Kultboy Forum
Off-Topic => Politik, Wissenschaft & Gesellschaft => Thema gestartet von: paranoid android am 17.04.2008, 22:50
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Ist mir schon öfter beim Fernsehen aufgefallen:
Bei den Namens-Einblendungen in Reportagen, Talkrunden,
Nachrichten und so weiter, sehe ich verhäuft vorkommend,
wie z.B. unter dem Namen eines Durchschnitts-Hartz-IV-
Empfängers die Randbemerkung "Arbeit suchend" prangt.
Ich meine, was soll das, beim Griffel des Konrad Duden
nochmal?! Soll DAS unsere "neue deutsche Rechtschreibung"
sein?!
Wie steht Ihr zu diesem Hirnwichs politischen Irrsinns?
Ach ja, noch etwas:
Betrifft die neue deutsche Rechtschreibung eigentlich auch
die Österreicher?
Und:
Schreiben die deutschsprachigen Schweizer (mit dazuge-
hörigem Dialekt) eigentlich auch so, wie sie sprechen?
Gut's Nächtle!
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Für die, die auf'm Schlauch stehen:
Es hieß in der Vergangenheit immer "arbeitssuchend"! :rolleyes:
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Na ja, ich finde die neue Rechtschreibung ja auch ziemlich übel, aber ob jetzt arbeitssuchend oder Arbeit suchen ist mir dann doch ziemlich egal. Da gibts viel schlimmere Beispiele was das für ein Mist ist...
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Österreich hat wieder was anderes, ist ja schließlich noch ein eigenes Land. ;)
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Ich betrauere v. a. den Verlust des Wortes "Schneifel", welches neuerdings "Schneeeifel" geschrieben wird. Mann, dat war viel lustiger früher. :(
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Nur mal so am Rande bemerkt: Dies ist das Ergebnis des Dudens zu "arbeitssuchend":
1. ar|beits|su|chend <Adj.>: eine Arbeit, Stellung, [berufliche] Beschäftigung suchend: -e Männer und Frauen.
Zu "Arbeit suchend" gibt es kein Ergebnis. Also, lieber paranoid, liegen die von Dir beklagten Fernsehsender ganz einfach daneben... :angst:
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Schreiben die deutschsprachigen Schweizer (mit dazuge-
hörigem Dialekt) eigentlich auch so, wie sie sprechen?
Nein. Dialekt ist keine richtige geschriebene Sprache. Es gibt übrigens auch nicht "den" schweizerischen Dialekt. Ich kann - mit Ausnahme der französisch oder italienisch sprechenden Kantone - den Dialekt von jedem Kanton unterscheiden. Witzig ist, dass in unserem Dialekt das Präteritum und der Plusquamperfekt fehlen. Gewisse Wörter verwenden wir anders. Auch die Grammatik mag für Norddeutsche z.T. ein wenig ungewohnt oder "falsch" wirken, falls wir Schweizer Schriftdeutsch verwenden.
Ich habe, wenn mir jemand Dialekt schreibt, Schwierigkeiten, das Geschriebene zu verstehen. Leute, die so ab 1985 geboren sind, schreiben eher in Dialekt, obschon es schwer verständlich ist.
Das auffälligste ist bei uns das Fehlen des "ß". Darum schreibe ich hier im Forum auch nie mit "ß". Ich würd's gerne lernen, aber irgendwie will sich mir die Regel nie richtig einprägen. ;)
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Ja, das schöne "ß". Auch interessant, wo's herkommt. Äh, "herkchommt", meine ich. ;)
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Äh, "herkchommt", meine ich. ;)
Wenn ich in Deutschland so spreche, werde ich in Restaurants etc. besser bedient. B)
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:lachen: :oben:
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Wieso lachst du?
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Weil das wie so ne witzige Masche klingt, um sich besseren Service zu erschleichen, während die Angesprochenen das nicht durchschauen.
Hatte ich als Zivi aber auch drauf - wenn ich irgendwelche Alten betreut hab, hab ich schnell gemerkt, daß ich besser Rheinisch reden sollte, wenn ich nett behandelt werden will. Hochdeutsch fanden die oft hochnäsig, weil sie's selbst nicht konnten.
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Witzig ist, dass in unserem Dialekt das Präteritum und der Plusquamperfekt fehlen.
Wovon redet der? :conf: ;)
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Weil das wie so ne witzige Masche klingt, um sich besseren Service zu erschleichen, während die Angesprochenen das nicht durchschauen.
Ja gut, ich kann auch kein perfektes Hochdeutsch. Bei mir fragen alle - auch wenn ich mir allerhöchste Mühe gebe - nach, ob ich aus Zürich komme. Ich hab's schon lange aufgegeben, mich im Hochdeutschen anzubiedern. Aber natürlich versuche ich trotzdem hochdeutsch zu sprechen, damit man mich wenigstens versteht.
@Lemmy
Du kannst den Satz "Gestern regnete es." in keinen Schweizer Dialekt übersetzen. Daraus wird immer "Es hat gestern geregnet." Was dann genau gemeint ist, ergibt sich nur aus dem Kontext.
Auch die Konstruktion "Nachdem ich das Auto geputzt hatte, fing es zu regnen an." geht nicht. Das wird dann analog wie der Satz im vorherigen Abschnitt übersetzt. Man fügt einfach noch eine geeignete temporale Präposition hinzu. Für alle Vergangenheitsaussagen verwendet man im Schweizerdeutsch das Perfekt.
Ich weiss auch nicht, warum es diese grammatikalischen Konstruktionen nicht gibt. Schweizerdeutsch und Hochdeutsch ist zwar praktisch das gleiche, aber irgendwie doch ziemlich verschieden. Irgendwie ist es lustig, dass man im Schweizerdeutsch - mit Ausnahme des Perfekts - keine Vergangenheitsform verwenden kann. Die Wörter gibt's einfach nicht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Perfekt
http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4teritum
http://de.wikipedia.org/wiki/Plusquamperfekt
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Ich find's immer komisch, daß es im Deutschen kein Gerundium gibt, daß es "ich bin am schreiben" also nur in der gesprochenen Praxis und nicht in der Theorie gibt.
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Was meinst Du mit gesprochener Praxis statt Theorie? Kannst Du das etwas eingehender erläutern?
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Naja, alle (zumindest im Rheinland) sagen "ich bin gerade am einkaufen", "ich bin gerade am telefonieren" etc. Das ist das, was dem Gerundium (z. B. Engl.: "i'm reading" oder Span.: "estoy leyendo") am nächsten kommt. Nur gibt's da eben im Deutschen einfach keine genaue Entsprechung für. "Ich bin am lesen" ist schlechter Stil und steht in keiner deutschen Grammatik, außerdem braucht man das Hilfswörtchen "am" dazu, während andere Sprachen kein Hilfswort für's Gerundium brauchen.
Edit: Ich glaube gerade, "Gerundium" ist die falsche Bezeichnung, soll Pearson mal kommen und mich berichtigen. ;)
Das Gerundium sieht zwar im Englischen offenbar genauso aus, wie diese "-ing"-Form da oben ("i'm reading"), ist aber ein Substantiv ("Reading is fun").
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Wieso? Die Engländer benutzen doch auch "am". Dein Beispiel gibt's doch vor: I am reading. :D
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Sehr gut, Pearson, sehr gut. :tomato:
Guck mal mein Edit da oben, wie is'n dat jetzt?
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"Ich bin am lesen" ist schlechter Stil und steht in keiner deutschen Grammatik, außerdem braucht man das Hilfswörtchen "am" dazu, während andere Sprachen kein Hilfswort für's Gerundium brauchen.
Oha... dann streiche ich solche Konstruktionen aus meinem Repertoire. (Ich bin mir allerdings sehr sicher, dass solche Konstruktionen sogar in der Neuen Zürcher Zeitung recht häufig zu finden sind.)
Wie würdet Ihr denn stilvolles Schreiben trainieren?
@Pearson
:P :lol:
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Ach, umgangssprachlich ist das doch egal, da rede ich auch wie ich will. Nur halt nicht, wenn ich nen Roman schreiben will.
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Was Du meinst heißt "gerund". Das ist eine Verbform, die durch ein -ing ergänzt wird. Es steht nach bestimmten Substantiven, Verben, Adjektiven und anstelle von Nebensätzen. Das gerund ist eine Besonderheit der englischen Sprache. "Mary takes great interest in learning languages." "I prefer spending my holidays at home rather than travelling abroad."
Das ist also eher nicht die von Dir zitierte Verlaufsform. :)
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Ah, genau, "Verlaufsform" war's. Hab auch keinen Schimmer, wie die Spanier ihre Verlaufsform nennen.
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Witzig ist, dass in unserem Dialekt das Präteritum und der Plusquamperfekt fehlen.
Alles in Ordnung, solange nicht der Konjunktiv II Präsens fehlt.
Der Konjunktiv II Präsens ist der beste aller Modi!! :lehrer:
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:ks: