Die Nachricht von Ulis Tod habe ich erst kürzlich erhalten und sie hat mich ziemlich umgehauen. Wir waren ziemlich beste Freunde während der Oberstufenzeit und ich hatte nach meinen Berechnungen Anfang der 90er Jahre auch für einige Monate die redaktionelle Betreuung des "Secret Service" von Uli übrnommen, bis ich Ende 1991 mit meinem Studium anfing.
Leider wurde das redaktionell in der ASM nicht kenntlich gemacht, was mich im nachinein ein wenig enttäuscht, weil es nicht ganz den journalistischen Standards entspricht.
Da ich wissen wollte, was Uli in der Zwischenzeit so alles gemacht hatte, began ich mit einer kleinen Recherche, dioe mich dann allerdings ein zweites Mal schockierte: Ich wusste von Uli selbst, dass er 2008 in die DomRep auswanderte, um als "Verwalter einer kleinen Siedlung von Ausgewanderten" zu arbeiten. Meine Recherchen ergaben dann zu meiner Bestürzung, dass diese "Siedlung" zu einer sehr obskuren esoterischen Sekte namens "Academy dor Future Health" rund um den Sektenanführer Peter Brunck, einen Immobilienunternehmer und Titelschwindler, gehörte. Weitere Recherchen ergaben, dass Uli dort nicht nur verwalterisch tätig war, sondern dem Präsidium dieser Sekte als Sekretär angehörte. Damit war er sogar Teil des inner circle dieser Sekte, die sich irgendwann nach 2012 wohl auflöste, weil es eine Schißerei zwischen Sektenangehörigen und der Polizeit gab und Brunck für ein Jahr in Untersuchungshaft landete. Auf dem Gelände der eingezäunten Siedlung fand man dann sogar Kriegswaffen, die sich die Sekte illegal einschmuggeln ließ, um gegen das bevorstehende "Weltende" am 21.12.2012 gerüstet zu sein - dem Tag, an dem der Maya-Kalender auslief. Anlässlich eines Abi-Jubiläums traf ich Uli dann 2018 in Eschwege wieder, der als Grund für seine Rückkehr aus der Karibik nur angab, dass es Stress mit der Polizei und einen Streit unter den Siedlungsbewohnern gegeben habe, der ihn zur Aufgabe seines Amtes führte. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er dann in einem Ort in der Nähe von Hamburg, wo er nach seinen Angaben als Übersetzer für Deutsch, Englisch, Fränzösisch tätig gewesen ist. Ich bot ihm 2018 an, dass wir ja mal die Adressen austauschen könnten, um weiterhin im Kontakt bleiben zu können. Er antwortete nur: "Ja, das könnten wir" und reagierte dann nicht weiter, was mich damals sehr verärgerte und heute sehr betrübt.
Uli war schon während der Schulzeit ein ziemlicher Eigenbrödler und hatte immer auch mal wieder Phasen, in denen er sehr arrogant und überheblich sein konnte. Er hatte auch nicht immr viel Empathie für seine Mitmenschen. Da er andererseits durchaus kritisch denken konnte und intelligent war, kann ich mir seinen mehrjährigen Absturz in die esoterische Sektiererei nur damit erklären, dass ihn sein wirtschaftlicher Erfolg - zuletzt mit dem Studio Mühl in Hamburg, das Computerspiele ins Deutsche lokalisierte - nicht wirklich glücklich machte und ihn seine vergebliche Sinnsuche irgendwann in die Fänge einer Weltuntergangssekte garaten ließ, die übrigens auch Verschwörungstheorien über 68 Arten von Außerirdischen auf der Erde im Gepäck hatte.
Es macht mich im Nachhinein sehr traurig, dass er offenbar nicht genug echte Freunde hatte, die ihm bei der positiven Sinnsuche behilflich waren und ihn vor der jahrelangen Hörigkeit gegenüber einem betrügerischen Hochstapler und Scharlatan bewahren konnten. Mein Kontakt zu ihm war dafür nicht mehr stark genug und er hatte ihn irgendwann auch selbst gekappt. Ich erinnere mich aber noch gern an die gemeinsamen Aktivitäten in der Oberstufenzeit und darüber hinaus, etwa die gemeinsame Entdeckung der Monty Pythons (Knick Knack, Sie wissen schon, Sie wissen schon. . .), das Chillen in der Kasseler Therme, die gemeinsamen Diskobesuche oder an den ersten Trip nach Großbritannien und Irland mit dem illegalen Notfall-Camping am Giant's Causeway in Nordirland, weil wir nicht auf dem Schirm hatten, dass es nach unserer Ankunft dort keinen Zug mehr gab, der am Abend auch wieder nach Belfast zurück fuhr.
Mögest du nun den Seelenfrieden gefunden haben, lieber Uli, der dir im Leben vielleicht versagt blieb.
Kommentar wurde am 09.10.2022, 19:49 von Pistol Pete editiert.