Für mich das beste Spiel der Bitmap Brothers überhaupt und eines der Programme, die immer wieder regelmäßig in den Schacht der internen Amiga-Floppy versenkt werden – manchmal aber auch als WinUAE-Emu. Kenne leider nur die Versionen für A500 und A1200, wobei mir die AGA-Fassung aufgrund der etwas bunteren Grafik natürlich etwas besser gefällt, wobei ich vor der ursprünglichen ECS-Variante nichtsdestotrotz nach wie vor den Hut ziehe! Aufgrund fehlender Hardware ist mir "The Chaos Engine" auf dem CD32 bislang leider verwehrt geblieben, soll es sich laut Amiga Joker und Power Play doch um die beste aller verfügbaren Version handeln! Mega Drive und SNES-Adaptionen ("Soldiers of Fortune") ließen mich hingegen ziemlich kalt, boten sie doch gegenüber dem Originalspiel keinerlei Neuerungen...
Vor allem das "Steampunkt"-Setting war mal eine wirklich erfrischende Abwechslung zum sonst gängigen Fantasy-/Zukunfts- bzw. Krisenherd-Szenario à la "Gauntlet", "Alien Breed" oder "Dogs of War", auch wenn mir dieser Begriff anno 1993 noch so gar nichts sagte. Doch nicht nur die eigentliche Spielumgebung, auch die "Helden" des Games sind eine Klasse für sich: Keine strahlenden Weltenretter stehen hier im Vordergrund, sondern psychopathisch anmutende, durchgeknallte Auftragskiller, erbarmungslose Söldner, geistlose Schlagetods, gottlose Priester und mordlüsterne Briganten – vielleicht mit Ausnahme des recht zivilisiert wirkenden Gentleman, eine nicht unbedingt vertrauenswürdige Riege an "Problemlösern"... edel wirken diese zwielichtigen Charaktere auf den Spieler schon mal gar nicht...
Die Grafiken, welche in "The Chaos Engine" zum Tragen kommen sowie die in ihnen umherwuselnden Kreaturen stammen von
Dan Malone, der zuvor schon für die Bitmap Brothers-Titel "Speedball 2" und "Cadaver" (bzw. der Data Disk "The Payoff") verantwortlich zeichnete. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren bestimmt genug (teilweise wirklich hervorragende) Action-Games gespielt, aber die Monster aus "The Chaos Engine" haben bei mir einen ganz besonderen Stellenwert eingenommen, könnten sie doch beinahe schon einer Graphic Novel entsprungen sein! Der "Steampunk"-Aspekt des Titels spiegelt sich auch im Look der von den Hauptcharakteren verwendeten retrofuturistischen Waffen wider - gleiches trifft auf das grafische Design der verschiedenen, toll gestalteten Menüs zu, welche den Geist des viktorianischen Zeitalters auf wunderbare Art und Weise wieder aufflammen lassen... einfach nur göttlich!
Die musikalische Untermalung wiederum könnte ebenfalls nicht besser zur Thematik passen – nun, zumindest was die beiden Tracks, die im Hauptmenü sowie im Waffenshop erklingen, angeht. Sowohl Titelthema als auch In-Game-Musik bestehen ja eher aus stampfenden Industrial-Kompositionen – lediglich im letzten Abschnitt ("The Cellar") geht es diesbezüglich etwas ruhiger zu, wobei mir jener Track aber besonders gut gefällt. Die coole Sprachausgabe stellt dann gewissermaßen das I-Tüpfelchen des Spiels dar – ein Standard, der so gut wie immer in einem Programm der Bitmap Brothers enthalten ist. Doch vor allem jener Moment, in dem man die Türen zur Halle, in der sich die teuflische "Chaos Engine" befindet, geöffnet hat und der Spieler plötzlich das Rattern und Zischen dieser mächtigen Maschine wahrnimmt, ist mir in ganz besonderer Erinnerung geblieben... genauso wie der restliche Soundtrack, welcher sich – ganz im Stil des "iMUSE"-Systems der späteren LucasArts-Adventures – der jeweiligen Situation anpasst...
Die Krönung dürfte aber zweifelsohne der hervorragende Zwei-Spieler-Modus sein, denn bei "The Chaos Engine" spielt man grundsätzlich immer zu zweit, selbst wenn man alleine vor dem Rechner sitzt! Im letzteren Fall spendiert einem der Amiga nämlich einen CPU-Mitstreiter, der sich wirklich und wahrhaftig wie ein zweiter Spieler aus Fleisch und Blut verhält! Er hält einem so gut wie möglich den Rücken frei, macht aber auch Fehler. Meiner Meinung nach definierten die Bitmap Brothers mit diesem kleinen Geniestreich den Begriff "KI" völlig neu – zumindest im Bereich der Videospiele! Auch die damit verbundene Charakterentwicklung, die man sowohl an dem von der CPU-gesteuerten "Komplizen", wie auch an der eigene Figur vornehmen kann, gehört zu einem der Meisterstücke des Programms! Somit ist "The Chaos Engine" eine nahezu perfekte Synthese aus klassischem "Gauntlet"-Gameplay, wie auch aus Rollenspiel. Zwar ist der Bitmap Brothers-Titel weit davon entfernt als Action-RPG à la "Diablo" durchzugehen, ein äußerst gut mundender Cocktail aus diesen beiden Genres ist er aber allemal...
Wie schon eingangs erwähnt, für mich das beste Programm der Gebrüder Bitmap – lediglich das ebenfalls vorzügliche "Cadaver" sowie dessen Add-on riefen einen ähnlichen Suchtfaktor bei mir hervor. Umso trauriger, dass die (sicherlich nicht nur von mir) herbeigesehnte Fortsetzung "The Chaos Engine 2" dermaßen schlecht ausfiel! Das Echtzeit-Strategical "Z" habe ich dagegen bis heute nicht in die Finger bekommen – alles was die Bitmap Brothers danach gemacht haben (ich sage nur "Speedball 2100" konnte man jedoch getrost ad acta legen...
Es wird wirklich Zeit, dass auch dieser denkwürdige Titel endlich in die "Hall of Fame" einzieht!