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Das Interview wurde am 6.10.2006 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Carsten Borgmeier   Alter: 05.08.1969 (37 Jahre)
Karriere: Inhaber von Editorial Services, einem Redaktionsbüro, das Verlage und Sender mit Artikeln über Games versorgte. Gegründet neben der Schule mit 16 Jahren. Zu den Kunden gehörten: ASM, Happy Computer, Video Games, Schneider Magazin, CPC International, Run, 64er, Amiga Magazin, Kickstart, Atari Journal, Atari Magazin, Smash, Bestseller Games, Bestseller Games Gold, Bestseller Games Special, Amiga Joker, PC Joker, Megablast, Highscore, Games Illu, Chip, PC Shopping, Computer Reseller News, Insider, PC Professionell, aber auch ZDF (X-Base), Kabel 1 (Kult), Viva TV (Was geht ab?), Vox (Click), Penthouse, Playboy, Max, Neue Revue und viele mehr...

Neben Veröffentlichungen in Zeitschriften und im TV gab es über 100 Spielelösungsbücher für Sybex, den NBG Verlag und More Software sowie Carsten Borgmeier Spielelösungs-CD Rom (bei AK Tronic) und eine 0190er Hotline (Pearl Agency), bei der es Spieletips 24 Stunden rund um die Uhr über ein Call Center gab.

Aus Editorial Services wurde im Laufe der Jahre die Borgmeier Media Gruppe (www.agentur-borgmeier.de), eine Unternehmensgruppe, die sich um viele Facetten des Mediengeschäfts kümmert und an die 150 Mitarbeiter beschäftigt: Borgmeier Publishing verlegt Bücher aber auch Medien wie "Delmenhorster Zeitung", die Stadtmagazine "Deldorado" (www.deldorado.de), Oldenburg Live (www.oldenburglive.de), Bremborium (www.bemborium.de), das Fachmagazin für die Kommunikationsbranche "Marketing Director", das wöchentliche Branchenmagazin über die Computer- und Videospielindustrie "Insider" (www.insider-borgmeier.de). Ebenfalls zur Unternehmensgruppe gehört Borgmeier Public Relations. Dabei handelt es sich um eine PR-Agentur, die unter anderem auch für zahlreiche Firmen aus der Games Industrie arbeitet. "Alte Hasen/Junge Haie GMBH" macht klassische Werbung und Nonstopnews (www.nonstopnews.de) ist eine TV Nachrichtenagentur, die täglich Nachrichten an N24, RTL, Sat1, ZDF und ARD verkauft.


?: Fangen wir mal von ganz vorne an: Wie hat deine Karriere begonnen als Redakteur?
cb: Angefangen hat alles mit der ASM aus dem Tronic Verlag. Die habe ich im zarten Alter von 16 Jahren eines Tages am Kiosk entdeckt. Ich war ein leidenschaftlicher Atari VCS Zocker und hatte einen C64 mit Datasette. Als ich mir mein damaliges Lieblingsmagazin, die englische "Computer & Video Games" am Kiosk kaufen wollte, habe ich Manfred Kleimanns "Aktueller Softwaremarkt" in die Finger bekommen und mich auf eine Anzeige gemeldet, in der freie Mitarbeiter gesucht wurden. Ich schrieb auf einer geliehenen Schreibmaschine einen Probetext, plötzlich rief Bernd Zimmermann an und erklärte feierlich, ich hätte Ahnung von Spielen und schreiben könne ich auch ganz hübsch. Also wolle er mich jetzt als freien Mitarbeiter verpflichten. Ich war Feuer und Flamme. Schulaufgaben gerieten völlig in den Hintergrund, ich testete und schrieb wie ein Verrückter. Tag und Nacht. Schließlich bot ich meine Dienste zusätzlich "Happy Computer" an, schrieb den 20 seitigen Spieleteil von "Run", besorgte mir alle anderen Computersysteme wie Amstrad CPC, Atari ST, Amiga und PC und war mit meinem mittlerweile gar nicht mehr so kleinem Redaktionsbüro auch für die Zeitschriften Amstrad CPC, Atari Magazin, ST Magazin, Atari Journal, Kickstart, Amiga Welt, Video Games und Smash tätig. Später auch noch für Amiga Joker, PC Joker, Megablast, Insider, PC Highscore, Games Illu, Bestseller Games, Chip, PC Professionel, PC Shoppping. Darüber hinaus produzierte ich Spielekritiken fürs Fernsehen wie Viva TV, Bravo TV, konzipierte "X-Base" fürs ZDF, schrieb fleißig Lösungsbücher, belieferte Tageszeitungen und Illustrierte und hatte eine Menge Spaß. Als ich schon ziemlich gut im Geschäft war, hörte ich, dass ein Michael Labiner aus München ein reines Amiga Spielemagazin plante. Den sollte ich mal anrufen. War ein nettes Gespräch. Michael meinte, ich soll mal vorbeikommen. Und ehe wir uns versahen, hatte ich ihn auf der Kundenliste meines Redaktionsbüros.
?: Wie hast Du Michael Labiner in Erinnerung? War er ein strenger Chef oder war alles mehr familiär?
cb: Michael Labiner war für mich vieles: Kunde, strenger Chef, cooler Kollege, Spielefreak, Journalist, Verleger, Enthusiast. Er konnte an manchen Tagen der knallharte Geschäftsmann sein, an anderen wieder der nette Michael von Nebenan. Die Atmosphäre im Verlag war sehr familiär und "Mike" immer ein guter Boss.
Vieles, was ich heute übers Verlagsgeschäft weiß, habe ich von ihm gelernt. Einiges von dem, was ich erreicht habe, verdanke ich der Joker-Zeit und Michael Labiner.
?: Folgende Ausgaben wurden damals beschlagnahmt: Amiga Joker 6/7 1995, Multi Media Joker 5/6 1995, PC Joker 4 1995, PC Joker 5/6 1995, PC Joker 7/8 1995. Wie hast Du das miterlebt? Findest Du aus heutiger Sicht, dass es lächerlich war, die Hefte zu beschlagnahmen? Schließlich muss es doch für den Verlag ein herber Verlust gewesen sein, trotz der Klage, die man gewonnen hat.
cb: Ich kann mich da nicht mehr so genau daran erinnern, ist schließlich schon 11 Jahre her. Nur so viel: Wenn mich nicht alles täuscht, hatten wir eine Anzeige eines Versandhändlers veröffentlicht, in der unter vielen Angeboten auch ein "indizierter" bzw. jugendgefährdeter Titel aufgelistet war. Eigentlich nicht wirklich unsere Schuld, sondern die des Anzeigenkunden. Als Verlag hätten wir diesen indizierten Titel in der Auflistung der Angebote aber erkennen müssen und die Versandhandelsanzeige so nicht veröffentlichen dürfen. Was ich davon halte? Ich finde die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben, andererseits war das ein Fehler unsererseits, der nicht hätte passieren dürfen.
?: Das Megablast Magazin sollte wohl damals die Alternative zum Amiga/PC Joker sein. Warum, glaubst Du, floppte es damals?
cb: Megablast erschien nur zweimonatlich als Sonderheft. Die Frequenz war meiner Ansicht nach nicht häufig genug. Wir hätten von Anfang eine monatliche Erscheinungsweise einführen müssen.
Hinzu kommt noch, dass wir meiner Auffassung nach Computerspielefreaks waren, aber zu dem Zeitpunkt keine Experten in Sachen Videospiele. Auch wenn wir alle erdenklichen Systeme NES, Mega Drive, Master System, PC Engine usw. hatten, kannten wir uns einfach besser mit Amiga und PC Spielen aus. Megablast entstand nebenbei. Neben der normalen Arbeit für die anderen Hefte. Vielleicht haben das die Leser gemerkt?
?: Wie hast Du den Untergang des Amiga Jokers erlebt? Wie war die Stimmung damals?
cb: Es kam für uns alle nicht besonders überraschend. Ein schleichender Tod. Denn es gab immer weniger Neuerscheinungen für den Amiga. Coole neue Games kamen zuerst für PC und die Konsolen heraus. Der Amiga wurde immer unattraktiver für die User und damit auch für Anzeigenkunden. Die Industrie unterstützte irgendwann den Amiga kaum noch, die Verkaufszahlen des Heftes und die Anzeigenumsätze gingen in den Keller, so dass Michael das Mag einstellte. Eine richtige Entscheidung! Aber schmerzhaft. Als Michael seinen Entschluss der Belegschaft mitteilte, war ich nicht im Verlag, sondern in meinem Büro in Delmenhorst. Auch wenn klar war, dass dies eines Tages passieren würde, war ich sehr traurig und betroffen. Ich hing sehr am Amiga Joker. Auch wenn es genug zu tun gab - PC Joker erschien mittlerweile schließlich auch monatlich, kam ich mir vor als wenn man mir jemand mein Baby aus dem Kinderwagen geklaut hätte.
?: Wie konntest Du nur soviel Arbeit bewältigen? In der ersten Hälfte der 90er Jahre schien ja praktisch jede fünfte Spieletest und jedes vierte Buch zum Thema aus Deiner Feder zu stammen. Ist Borgmeier ein Synonym für eine Armee von Schreiberlingen oder magst Du einfach keine Freizeit?
cb: Das war meine Freizeit. Ich habe anfangs Tests neben der Schule geschrieben. Da waren die Games noch mein Hobby. Nach dem Abi habe ich dann dieses Hobby zum Beruf gemacht.
Ich hatte immer riesigen Spaß und es nie als Arbeit empfunden. Eine Sache darf man nicht vergessen. Ich habe in meinem Büro gearbeitet, nicht in einer großen Redaktion, wo es viele Ablenkungen gab. So konnte ich immer sehr konzentriert arbeiten. Ich hatte während meiner Schulzeit schon eine Sekretärin, die mir alle Verwaltungsaufgaben abnahm, so dass ich mich vollständig aufs Testen konzentrieren konnte. Für meine Bücher habe ich in der Tat andere Autoren beschäftigt, die mir beim Durchspielen von Spielen halfen und Lösungen ausarbeiteten.
?: Du warst ja nicht nur beim Joker Verlag freier Redakteur, wo hast Du noch gearbeitet? Vor allem aber, warum warst Du nie ein fester Redakteur? Gab es dafür Gründe?
cb: Ich habe mit meinem Redaktionsbüro eine Vielzahl an Kunden bedient:
ASM, Happy Computer, Video Games, Schneider Magazin, CPC International, Run, 64er, Amiga Magazin, Kickstart, Atari Journal, Atari Magazin, Smash, Bestseller Games, Bestseller Games Gold, Bestseller Games Special, Amiga Joker, PC Joker, Megablast, Highscore, Games Illu, Chip, PC Shopping, Computer Reseller News, Insider, PC Professionell, aber auch ZDF (X-Base), Kabel 1 (Kult), Viva TV (Was geht ab?), Vox (Click), Penthouse, Playboy, Max, Neue Revue und viele mehr.
Neben Veröffentlichungen in Zeitschriften und im TV gab es über 100 Spielelösungsbücher für Sybex, den NBG Verlag und More Software sowie Carsten Borgmeier Spielelösungs CD Rom (bei AK Tronic) und eine 0190er Hotline (Pearl Agency), bei der es meine Spieletipps 24 Stunden rund um die Uhr über ein Call Center gab.
Ich hatte eine ganze Menge zu tun. Trotzdem habe ich immer mal wieder überlegt, als Redakteur irgendwo fest anzufangen. Ich hatte einige Angebote. Unter anderem von Michael Labiner. Aber ich wollte lieber frei sein, außerdem habe ich mit meinem Redaktionsbüro deutlich mehr verdient als bei einer Festanstellung.
?: Wie viel verdiente man als freier Mitarbeiter?
cb: Ganz unterschiedlich. Manche bekamen hundert Mark, andere hatten mit 20 Jahren eine Penthousewohnung und ihren ersten Ferrari.
?: Was ist mit den getesteten Spielen passiert, die Du bekommen hast? Konntest Du diese behalten?
cb: Da ich mit meinem Redaktionsbüro auf allen Presseverteilern stand, kamen jeden Tag frische Spiele ins Haus. Per Post, DHL, UPS, Federal Express - aus aller Welt. Die habe ich nach dem Test alle behalten und übrigens bis heute aufgehoben. Es sind einige Tausend Exemplare.
?: Wie viel Prozent von Deiner Arbeitszeit hast Du gespielt und wie viel geschrieben?
cb: Aufgrund der riesigen Textmengen war ich natürlich sehr in Übung. Habe nie lange für Texte gebraucht. Ich würde sagen 98% der Zeit spielst Du, der Rest ist Schreibzeit.
?: Wie genau kann man sich den Tag eines freien Redakteurs vorstellen? Rief der Joker Verlag jeden Tag an und fragte, ob Du Zeit hast, ein paar Spiele zu testen? Oder wie lief das ab?
cb: Morgens gegen sieben klingelte der Wecker. Kurzes Frühstück. Dann ab ins Büro an den Computer. Daddeln, schreiben, recherchieren, Anrufe aus der Redaktion entgegennehmen: "Wo bleibt der Turrican Text?" Hast Du den Hülsbeck erreicht? Was macht der denn so? Hast Du Lust, Jungle Boy zu testen? Zwischendurch habe ich immer mal wieder Hersteller besucht, Interviews mit Programmierern geführt, bin zu Messen geflogen und manchmal habe ich auch bei Michael einige Tage in der Redaktion gehockt. Ein schönes Leben! Wenn ich Spiele testen wollte, rief ich "Mike" an und er teilte mir die Spiele zu, die er von mir rezensiert haben wollte. Dann hat er immer angerufen, ob ich denn auch pünktlich fertig werde. Mit Michael habe ich mehrmals am Tag telefoniert. Manchmal mehr als mit meinen Eltern.
?: Wie lange wurde ein Spiel normalerweise getestet (insbesondere Rollenspiele?) Benutzte man da auch öfters Cheats, um schneller fertig zu werden?
cb: Also, Rollenspieletests werdet Ihr von mir nicht allzu viele finden. Ich habe nämlich Rollenspiele abgrundtief gehasst. Aber wenn ich ein Rollenspiel testen musste, dann habe ich mich natürlich sämtlicher Cheats bedient. Häufig kamen die direkt von den Programmierern.
Die Testzeit war von Spiel zu Spiel sehr verschieden. Für Games wie "Jungle Boy" haben zwei Stunden gereicht, ein cooles Fußballspiel vielleicht vier Stunden, Adventures und Rollenspiele manchmal zwei bis drei Tage.
?: Habt ihr auch die Konkurrenzmagazine gelesen und deren Testberichte mit euren verglichen?
cb: Na, klar. Bei manchen Spielen waren sich alle Redaktionen einig. Bei einigen gingen die Meinungen stark auseinander. Spannend! Ich habe Games Reviews immer als subjektive Sache empfunden. Interessant fand ich immer wie Kollegen von der Konkurrenz manche Spiele beurteilten. Oft konnte ich deren Meinungen nachvollziehen, oft auch nicht.
?: Hast Du noch Kontakt zu alten Redaktions-Kollegen?
cb: Ja, Waltraut Schmidt aus dem Joker Lektorat arbeitet seit vielen Jahren bei Borgmeier Media. Richard Löwenstein sehe ich eigentlich auf jeder Messe, Anatol Locker von der Power Play lief mir auf der Games Convention über den Weg, Steffen ist bei Koch Media. Auf der Games Convention sieht man eigentlich alle, die noch in der Branche tätig sind.
?: An welche Tests kannst Du dich noch gut erinnern, und welches Spiel hat dich damals am meisten geärgert? Welches war dein Favorit?
cb: Gut erinnern kann ich mich noch an Giana Sisters auf dem Amiga. Da hat doch der Armin Gessert Super Mario extrem gut nachgemacht. Ich glaube für Nintendo zu gut. Am meisten geärgert, haben mich solche Spiele wie Jungle Boy. Das war für einen Tester eine totale Tortur. Denn eigentlich hasst Du dieses Ding aber die Redaktion zwingt Dich, das Teil zu testen und eigentlich willst Du schon die Diskette nach zwei Minuten an Daisy verfüttern.
Eine echte Qual. Mein Favorit? Vielleicht International Soccer auf dem C64 und Monkey Island. Aber es gab einen ganzen Haufen Games, die ich geliebt habe.
?: Welches System war damals Dein Liebling, und welche besitzt Du heute noch? Benutzt du diese noch? Wenn ja, wie oft.
cb: Am liebsten habe ich auf dem C64 gespielt und natürlich auf dem Amiga,. Ich hatte aber auch einen PC, Atari ST, Amstrad CPC, Mega Drive, Master System, Game Gear, Atari Lynx, Game Boy, Nes, Super Nintendo, PC Engine und wie hieß diese Ding von Commodore? Genau CD32 oder so ähnlich.
Habe ich übrigens noch alles in Kartons verpackt. Mottenfrei. Ich benutze die Dinger aber nicht mehr. Wenn ich zocke, dann auf dem PC, Playstation 2 oder PSP, am allermeisten aber auf der X Box. Ich bin ein großer Fan von Fifa Soccer. Ich spiele nur gelegentlich, lange nicht mehr so viel wie früher aber dafür umso entspannter. Ich brauche mir keine Notizen mehr zu machen, sondern spiele einfach aus Spaß an der Freude. Sehr angenehm.
?: Was hältst Du von Emulatoren? Spielst Du ab und zu mit einem Emulator?
cb: Ich finde Emulatoren kultig. Meine Frau Doris hat einen auf ihrem Notebook installiert. Ab und zu spiele ich dann auch damit. Vielleicht installiere ich mir auch einen auf meinen Rechner und komme wieder auf den Geschmack?
?: Wie beurteilst Du den derzeitigen Zeitschriften und Spielemarkt? Wie denkst Du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute?
cb: Beides ist überhaupt nicht mit früher zu vergleichen. Die Zeitschriften sind heutzutage viel professioneller und zielen auf den Massenmarkt, während wir eine sehr klar definierte Zielgruppe angesprochen haben. Die Auflagen sind daher sehr viel höher als früher, andererseits haben die jetzigen Verlage meiner Ansicht nach versäumt, diese kultige Leserbindung aufzubauen, die der Joker und die Power Play hatte. Es gibt überhaupt keine kultigen Redakteure mehr wie einen Boris Schneider oder einen Heini Lenhardt. Wenn ich mir überlege, dass wir mit ganz bescheidenen Mitteln immerhin einen Amiga Joker gemacht haben, der auch über 100.000 Auflage erreichte und Gamestar gerade mal um die 300.000 Auflage hat, fand ich unsere Erfolge ganz bemerkenswert.
Aber unsere Magazine sahen im Vergleich zu den heutigen wie bessere Schülermagazine aus. Das muss man ganz realistisch sehen. Wir waren früher enthusiastische Spielefreaks, die ein Magazin gemacht haben. Sogar unser Verleger Michael Labiner war ein Freak. Heute interessieren sich Verleger gar nicht für Spiele, machen dafür aber professionellere Hefte. Auch bei der Industrie hat sich einiges verändert. Das Verhältnis untereinander war viel freundschaftlicher. Business was fun. Du hast mit enthusiastischen Spielefreaks gefachsimpelt, heute schwafelt Dich ein BWL-Absolvent mit Fachausdrücken voll, die er selbst gar nicht versteht.
Aufgrund der Tatsache, dass heutzutage unglaublich viel Geld im Spiel ist, hat sich die ganze Branche professionalisiert. Und das ist auch gut so. Trotzdem denke ich an früher gerne zurück. Eine wunderbare Zeit...
?: Was müsste geschehen, damit die heutigen Spiele auch wieder "kultig" werden können?
cb: Die Industrie sollte einfach mal wieder ein paar Spinner und Designer in einen Raum setzen und die mal einfach machen lassen. Ihnen Zeit geben, was Cooles zu entwickeln. Mein Eindruck ist, dass sich Neuentwicklungen immer auf die Bedürfnisse des Marktes konzentrieren. Gibt es eine Welle mit Echtzeitstrategiespielen wie Command & Conquer, versuchen alle an den Erfolg anzuknüpfen. Aus kaufmännischer Sicht völlig richtig. Aber Kreativität verkümmert auf diese Weise...
?: Bist Du retro?
cb: Ich fürchte nicht. Auch wenn ich mir das "Namco Museum" oder die "Tecmo Arcade Classics" für die X Box mal angesehen habe, spiele ich lieber die aktuellen Spiele. Ich muss aber zugeben, dass ich ohne "kultboy" gar nicht den Gedankenanstoß bekommen hätte, mich damit wieder zu beschäftigen.
?: Wie denkst Du über Retro-Fanatiker wie uns? Ist das cool oder haben wir doch nur alle 'nen Schuß?
cb: Ich glaube, Ihr seid cool und habt gleichzeitig auch einen gehörigen Schuss. Nee, Spaß beiseite. Ich wusste gar nicht, dass es eine solche Retrobewegung überhaupt gibt und dass man als ehemaliger Spieleredakteur noch so viele Fans hat. Michael und ich waren immer überrascht, wenn bei Messen Leute an den Stand kamen und Autogramme wollten. Für einen pickligen Siebzehnjährigen wie mich, war das schon ein komisches Gefühl. Einerseits freut Dich das, andererseits wunderst Du Dich auch.
Dass ihr nach so vielen Jahren immer noch Spaß daran habt, kann ich gut verstehen. Es war genau wie bei mir ein Teil Eurer Jugend. Ein wunderschöner Teil. Behaltet ihn in guter Erinnerung.
?: Danke für das Interview Carsten, ich wünsche dir noch viel Erfolg in deinen weiteren Leben.


Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Carsten Borgmeier,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (24)Seiten: «  1 [2] 
06.10.2006, 21:17 ChiliPalmer (130 
Yo, Jungle Boy muß ihn zielich geschockt haben.
Schönes Interview!
06.10.2006, 19:03 Greg Bradley (2567 
Ich lese übrigens ein ganz deutliches JUNGLE BOY-Trauma heraus.
Wenn Du Dich mal jemandem anvertrauen möchtest, Borgi, wir sind hier!!
06.10.2006, 16:59 Lari-Fari (1848 
Exzellentes Interview! Gut so.
06.10.2006, 14:13 Greg Bradley (2567 
Ich hatte während meiner Schulzeit schon eine Sekretärin, die mir alle Verwaltungsaufgaben abnahm, so dass ich mich vollständig aufs Testen konzentrieren konnte.

Hä? Also ich hatte in dem Alter keine Sekretärin. Dafür war ich jeden Tag besoffen, schmuggelte mich in Videotheken, um Pornofilme auszuleihen und wurde randalierenderweise von der Polizei aufgegriffen (hm, eigentlich habe ich mich jetzt, zehn Jahre später, kein Stück verändert... ).
Komisch, eigentlich müsste ich den Borgi hassen, weil ich Sozialneider Karrieristen eigentlich zutiefst verabscheue, aber ihn finde ich cool.
Einer der produktivsten Schreiberlinge mit einem Stil, der extrem locker und eingängig war. Ein Borgmeier-Text las sich nie anstrengend, was aber nicht heißt, dass er oberflächlich war.

Das Interview ist toll - sehr ausführlich und interessant. Seine Einschätzung des heutigen Spielemarktes teile ich voll und ganz.

Ein weiterer Höhepunkt auf kultboy.com.
Kommentar wurde am 06.10.2006, 19:01 von Greg Bradley editiert.
06.10.2006, 13:22 MadDibby (201 
Ein super Interview!
Sehr viele interessante Ansichten und ein toller Einblick in die Szene. Unglaublich, wo Borgi überall mitgemischt hat.
Finde toll, dass er auch mit dem Herzen am AJ hing und das ganze nicht nur als Job betrachtet hat.
06.10.2006, 11:20 lemmy07 (676 
Tolles Interview!
Der Glückspilz hat alle Spiele umsonst zugeschickt bekommen, Wahnsinn! Finde ich stark, dass er sie alle noch hat, die Sammlung würde das Herz jeden Sammlers höher schlagen lassen...
06.10.2006, 10:54 lonely-george (231 
Was Carsten über den Zeitschriften- und Spielemarkt sagt, ist mal sehr interessant.

Denn es stimmt, augenscheinlich sieht alles sehr Proffezionell aus.
Aber ürgendwie fehlen richtige Freaks.
Zeitschriften und Spiele sind doch mehr so seelenlose Produkte geworden ohne eine persöhnliche Note.
06.10.2006, 09:18 Elvis (125 


Super!!!!!! Danke für das sehr spannende Interview
06.10.2006, 08:43 kultboy [Admin] (11495 
Mit 16 schon eine eigene Firma! Ich denke mal Carsten hat damals alles richtig gemacht und ist auf den goldenen Zug aufgesprungen! Trotzdem, unglaublich was er damals bzw. heute geleistet/erreicht hat!

Danke für das wirklich tolle Interview Carsten!
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