Wie gesagt, die technische Inszenierung von "Turm von Babel" hat mich damals auch zunächst abgeschreckt. Und die Steuerung von
Miss Croft war der von
Indy, was die Präzision anbelangte, sowieso überlegen (ich empfand die Kontrolle der früheren "TR"-Spiele nie als besonders fummelig). Trotzdem, "Tomb Raider IV", das ich zuerst durchgespielt habe, war im Nachhinein ein spielerischer Krampf für mich. Nach dem schon ziemlich enttäuschenden Teil 3 ("Adventures of Lara Croft"), der vor allem gegen Ende einen viel zu hohen Schwierigkeitsgrad aufwies (nicht zuletzt "dank" des auf der PlayStation total ätzenden Save-Systems mit den wiedereingeführten Speicherkristallen), hoffte ich hinsichtlich "The Last Revelation" wieder auf einen echten Hammertitel!
Das war er aber bei weitem nicht, dazu wurde bereits im Vorfeld mit zu vielen liebgewonnenen Traditionen gebrochen, als da wären:
1. Das Tutorial, welches bislang immer im
Croft-Manor stattfand, wurde zugunsten einer vergleichsweise belanglosen Trainingseinheit in Angkor Wat ausgetauscht, die nicht ansatzweise
Laras englischen Prunksitz, mit all seinen zu entdeckenden Geheimnissen (zumindest ab Teil 2), ersetzen konnte.
2. Die Beschränkung auf nur ein einziges (zugegebenermaßen riesiges) Areal, nämlich Ägypten, welches zudem bereits im allerersten "Tomb Raider" Verwendung fand (und mit dem "TR"-Add-on "Unfinished Business" nochmals erweitert wurde), ließ die vormals so exotische Abwechslung irgendwie vermissen.
3. Das Gameplay wurde "angereichert" mit, na, ich nenne es mal Open World-Gebieten, zwischen denen
Lara immer wieder hin- und herlaufen musste, um bestimmte Rätsel zu lösen. Im Grunde genommen keine schlechte Idee, insbesondere für ein Spiel, das hauptsächlich die Erforschung zum Thema hat. Allerdings war die Umsetzung dieses neuen Elements mit dermaßen viel Laufarbeit und Frust verbunden, dass man es lieber bei der in sich geschlossenen Levelstruktur aus den Vorgängern hätte belassen sollen.
Dazu gesellten sich dann noch solche Unzulänglichkeiten wie z.B. das zwingende Frisieren eines Motorrads in der Stadt der Toten, um damit über einen extrem schrägen und vor allem hohen Hügel springen zu können. Nachdem ich alle Teile (drei waren es glaube ich) zum Aufrüsten des Bikes zusammen hatte, wollte der Sprung einfach nicht klappen. Ich weiß nicht, wie oft ich es versucht habe, aber beim gefühlten 100. Mal funkte es dann endlich... aus welchem Grund auch immer?! Auch die bescheiden inszenierte Zugfahrt sowie die eingestreute Party Senet gegen
Semerkhet waren in meinen Augen ziemliche Durchhänger. Den traurigen Höhepunkt bildete dann wohl die große zu erklimmende Pyramide gegen Ende des Abenteuers, bei der es nicht etwa auf Geschicklichkeit ankam, sondern in erster Linie auf das Auswendiglernen des richtigen Weges. Natürlich echt toll, wenn irgendwie alles gleich aussieht! Und wenn man dann wieder und wieder runtergefallen ist, konnte man fast immer komplett von neuem am Fuße dieser ägyptischen Baukunst anfangen - das hatte irgendwie was von "Nebulus"...
Zum Glück schenkte mir damals jemand zum Geburtstag das dazugehörige Lösungsbuch (hätten sie am besten gleich als Pflichtlektüre zum Hauptprogramm beilegen können). Nur diesem habe ich es zu verdanken, dass ich die Pyramide letztlich doch bezwingen und das Abenteuer - ja, das war's wirklich für mich! - beenden konnte. Und ich war noch niemals zuvor so glücklich darüber gewesen, ein Spiel geschafft zu haben! Im Falle von "TR IV" hatte es fast schon etwas Befreiendes an sich - ungefähr so muss sich
Frodo gefühlt haben, nachdem er
Saurons Ring endlich losgeworden war...
...und kurz darauf spielte ich dann schließlich "Indiana Jones und der Turm von Babel", ein vergleichsweise weitaus weniger frustrierender Titel, der zwar ebenfalls durchaus seine spielerischen Schwächen hatte, aber nie unfair oder gar frustrierend schwer auf mich gewirkt hätte. Eine echte Wohltat...
Umso unverständlicher ist für mich die Tatsache, dass nicht gerade wenige "The Last Revelation" ("Die Letzte Offenbarung"; der Titel ist fast schon ironisch!) als die beste "TR"-Episode nach dem bahnbrechenden ersten Teil ansehen. Für mich ist das vierte Kapitel der agilen Archäologin nicht nur der Tiefpunkt der ersten, klassischen fünf
Lara-Abenteuer, sondern das schlechteste der gesamten Serie! Selbst das äußerst umstrittene Zwischenspiel "The Angel of Darkness" fand ich geringfügig besser. Die erste Hälfte in Paris fand ich sogar recht unterhaltsam. Dass Core Design nun ein weiteres Mal vom ursprünglichen Gameplay der ersten drei Teile (sowie "Die Chronik") abwich, und man im weiteren Spielverlauf frei durch Paris schlendern und dort sogar mit verschiedenen Personen quatschen konnte, hat mich da seltsamerweise nicht gestört. Der zweite Abschnitt in Prag war allerdings das Allerletzte und zudem völlig verbuggt - inklusive einem zweiten steuerbaren Charakter (
Kurtis Trent), dessen wirklich coole Diskus-mäßige Wurfwaffe ausschließlich in den Zwischensequenzen zu bewundern war, im eigentlichen Spiel aber nie zum Einsatz kam!!! - ein absolutes Armutszeugnis der Güteklasse A...
Und trotzdem: "Angel of Darkness" habe ich ein wenig besser in Erinnerung als das frustrierende "The Last Revelation". Verglichen mit diesen beiden Rohrkrepierern war "Indiana Jones und der Turm von Babel" aber in jeder Hinsicht der reinste Segen!
Kommentar wurde am 14.03.2016, 13:05 von Bren McGuire editiert.