinem anderen Kapitel (Ted außen vor - da bis zum heutigen Tage noch nicht ge-/bespielt) schlägt einem eine große Trail&Error Gefahr entgegen, beispielsweise
- wenn man dem am Zaun hängenden Mann nicht mit der Zange freischneidet, so hat man die Möglichkeit auf das Wecken des Golems verwirkt
- im Bunker kann man mehrere Sachen aus dem Inventar via Bottich entsorgen...tut man dies mit dem Spiegel (ohne ihn vorher betrachtet zu haben+ihn mit Dr. Mengele zu benutzen), so kann man das Kapitel nicht mehr vollständig beenden
- vor Verlassen des Lagerkomplexes kann man die Kiste vergessen, wodurch man getrost auf die Augen des Golems pfeifen kann


2. Leider hat das Kind den gleichen Synchronsprecher erhalten, wie der Junge in Bennys Abschnitt.

3. Immerhin hat man die Möglichkeit (auch im Hinblick auf die Trial & Errors) das Kapitel im Bunkerabschnitt anderweitig zu beenden. Hier kann also eine Parallele zur Gorrister Geschichte gezogen werden, denn dort war ein alternatives Beenden des Kapitels ebenso möglich.

4. Mal wieder ein Item-Fehler (siehe auch Kapitel von Gorrister):
Nachdem man die Zange genommen hat, bleibt der Hotspot an dieser Stelle weiterhin aktiv. Eine erneute Aufnahme des Utensils wird dadurch (fälschlicherweise) gewährleistet.


Kurzresümee

Nimdoks Geschichte konnte mich leider nicht vollständig mitreißen. Dennoch! Der dargebotene Handlungsstrang lässt den Spieler nicht nur einmal Gänsehaut bekommen. Zumal unser Protagonist nicht mal mehr weiß, was er im Vorfeld alles verbrochen hat. Diese Konstellation hat Mitgefühl für Nimdok in mir ausgelöst. AM, dieser fiese Haufen von Elektroschaltkreisen, hat mal wieder "Hütchen" mit unseren Gefühlen gespielt.
Exakt dieses sogenannte "Hütchenspiel" (Du kannst nur verlieren, da Du an der Nase herumgeführt wirst) wurde perfekt inszeniert. Weder Nimdok, noch wir als Spieler, wissen genau, was als nächstes passiert. Wird gedanklich ein "Stein ins Rollen" gebracht und man denkt: "Aha...nun wird sicherlich das und das kommen/folgen..." Zack! Wird man von AMs perfidem Spiel eines Besseren belehrt.

Wieso, fragt Ihr Euch sicherlich jetzt, hat mich diese Kurzgeschichte nicht vollends gepackt? Zum Einen war es sicherlich die immense Vorfreude auf Nimdok, wodurch ich vermutlich mit zu viel Erwartungen ins Spielgeschehen eingestiegen bin. Zum Anderen wiegen natürlich die Sackgassenmomente schwer, die zwingend zum Neustart bzw. Laden eines älteren Spielstandes führen.

Bemerkenswert ist auf alle Fälle, dass Nimdok in seinem Kapitel Benny erwähnt. Wenn ich mich nicht täusche, so ist solch ein personeller Querverweis unter den letzten fünf Menschen bis dato einmalig. Auf alle Fälle wissen wir nun, dass AM sich mit Absicht (unterstelle ich jetzt einfach mal so) der Gräueltaten des Nationalsozialismus bedient hat, um Benny zum Krüppel zu machen.

Nun fehlt nur noch eine Person, die AMs "Prüfung" bestehen muss. Ted ist seine Name und er wird vom Handbuch wie folgt beschrieben:

"Ted ist ein zynischer Paranoiker. Sein Blick jagt unruhig umher, als rechnete er ständig mit einem Heckenschützen, der auf seinen ungeschützten Kopf zielt. Er ist derart unruhig, daß jemand, der in einen Ameisenhaufen getreten ist, gelassen neben ihm aussähe."
Kommentar wurde am 07.02.2023, 19:09 von jan.hondafn2 editiert.
28.01.2023, 18:40 Lisa Duck (1860 
Nachdem mein Frust über diese vermaledeiten Grabsteine verraucht ist (und ich Deine Zeilen Jan über diese Episode gelesen habe) möchte ich mit etwas Abstand sowie einigen erneut gespielten Passagen nochmal Bennys Geschichte Revue passieren lassen. Insgesamt gesehen freue ich mich, dass trotz der Widrigkeiten meines Spieldurchlaufs mein komplettes Hardware-Equipment noch vorhanden ist und nicht im Garten der Nachbarn liegt.

Grundsätzlich hat mir auch dieses Kapitel wieder sehr gefallen, wenn mich auch der Steinzeitlook nicht ganz so angesprochen hat. Ist halt nicht so meine Szenerie. Allerdings löste diese Geschichte bisher das größte "darüber nachdenken" gegenüber den ersten beiden Kapiteln bei mir aus.

Wie lebt es sich in einer Welt die nur frei zu seien scheint? Eigentlich ist jeder Tag im Ablauf den Menschen im Dorf irgendwie "Murmeltiertag". Es gibt kein woanders hingehen um sich weiterzuentwickeln zu können und keine Möglichkeit der Willkür der Oberaufsicht zu entkommen. Auch wenn es etwas philosophisch klingt – ist das nicht eine bereits in den 90er Jahren programmierte Dystopie auf welchen Weg sich die Menschheit befinden könnte? Beziehungsweise jetzt rund 30 Jahre später: bereits zu guten Teilen bereit entwickelt hat?

Das erinnert mich etwas an den Ansatz des Adventures: "The Moment of Silence". Hier gab es moderne Computer- und Überwachungstechnik, Drohneneinsatz sowie die Möglichkeit der vielfachen Kontrolle und Einschränkungen übergeordneter Instanzen. Mit einem Gesetz für ein Kodierverbot sollte alles an Korrespondenz der Welt einfacher überwachbar gemacht werden. Der Mensch lebt nur noch als Spielzeug in einer in engen Grenzen vorbestimmten Welt. Er ist nicht mehr der Herrscher, sondern lediglich ein Lebender zwischen eng gesteckten Gestaltungsgrenzen.

Egal ob ich gerade irgendwie alles überinterpretiere oder fehlinterpretiere - genau solche Spiele wie dieses mag ich, welche mich überhaupt und vor allem diesmal in so großen Maße anregen über das Erlebte nachzudenken. Man möchte das Geschehen verarbeiten und einstufen und so den Konsens der Geschichte besser beurteilen zu können. Man kann nach einem Spielabschnitt nicht einfach so abschalten oder schlafen gehen. Vielleicht war gar nicht so viel von den Entwicklern gewollt und man spinnt sich selbst in sein Großhirn rein als eigenlich vorgesehen? Aber wenn auch. Ist doch egal. Alles was zum Nachdenken, Überdenken oder Reflektieren anregt kann so schlecht nicht sein. Mich lässt das Spiel gedanklich seit dem Start nicht mehr los.

Es ist für mich eine hohe Form von Kunst, wenn man nicht nur "spielt" – sondern währenddessen und danach sich Gedanken über das Erlebte macht und dadurch mehr als nur kurzfristige Zerstreuung mitnimmt. Das Spiel ist bei und nach dem Spielen ein Denkanstoss für mich. Alle drei Episoden haben das bisher geschafft – und jeder mit einem etwas anderen Ansatz. Fehler oder Schwächen im Spieldesign hin oder her. Wer sich die Mühe macht Kompromisse bei der Technik einzugehen und bewusst zu spielen, dem kann das Spiel auf keinen Fall enttäuschen.

Nochmals etwas in Detail zum Spielgeschehen.

Habe ich Euch eigentlich schon mitgeteilt, dass das Wort "Lotteriebeutel" oder in der Janschen Ausdrucksweise "Lotteriesack" für mich jetzt bereits das Unwort dieses Jahres ist? Kurioserweise ist mir das Teil im Spiel nicht abhandengekommen – aber das war ja nicht wirklich eine Besserung im Gameplay im Vergleich zum werten Mitstreiter. Fakt ist, dass dieses Ding in dieser Episode besonders ist und man als Spieler aus diesem Grund besonders oft speichern oder einfach nur Gustav Gans heißen sollte, um dieses Stellen locker und am besten auch flockig zu durchspielen.

Wenn man bedenkt (habe gerade einfach mal gezählt, dass diese Episode lediglich zehn Bildschirme mit sehr wenig Interaktionsmöglichkeiten hat) wie wenig Spielfläche es gibt, so läuft man sich trotzdem genau in dieser Szenerie und Ausgangsweise mehr als die Hacken wund. Was ja den Eindruck verstärkt sich aussichtlos und gefangen in der Szenerie zu fühlen. Ich mag vom Grundsatz einen linearen Spielablauf (da ich immer alles genießen und nie was verpassen möchte) – aber so linear wie hier, dass alles in einer von Programmierern mystisch hinterlegten Reihenfolge zu passieren hat, gefällt mir dann doch nicht gar so.

Bleibt noch die Frage von Dir Jan: Am Ende der Episode reicht der Junge Benny aus Dankbarkeit seine Puppe. Dabei wächst Benny ein dritter Arm (dies fiel mir eben erst beim nochmaligen Betrachten des Longplays auf!). Nun ist er, wie der Junge auch, ein "verkrüppelter Dreiarm". Wie deutest Du diesen überraschenden Moment am Ende des Kapitels?

Hier die Szene, welche Jan thematisiert…

Das kann man sicherlich in einige Richtungen interpretieren. Ich würde es für ein Zeichen dafür halten, dass Benny durch seine gezeigte Fürsorge und Solidarität zu dem Jungen stärker mit ihm verbunden worden ist. Er nimmt seinen Platz ein und erhält dafür seine Puppe. So verändert sich sein Wesen positiv, was durch die körperliche Veränderung als Gemeinsamkeit mit dem Kinde symbolisiert worden sein könnte.

Vorausschau:
Freue mich nun ebenso auf das Kapitel mit Nimdok, welches ich ja mit der deutschen Version spieltechnisch zensorisch leider verpasse. Werde aber auch diesen Haudegen des Spiels mittels Longplay auf einer bekannten Videoplattform - wörtlich genommen - "im Auge" behalten!

Ich hoffe für Dich Jan, dass die nicht vergrabene Frucht am Grabe in dieser Benny Episode Dich nicht in Kürze fruchtteufwelswild werden lässt! Nicht das es heißt: Kollege hondafn2 hat eine Frucht nicht vergraben und wird deshalb nicht die Früchte seiner spielenden Arbeit am Ende der Geschichte ernten können! *schon mich arg um Dich sorg*

Aber was rede ich... Die Früchte ernten wir doch jetzt schon bereits. Mit jedem Spielabschnitt und das gemeinsame Nachdenken und Rekapitulieren darüber an dieser Stelle...
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