Schau an - das Spiel soll laut PC-Player-Test also in seiner ersten Fassung Ende 1993 ziemlich verbuggt gewesen sein und wurde deshalb von Microprose erst mal zurückgezogen:
Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Die große Strategiespiel-Hoffnung von Microprose aus dem Herbst 1993 lebt! Seinerzeit sollte »Starlord« der große Weihnachtshit werden; in Teilen der Fachpresse wurden schon als »Test« proklamierte Lobeshymnen abgefeuert - doch Starlord kam nicht in die Geschäfte. Woran lag's? Offensichtliche schwere Schnitzer im Spieldesign der fast fertigen Version fielen nicht nur der PC Player-Redaktion unangenehm auf. Microprose stoppte die Veröffentlichung in letzter Sekunde und ließ das Programmlerteam um Mike Singleton erst mal »nachsitzen«. Nach etwa einem halben Jahr Ausbesserungsarbeiten wurde das fertige Spiel schließlich im März '94 veröffentlicht.
Tests haben aber trotzdem alle Zeitschriften außer eben der PC Player damals schon veröffentlicht - und sich zu dieser Geschichte eigenartigerweise sonst überhaupt nicht geäußert: In der PC Games fällt darüber kein Wort (dafür allerdings taucht ab Ausgabe 6/1994 der Titel auf einmal bei wesentlich mehr inserierenden Versandhändlern auf als vorher), in der Power Play wird die Angelegenheit offenbar ebenfalls ausgesessen. Allerdings ist der Umgang in der PC Player selber auch etwas merkwürdig: Auf der Vorschauseite von Ausgabe 11/93 wird für die folgende Ausgabe 12/93 ein Test angekündigt. In dieser Ausgabe aber fällt der Name des Spiels dann nur eingangs des Testberichts zu "Master Of Orion", warum der angekündigte Test dann ausfiel, erfährt der Leser dann eben erst fünf Ausgaben später im Rahmen des Tests von "Starlord" selber.
Immerhin: In der selben Ausgabe 5/94 findet sich dann noch ein doppelseitiges Interview mit Uwe Fürstenberg, dem "
Marketing-Manager der deutschen Niederlassung von Microprose", unter dem Titel "Wer soll das bezahlen?". In erster Linie geht es es da um die Frage, warum Microprose für CD-ROM-Spiele so viel Geld verlangt habe. Trotzdem kommt das Gespräch zwischendurch auch noch mal auf "Starlord":
Heinrich Lehnhardt: Noch ein Wort zu den hohen Entwicklungskosten. Teilweise liegen die auch daran, daß bei den Softwarefirmen schlecht gemanagt wird. Schau Dir mal »Starlord« an: Ein Programmierteam wurstelt jahrelang vor sich hin, das abgelieferte Produkt ruft Entsetzen hervor und schwupps - schon müssen die Entwickler monatelang nachsitzen. Daß sowas die Entwicklungskosten in die Höhe treibt, ist klar.
Uwe Fürstenberg: Starlord ist ein passendes Negativ-Beispiel, Wir verließen uns auf die Aussagen weniger Programmierer, doch zum angestrebten Release-Datum hatte das Produkt nicht die Reife, um es verkaufen zu können. Dadurch sind natürlich unnötige Werbe- und Vorverkaufskosten entstanden. Vom Timing her war Starlord ein Flop, aber einen solchen Schnitzer müssen unsere 30 anderen Titel auffangen, die wir dieses Jahr veröffentlichen. Solche Vorgänge haben auch konstruktive Folgen: Wir werden in Zukunft nur noch dann Marketing-Geld in ein neues Produkt stecken, wenn ein wesentlich größerer Personenkreis bei Microprose überzeugt ist, daß es reif zur Veröffentlichung ist.
Zwischen den Zeilen meine ich da zu lesen, dass Microprose in jeder Hinsicht die Zügel in der Hand hatte, was Marketing und PR für "Starlord" anging. Daraus ließe sich dann abzuleiten, dass die Magazine offenbar zu weitestgehendem Stillschweigen verpflichtet wurden, was diese Verzögerung anging - und wie den obigen Feststellungen zu entnehmen wäre, haben die Magazine tatsächlich auch dichtgehalten, selbst die PC Player hat die Verzögerung zwar angemerkt, ist sonst aber nicht weiter darauf herumgeritten - obwohl man diese Mängel bei der Ende 1993 verfügbaren Version ja laut eigener Angabe selber festgestellt haben will und dabei nicht alleine gewesen sei und offenbar auch sogar bekannt war, dass die Veröffentlichung "
in letzter Sekunde" auf Befehl von ganz oben gestoppt wurde.
Tja, also wieder mal eine Art Bug-Debakel, nur dass die Presse mit sowas damals offenbar keine Erfahrung und deshalb auch keine Handhabe dafür hatte - zur Freude der Publisher, höhö. Nach dieser Zeit werden sich vermutlich JoWood & Co. knappe 10 Jahre später zu Zeiten von "Söldner: Secret Wars" und "Gothic 3" zurückgesehnt haben...
Kommentar wurde am 31.01.2019, 17:29 von Gunnar editiert.