Hach ja! Das junge Gesindel von Heute kennt dann wahrscheinlich nicht mal "Spass am Dienstag" oder das Ferienprogramm. Haben niiiiee den wahren "Wunschfilm der Woche" gesehen und mit Papa gezittert, dass endlich mal wieder "Bud Spencer und Terence Hill" gezeigt werden. Kennen nicht den üblen Begleitpfeifton beim Testbild und haben niemals nen "braunen Bären" verschlungen. Wahrscheinlich haben sie nie ihre zehn Pfennigstücke zum Kaugummiapparaten an der Ecke geschleppt und sind nicht mit der Angst vor dem atomaren Grauen im Nacken Groß geworden. Keine Ahnung haben sie, wie es aussieht, wenn (ältere) Zeitgenossen zivilen Ungehorsam predigen und sich gegen die Staatsmacht auflehnen. Sie wissen nichts von Lebensmittelpaketen der Schulklassen, die freudig erregt nach Polen geschickt wurden um den armen Menschen im Sozialismus zu helfen. Vermutlich haben sie keinen Opa, der ihnen kalte Winterabende bei Bratapfel und Kakao versüsste und wildeste Kriegsgeschichten erzählt hat um einem eine leise Ahnung zu hinterlassen, wie es damals in einem "anderen" Deutschland war. Sie kennen keine freundlichen türkischen Mitbürger mehr mit grossartigen Schnäuzern und himmelblauen Flannellanzügen die stolz ihren klapprigen Ford Taunus durch die Gegend kutschierten. Sie wissen nicht wie Städte aussehen, in denen es weder nen Mc Donalds noch nen Subway noch nen Burgerking oder Dönerladen gibt. Ich befürchte auch, dass die heute achtzehnjährigen niemals ein so unbeschreibliches Gefühl haben werden wie ich damals, als die Mauer aufging. So etwas habe ich nie wieder erlebt und ich bezweifle, dass es so etwas Schönes, was ein gemeinschaftliches Erleben und Fühlen angeht, jemals wieder erleben werde. Keiner hat live gesehen, wie Andreas Brehme mit seinem verdammt männlichen Elfmeter die Gauchos 1990 in Stücke geschossen hat. Niemand von ihnen hatte je das Glück einen Kalle Rummenigge oder einen Toni Schumacher zu erleben. Auffm Platz. Schnaufend, fightend. Von Rubiks wissen sie nix. Den Zauberwürfel kennen sie höchsten aus gezwungenen Revivalaktionen und wie es sich wirklich anfühlt ein nagelneues Spiel für den 64er zu besitzen, es einzuführen in die zarte Klappe der Floppy und die Zeilen "Load"*",8,1 zu tippen werden sie nie erfahren. Sie sind schon verseucht. Sie sind behaftet vom Schmutz des Neuen und können nicht künstlich herangeführt werden. Leider.
Grosstädte, die nicht an jeder Ecke voll mit Müll und Gesockse sind werden sie auch nicht sehen. Bahnhöfe, die man verlässt um nicht gleich nem Junkie oder einer marodierenden Truppe angesoffener Schläger (leicht überspitzt, natürlich) über den Weg zu laufen, findest Du maximal noch auf dem Land. Schade.
Sie werden nie den überbordenden Neid erleben, den ich hatte, als die Nachbarschaft aufrüstete um Kabelfernsehen zu bekommen und wir nix vom Fortschritt mitbekamen (im Nachhinein sehr gut so, bin ich wirklich dankbar).
Sie werden nie wissen, wie es ist, mit "Schnee" im Bild und in schwarz-weiss mit fünf Kumpels heimlich auf RTL "Eis am Stiel" zu sehen und sie haben gar keine Ahnung wie "HubbaBubba-Pfefferminz" schmeckt. Vom "Maoam-Pfefferminz" möchte ich gar nicht erst anfangen, das war Göttlich.
Nachrichten ohne Terroristen aus dem Ausland. Wir hatten damals noch Eigene. Die RAF, deren Fahndungsplakate man an jedem Postamt oder Bahnhof fand. Nachrichten ohne Kinderschänder oder die Nachricht (hysterisch aufgemacht) das in China ein Sack Reis umgefallen ist.
Sie haben nie ein "Gleichgewicht der Mächte" im "Kalten Krieg" erlebt und Helmut Schmidt nur als kauzigen sich dem Rauchverbot widersetzenden Talkgast erlebt.
Von Helmut Kohl kennen sie nur seinen schlechten Ruf wissen aber nicht, wie es ist, unter "Birne" zu leben. Keiner kennt den Stolz eines früh pubertierenden, wenn er das erste Mal in einen richtigen Jeansladen geht und seine erste, sagenumwobene Levis 501 bekommt.
Die armen Herzchen wissen nicht mal wie es ist, sich mit dreizehn nicht Flatrate zu besaufen, sondern Samstags fein von 20 bis 22 Uhr in der Tanzschule Cola zu trinken, die Mädels schüchtern zu betrachten um dann von Papa abgeholt zu werden.
Auch haben sie kaum noch ein Strassenbild erlebt, geprägt von Käfern oder Mantas.
Sie kennen es nicht, dass man eine Woche lang warten musste um die nächste Folge von Colt Seavers zu sehen und Regionalprogramme zwischen 18.00 und 19.30 Uhr machen ihnen wohl nur Fragezeichen.
Wie es aussieht ein Raumschiff explodieren zu sehen oder Notmassnahmen in der Schule zu üben, nachdem Chernobyl hochgegangen ist, wird hoffentlich niemand erleben, genausowenig wie zugeschneite Einfahrten und nen Bus, der nur zweimal am Tag verkehrt.
Ich erinnere mich daran, dass alle Schulkameraden, auch dann als wir etwas Älter waren, Butterbrote hatten und man schon neidisch auf Vereinzelte blickte, die zusätzlich noch Geld bekommen hatten um sich ne Cola beim Hausmeister zu holen.
Cowboys und Indianer spielt wohl auch keiner mehr. Niemand will mehr Old Shatterhand sein oder sich an alten Western gütlich tun. Die einzig wahren Actionlieferanten der damaligen Zeit.
Keiner sieht mit Begeisterung einen Belmondo oder Celentano. Louis de Funes. Heute sind Freunde dieser Genre "Freaks". Damals hat man mit einem Film von den Jungs an einem Freitagabend ganze Dörfer oder Städte lahmgelegt. Alle haben die Sachen geschaut. Man saß gemeinsam mit der Familie da und hat sich an "La Boum" erfreut. Auch wenn ich das als Knirps nicht gerafft habe, wir haben es gemeinsam gesehen.
Heute haben die früh individualisierten Bürschlein alle schon mit sechs ihren eigenen Fernseher im Kinderzimmer und man lebt aneinander vorbei.
Fußball hat man auf Asche gespielt. Manchmal auf nem holprigen Rasen. Nix Kunstrasen oder so ein weibischer Kram.
Ich könnte immer weitermachen. Mir fehlt soviel, obwohl ich soviel habe. Seltsam, oder?