Wetten? Das kennen wir alle: Jeder einzelne von uns könnte mal eben ein dutzend Spiele nennen, die man irgendwann in seiner "Zocker-Karriere" angespielt hat...nur um sie dann nach kurzer Zeit wieder fallen zu lassen, wie eine heiße Kartoffel. Die ersten paar Stunden - vielleicht auch nur Minuten - sind die allerwichtigsten in einem Spiel. Sie entscheiden (bewusst oder unbewusst) darüber, ob man am Ball bleibt. Für einen exorbitant bleibenden Ersteindruck würden die meisten Gamedesigner wahrscheinlich ihre Oma verkaufen.
Die Erkenntnis müsste für sie, berufsbedingt, der absolute Albtraum sein:
schlafen dem Spieler die erste halbe Stunde die Füsse dermaßen ein, dass man das digitale Etwas wieder vollkommen vergisst, nachdem der Computer (oder die Konsole) ausgeschaltet wurde: fucking fail. Ausrufezeichen. Und das bitte als T-Shirt die nächsten 2,3 Tage tragen! *frechgrins*
Da kann man sich als Spieler noch so sehr vorgenommen haben, das Dingen demnächst weiter zu spielen. Bei einem kruden Fehlstart bleibt es meistens bei einer halbherzigen Beteuerung. Mit fast soviel Gewicht wie am Sylvesterabend zu sagen "Ja, schluss mit dem Rauchen - ab Mitternacht!"
Vor 2 Jahren hatte ich dieses Phänomen bei
Eye of the Beholder III.
http://postimage.org/image/6ndmrtwnl/ Das mich dazu nötigte, die ersten 20 Minuten gelangweilt durch den Wald zu marschieren. Abgespeichert. Gedacht "Na, Morgen mal gucken, wie`s weiter geht." - und 3 Monate später stolpere ich via DosBox über EOB 3...und den seitdem nicht mehr angerührten Spielstand.
Und das ist auch der Status Quo. Diese Ignoranz ist kaum zu glauben, wenn man die beiden Vorgänger so sehr mochte. In "Terminator III" bin ich nach 10 Minuten ja nicht auch schon aus dem Kino "gegähnt", nur weil`s mir bis dahin nicht sooo gefallen hat. Spieler sind gnadenlos! Je weiter sie im Alter voranschreiten,desto schwieriger wird es, dass das Spiel die Aufmerksamkeit (und somit VIEL Zeit) beanspruchen darf.
Oder:
Lufia, auf dem Gameboy Advance. Beginnt - wie fast jedes Japan-RPG - mit langweiligem standart. Charakter sieht sich der typischen 08/15-Heimatstadt konfrontiert, wo die Einwohner SO viel und doch so wenig sagen, Charakter will Held werden, Charakter
geht zum hiesigen König und will sich einer Prüfung unterziehen - eine Lizenz zum Abenteuern beantragen *hüstel?*, Charakter wird in den Dungeon unterhalb der Burg geschickt. Dort wartet dann ein mäßiges Kampfsystem darauf, es auf mäßige Gegnerformationen anzuwenden. Während man extrem mäßige Schiebe- und Puzzlerätsel
löst. Und mal echt mäßige Belohnungen bekommt.
http://postimage.org/image/90rw7n1hz/150f8cba/Auf halber Strecke bin ich fast tod umgefallen vor Langeweile.
Und die vor mich hingemurmelte Hoffnung a la "Naja, könnte ja noch interessant werden..." ist im Nichts verpufft. Denn schon kurze Zeit später kam ein anderes Spiel um die Ecke, dass mich von anfang an mehr packen konnte als "Lufia". Wiederschüss, langweiliger Kram!
Tja, selbst schuld.
Ein Spiel DARF durchaus Längen und langweilige Passagen haben...aber nur zu einem Zeitpunkt, wo es meine Aufmerksamkeit bereits gewonnen hat. Eine halbe Stunde Leerlauf sind durchaus zu verkraften, wenn mich die ersten paar Stunden sehr unterhalten haben.
Nun ist der Satz "Die ersten paar Stunden" ja sehr relativ. Bei einem Shooter - oder Action-Spiel im allgemeinen - weiß ich im Grunde schon nach wenigen Minuten, ob`s mir gefällt. Auch beim klassischen "Jump `n` Run" brauche ich sicher keine Stunde, um mir (aus völlig subjektiver Sichtweise) klar zu machen, ob mir das Spiel taugt.
Bei einem Rollenspiel - oder ein vergleichbares komplexes Genre - indes muss man schon etwas mehr Zeit investieren, um sich da einen Ersteindruck zu verschaffen. Und dieser Ersteindruck muss begleitet werden mit genügend "Ahhh`s" und "Ohhh`s", damit es sich an mich binden kann.
Lunar 2 - Eternal Blue - schafft das. Und zwar mit einfachsten Mitteln.
Es haut die ersten Minuten erst mal ordentlich mit Stil auf die Kacke. Indem es ein ellenlanges Intro abspielt, dessen Anime-Zeichnungen sich vor keinem TV-Programm verstecken muss.
http://postimage.org/image/dm0hpd8kn/ Wenn es sich bei der erwachten Göttin, oder was auch immer der Charakter sein soll, nicht um ein androgynes Wesen handeln würde, könnte man sogar von nackter Haut sprechen. Zwar gibt es keine richtigen Boobs zu sehen - aber was stört das schon die geschätzten 90-95 % der (männlichen) Zocker.
Anschließend wird der Hauptcharakter in`s Spiel eingeführt, der sich nach einem geglückten Diamantenraub auf der Flucht befindet.
http://postimage.org/image/rj3ojhfc5/ Harrison Ford lässt schön grüßen. Erst nachdem man sich das alles angeschaut und -gehört hat, darf man aktiv in`s Spiel eingreifen - und auf dem Rückweg
nach Hause ein paar Monster zur Strecke bringen. Bevor sich hier Monotonie breit macht, lernt man via Zwischensequenz noch einen weiteren Charakter kennen. Und nach einer halben bis Dreiviertelstunde geht die Hauptstory dann erst richtig los. Sobald man wieder trautes Heim unter den Füssen hat, dass sich der Hauptcharakter mit seinem Großvater teilt.
Mensch, alles geglückt. Wenn nur jedes Spiel so starten würde...! Man bekommt genug gelungene Storybrocken hingeworfen, so das man wissen möchte, wie es weiter geht. Und auf dem Rückweg lernt man dann auch noch das Kampfsystem kennen; das ein wenig an das Rundengeplänkel aus "Grandia" erinnert (gleicher Hersteller). Dort spielt ja ebenfalls die Entfernung zum Gegner eine wichtige Rolle für die Nahkämpfer .
http://postimage.org/image/msxptrgfl/Bei einem "Hau Drauf!" muss halt immer eine gewisse Distanz zum Gegner überbrückt werden ... wobei es nie sicher ist, dass derjenige es in dieser Runde auch schafft. Das birgt so einige taktische Spielereiern. Besonders dann, wenn jemand darunter ist, der dringend Deckung suchen muss - oder von einem anderen Nahkämpfer aktive Deckung braucht, weil er doch zu arg von anderen Viechern bedrängt wird. Wer außerdem schon die Sega Mega CD Fassung gespielt hat, merkt spätestens an dieser Stelle die kleinen (aber doch feinen) Unterschiede, mit denen die Playstation-Version punkten kann. Klar, sämtliche Videos sind um einiges länger und protziger - und die Qualität der Musik und Soundeffekte bekamen auch noch mal eine ganze Schippe oben drauf. Aber: geschenkt.
Bei 3 CD`s (Playstation) gegenüber dem einen einzigen Datenträges des MCD war das zu erwarten. Viel wichtiger sind die spielerischen Verfeinerungen. Z.B. gibt es keine Zufallskämpfe mehr. Schon zu Beginn des Abenteuers muss man sich damit herum plagen - während die Gegner der PSX-Fassung jederzeit sichtbar sind und die Kämpfe somit locker umgangen werden können.
http://postimage.org/image/xddivc8qh/Wie wichtig so eine Kleinigkeit ist, weiß man natürlich erst, wenn man sich mal in bester Final Fantasy-Manier alle 2 Schritte einen erneuten Kampfbildschirm antun musste. Am Besten noch mit völlig minderwertigen Gegnern, die man sowieso hätte laufen lassen.
Gekrönt von einer 5-10 Sekündigen Eröffnungsanimation, bevor dieser (ungewollte) Kampf überhaupt erst mal los geht. AARGGGGGGGGGGGHHHH!
Eine Änderung scheint es noch bezüglich der Erfahrungspunkte zu geben. Wenn ich mich richtig erinnere, konnte man jene nämlich frei auf die Spezialangriffe der Party verteilen. So wurden sie (nach eigenem Gusto) immer besser. Scheinbar geschieht das jetzt vollautomatisch. Und auch der tierische Begleiter, namens Ruby, kann in der Sega-Version Items verwalten. Ebenfalls gestrichen? Oder wird dieses Feature erst später im Spiel involviert? Ich weiß es bisher einfach noch nicht, da ich erst 2 Stunden im Spiel bin.
Nach gut 2 Stunden hat man dann auch das erste mal eine kurze Reise mit dem Schiff hinter sich, um die erste Stadt zu erreichen.
http://postimage.org/image/71iq7u38l/ Wobei ich hier Storymäßig nicht zuviel spoilern möchte, in diesem Log; es geht halt wieder mal um die Rettung der Welt. Lunar II schafft hier den gekonnten Spagat, dass man zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht genau weiß, wer Freund noch Feind ist.
Und alles mit einem seichten Schleier bedeckt, der zu Mutmaßungen hinreißen lässt.
Oder...womöglich ist beides in einer Person wiederzufinden - Gut und Böse. Triviale Schwarz-Weiß-Malerei praktiziert es nicht.
Naja, mehr vom Spiel, den Highlights, den (hoffentlich nicht existierenden) spielerischen Tiefpunkten und dem ganzen drumherum dann die Tage mal, wenn ich wieder Zeit zum tippen finde.