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Wirtschaftsformen: Vor-/Nachteile, Konsequenzen durch (ausbleibende) Regulierung

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forenuser:
(Eigenmächtiger) Übertrag aus dem Fred Corona, die Quarantäne und wie wir die Welt sehen! (Seite 27), da die folgenden Beiträge vom ursprünglichen Thema abschweiften.



--- Zitat von: Retrofrank am 23.04.2020, 01:49 ---Die Probleme im Gesundheitssystem sind viel älter als Spahn.
Spahn führt erste Verbesserungen in einem seit Jahrzehnten verkorksten System ein.
Willst du mir erzählen, dass deine ein Themen (Migration ist Scheiße) Partei das besser machen würde ?
Ich lach mir nen Ast.
Natürlich bin ich mit den Bedingungen nicht zufrieden, aber trotzdem misstraue ich Leuten, die einfach nur große Reden schwingen und komplex Probleme mit einfachen Schuldzuweisungen angehen.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: mark208 am 23.04.2020, 09:31 ---
--- Zitat von: Retrofrank am 22.04.2020, 12:13 ---Nachlässigkeit der Politik war im Fall des Gesundheitssystems mangelnde Regulierung. Krankenhäuser und die, die dahinter stehen durften viel zu lange selbst entscheiden wo sie investieren und wo sie sparen und gespart wurde dann immer am Personal an der Basis.Mit den Personaluntergrenzen werden jetzt erst viel zu zaghafte Schritte in die richtige Richtung gemacht.So etwas wichtiges wie Gesundheit hätte man niemals so weit der Gier des freien Marktes überlassen dürfen, wie man das getan hat. Ich hoffe auch, dass man aus der jetzigen Situation Lehren ziehen wird, bin aber skeptisch.

--- Ende Zitat ---

Es ist schon in dem Moment kein freier Markt mehr, wenn die Preise festgelegt werden. Das ist doch grad der Punkt, ich kann als Mercedes sagen, sieh her, ich biete mehr, bezahlen meine Arbeiter gut und deshalb musst du bei mir mehr zahlen als bei VW oder Opel. Im Gesundheitssystem wird aber der preis festgelegt, was dann zu den von dir beschriebenen Verwerfungen führt. Es ist eben nicht die Gier des freien Marktes, es war die Gier des Staates, der die Krankenversicherungsbeiträge stabil halten wollte. Das geht dann so weit, dass in der Regel ohne die höheren Zahlungen der Privatpatienten oder Zusatzversicherungen die kalkulation nicht mehr funktioniert.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: forenuser am 23.04.2020, 10:16 ---Nur ganz kurz, aldiweil es hat mit dem Fred nichts zu tun, aber IMHO gibt es Bereiche in denen der freie Markt nichts zu suchen hat, und wären u A. Bildung und Medizin. Verbesserungspotenzial gibt es immer. Aber was der freie Markt in der Medizin anrichtet sieht man in den USA.

Bzgl. des Freds warte ich ja noch immer auf die spannenden Verbesserungsvorschläge des Vertreters deutscher, heterosexueller und nicht muslimischer Interessen.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: mark208 am 23.04.2020, 10:25 ---Wo es denn Menschen insgesamt immer noch besser gehen dürfte als in vielen anderen Ländern. Der freie Markt hat überall was zu suchen, in manchen Bereichen sind halt maßvolle Eingriffe vorzunehmen, das ist halt soziale Marktwirtschaft. Aber in Ländern ohne freien Markt ist in der Regel so eine Pandemie schlimmer.

Worauf du reinfällst ist die ewige Propaganda, dass der Staat irgendetwas besser könnte als der Markt selbst. Planwirtschaft ist meist ineffektiv und schafft Effekte an den Befürfnissen der Menschen vorbei.

Glaubst du ernsthaft, dass es ein Zufall ist, dass genau dort, wo wir am unzufriedensten mit der Marktsituation sind, in der Regel die meisten Markteingriffe vorgenommen wurden?

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: Adept am 23.04.2020, 10:56 ---
--- Zitat von: mark208 am 23.04.2020, 10:25 ---Glaubst du ernsthaft, dass es ein Zufall ist, dass genau dort, wo wir am unzufriedensten mit der Marktsituation sind, in der Regel die meisten Markteingriffe vorgenommen wurden?

--- Ende Zitat ---

Im Vergleich zu was? Beziehungsweise: welche Märkte könnte man denn direkt miteinander vergleichen? Meine Vermutung ist, dass es bei so etwas wie dem Gesundheitswesen einfach keinen Mittelweg gibt. Man KANN quasi nur über- oder unterreglementieren...

Der Staat kann dann grundsätzlich dann etwas besser, wenn eine Kostenrechnung weniger zählt als die Aufgabe, die es zu lösen gibt. Kurz: jeweiter man den Kosten/Nutzen-Rechner Richtung "Nutzen" verschieben kann oder ideologisch mag, desto besser sieht der Staat aus.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: mark208 am 23.04.2020, 11:54 ---Und genau diesen Nachweis bleibt er schuldig, das was er dann angeblich besser macht, geht auf Kosten von anderen Dingen.

Kleines Beispiel aus meiner Studentenzeit, wenn man Anfang der 80er jahre einen Telefonanschluss beantragt hatte, musste man als Privatperson zwischen 3 Monaten und 1 Jahr auf den Anschluss warten. 3 Monate auch nur, wenn man bereit war, eine aufgegebene Nummer zu übernehmen. Klar lief das sonst alles super und das Fernmeldeamt machte dicken Reibach mit dem dann die Post finanzirt wurde.

Aber wer heute immer von der alten Bundespost schwärmt, vergisst einfach, dass man um den Anschluss regelrecht betteln musste.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: Adept am 23.04.2020, 12:16 ---Richtig.
Andererseits gab es in den 80ern beispielsweise eine wirklich anständige Post-Operative Nachsorge, und das stationär. Da waren die Krankenhäuser noch Ländersache, hatten mehr Personal pro Patienten, und man wurde quasi nicht 6 Stunden nach einer Vollnarkose-OP in ein Taxi gesetzt, damit man nach Hause fahren kann...

Tante Edith ihrer Schwester fällt zum Thema Telefon noch der Einwurf ein...als das Telefon neu beziehungsweise quasi für jedermann verfügbar gemacht wurde (also erstmalig...), meinst, dass die Privatwirtschaft das auch hinbekommen hätte? Völlig unironische Frage, mich interessiert da echt Deine Meinung.

--- Ende Zitat ---




--- Zitat von: mark208 am 23.04.2020, 12:38 ---Das sind aber eben die Auswüchse, weil die Krankenkasse die Nachsorge eben nciht zahlen möchten, sondern eben von den niedergelassenen Ärzten erledigen wollen, weil deren Kosten unabhängig von der Leistung bezahlt werden. Weiß gar nicht ob das heute noch so ist, zu meiner Zeit als ich noch bei der Krankenkasse gearbeitet habe, kriegten die Ärzte in einem Abrechnungsgebiet eine Festsumme je Versicherten überwiesen. Dann wurde geschaut, wieviele Leistungen die Ärzte erbracht haben und die GEsamtpunktzahl in Verhältnis zur Überweisung gebracht und ein Punktwert ermittelt.

Das mit dem Krankenhaus lief halt anders, da wurde früher eine Tagespauschale gezahlt, was die Kliniken anreizte die Aufenthalte oft unnötig in die Länge zu ziehen. Was du beschreibst ist jetzt die Konsequenz der Fallpauschalen, was dazu fürht, dass man die patienten jetzt schneller loswerden möchte.

Wie du siehst, alles Effekte durch den Eingriff in den freien Markt und eben nicht Ausbund des Kapitalismus.

Mit der Privatwirtschaft kam doch erst überhaupt die Verfügbarkeit für jedermann, das war auch ein harter Prozess, die Telekom hat sich da über Jahre schwer getan, es gab ganze Comedysendungen über die Fehlleistungen.

Ich bin ja auch kein Fantast, so zu tun, als würde sich immer alles von selbst regeln ist ja auch blauäugig. Aber noch hat keine staatliche Regulierung den Nachweis geführt, dass sie zu dauerhaft besseren Ergebnissen führt als der Markt. Die haben das ja nicht aus Gemeinheit geändert mit den Krankenhäusern sondern weil es nicht mehr zu bezahlen war.

Auch bei Corona sieht man ja wieder die Staatsgläubigkeit, jeder der auch mal weiter als von 12 bis mittag denkt, wird sofort beschuldigt für das kapital über Leichen gehen zu wollen. Hier sehe ich ein Grundproblem in unserer Gesellschaft, das man gerne Marktteilnehmer nicht mehr als solche sieht sondern in Engel und Teufel einteilt und mit dieser Einteilung dann auch falsche Regularien schafft.

Schön auch grad wieder zu sehen, dass man den Arbeitnehmern die Jobagentur durch Erhöhung anderer leistugnen ersparen möchte, während man für viele Selbständige nur ein müdes Lächeln übrig hat. Kollege von mir hat Kneipe mit kaum Speisenumsatz, der könnte grad heulen über die tollen Ideen, die nur anderen nützen aber nicht ihm.

--- Ende Zitat ---



Adept:
@mark208 zu bezahlen war das Gesundheitssystem immer. Die Frage ist, wo man Prioritäten setzt. Wenn man meint (und das meine ich wertungsfrei...), Steuersubventionen für Banken, die Pharma oder die Automobilindustrie sind wichtiger, dann mag das ja so sein. Man soll aber bitte nicht so radikal tun und behaupten, es wäre nicht zu bezahlen.

forenuser:
Für mich wäre hier interesant zu wissen, wie den "freier Markt" definiert ist?

Ich denke, dass ein freier Markt dem "Manchesterkapitalismus" nahe oder gleichkommt. Ich würde das nicht wollen.
Also darf/muss/soll man in den Markt eingreifen, und wenn ja, wie?

Die Vertreter des "freien Marktes" beklagen wohl gerne einschränkende Regeln, wünschen sich, dass der Staat* sich raushält. Gleichzeitig haben wenige dieser Vertreter keine Scheu, nach eben diesem Staat zu rufen, wen sich der (freie) Markt nicht in ihrem Interesse bewegt, wollen also z.B. Subventionen.


*Da kommt nun die Frage auf, wer eigentlich dieser Typ namens Staat ist?

Adept:

--- Zitat von: forenuser am 23.04.2020, 13:01 ---


*Da kommt nun die Frage auf, wer eigentlich dieser Typ namens Staat ist?

--- Ende Zitat ---
Exakt da ist des Pudels Kern, ja :)

mark208:
Da beschreibst du gut ein Problem, es ist eben meist der Staat der Verluste sozialisiert, weil er Angst vor der Pleite von großen Unternehmen hat, Stichwort to big to fail.

Aber das ist eben schon nicht mehr Markt, das ist Staat. Ältere erinnern sich noch an Schröder und Koch bei Philip Holzmann wo sie sich feiern liessen für die Versenkung von Steuermilliarden für den großen, während man die kleinen Subunternehmer über die Klinge springen ließ und wenige Zeit später war Philip Holzmann dann auch weg vom Fenster.

Soziale Marktwirtschaft ist ein freier Markt mit wenigen Eingrifen und einer Rahmenordnung die freien und gleichen Wettbewerb ermöglichen soll, Stichwort Kartellgesetze oder auch Verbraucherschutz. Aber eben maßvoll, auch Verbrauher können Arschlöcher sein, man kann da den Schutz durchaus übertreiben.

Auch hier mal nur ein harmloses Beispiel, die sinnvolle Regelung im Versandhandel, dass man vom Kauf nach Erhalt der Ware zurücktreten kann, also eine spezielle Regelung eines Kaufes auf Probe, hat ja dann auch das Aufkommen von Amazon und Zalando und co. ermöglicht, weil irgendwann den Leuten aufging, dass das für sie einfacher und mit mehr Rechten verbunden ist. WEnn ich bei Klauser meine Schuhe hole, bin ich auf Kulanz angewiesen, wenn ich zu Hause feststellen, dass sie mir doch nicht gefallen.

Man muss nicht alles toll finden, mir macht nur diese staatsgläugibkeit angst, denn eins steht für mich fest, der Staat macht es eigentlich nie besser sondern meist verheerend schlechter.

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