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Das Interview wurde am 16.04.2016 veröffentlicht.

Steckbrief
Name: Richard Eisenmenger
Jahrgang: 1973
Karriere: Power Play und siehe seine Homepage


?: Fangen wir mal von ganz vorne an: Wie hat deine Karriere als Redakteur bei der Power Play angefangen? Was hast du davor gemacht?
re: Angefangen hatte alles mit einem C64 und einem 300-Baud-Modem. Nicht nur zu Hause alleine zu zocken, sondern im Dunkeln klangheimlich die Telefondose aufzuschrauben, die beiden Modemdrähte zu verbinden und dann nächtelang mit anderen Freaks zu chatten war wie eine Sucht. Ich fand es spannend, anderen Inhalte bereitzustellen und schrieb meine ersten “Tests” in der Mailbox eines Freundes. Und weil die Zeitschriften vom Markt & Technik Verlag damals ständiger Begleiter waren, schickte ich ab und zu Spieletipps an Petras Tipps-Ecke “Hallo Freaks” (Happy Computer) und kleine Listings an die 64’er. Besonderer Stolz: Eine Zeichnung von Cliff, meinem Sprite-Mitbewohner von Little Computer People war meine erste Veröffentlichung (07/1986). Da war ich gerade 13 und dementsprechend Verlags-“hooked”. Später folgten Spiele- und Software-Tests für das Amiga Magazin. Und da mein Elternhaus nur ein Dorf und zwei Wälder vom Sitz des Verlags entfernt war, hatte ich nach dem Abi spontan eine Initiativbewerbung an die Power Play geschickt. Die Idee: aus dem bisherigen Nebenverdienst einen Fulltime-Job machen. Und das in der familiären/kultigen Atmosphäre der bekannten Redaktion - der Versuch, einen Traum zu erfüllen.
?: Mit der Power Play Ausgabe 12/91 fing deine Karriere als Spiele-Tester an, kannst du dich noch an deinen allerersten Arbeitstag erinnern? Vor allem, wie war er?
re: Das ist echt lange her. Ich erinnere mich, dass ich einen Platz im hintersten, großen Raum bei Winnie erhielt. Das muss man sich wie einen überdimensionierten Konfi vorstellen. Hier ein einzelnes Regal, da vorne ein Schreibtisch, ganz hinten eine Sitzecke, dort drüben ein Spielautomat. Und dazwischen viel Platz mit wild verteilten, beunruhigend hohen und schiefen Stapeln von Spieleschachteln und -magazinen. Alle waren superfreundlich, die Stimmung war familiär, ganz so, wie man es sich durch das Lesen des Editors vorgestellt hatte. Klar war ich etwas unsicher, aber alle gaben sich herzlich viel Mühe, mich so schnell wie möglich zu integrieren.
?: Wie fühlte es sich an, den Redaktionsplatz von Heinrich Lehnhardt zu übernehmen? Angst vor großen Fußabdrücken oder eher jugendlicher Gleichmut?
re: Davon wusste ich zunächst gar nichts, denn ich hatte meine Initiativbewerbung vor der Stellenanzeige eingeschickt. Aber das war vielleicht gut so. "Redaktionsplatz von Heini übernehmen? Wie bitte???" Nein, du kannst natürlich eine Senior-Stelle nicht durch einen Junior ersetzen, darum war da niemals Druck. Es war allerdings verdammt schade, die Chance verpasst zu haben, mit einem meiner Jugendhelden zusammenarbeiten. Und dann stellte sich die Frage: Wer übernimmt jetzt die Sportspiele? Ich hatte ja eigentlich ganz andere Favoriten-Genres. Das balancierte sich aber später gut aus, da ich zum Großteil die Amiga-Spieletests, und damit genreübergreifend, betreute.
?: Welches war damals dein Lieblingsgenre, und was faszinierte dich daran so?
re: Adventures und Rollenspiele. Vor der Power Play hatte ich schon die Infocom-Abenteuer geliebt; dann die Spiele von Magnetic Scrolls. Als Lucasfilm Games/Lucasarts mit ihren fantastischen Point-and-click-Geschichten, umwerfender Grafik und cineastischem Sound daherkam, war es um viele Feierabende geschehen. Daher hatte ich mich auch um den Test für Indiana Jones 4 gerissen. Dummerweise streikte genau dann meine SoundBlaster-2-Soundkarte, das war die nervenaufreibendste Konfigurationsreparatur, an die ich mich erinnere. Rollenspielseitig komme ich vom Pen-and-paper-Klassiker D&D. Da war (und ist) es herrlich zu beobachten, wie mit jeder neuen Spielegeneration das Gameplay näher ans analoge Original herankommt (Bard’s Tale, Dungeon Master, Amberstar, Eye of the Beholder, Ultima, Baldur’s Gate, Neverwinter Night, Elderscrolls, Dragon Age und viele andere). Man denke da zum Beispiel an einen einzelnen Kampf, der sich über einen ganzen Sonntagnachmittag hinziehen kann, und wo jede einzelne Spielerhandlung wohlüberlegt ist. Diese Tage kommt Divinity The Original Sin dem Ganzen schon ziemlich nahe - mein aktueller WRPG-Favorit, auch weil es rundenbasiert ist.
?: Über welches Spiel hast du deinen ersten Test geschrieben?
re: War das Blues Brothers für den PC? Ein kurzer Schnipsel über einen mäßigen Amiga-Port auf MS-DOS. In der gleichen Ausgabe machten Magic Pockets und Elf, auch aus der Jump-n-Run-Kategorie, deutlich mehr Spaß. Insgesamt waren die Actiontitel beim Amiga MS-DOS immer noch eine Nasenlänge voraus.
?: Wie hast du die Kollegen in Erinnerung? War alles mehr familiär?
re: Familiär? Total! Und das prägt bis heute meine Erwartungen an eine Arbeitsumgebung. Man verbringt täglich zehn Stunden mit den Kollegen, da ziehe ich eine lockere, kollegiale Atmosphäre einer biederen 9-to-5-Mentalität vor.
?: Wieviel verdiente man als Redakteur?
re: Das weiß ich nicht mehr, aber ich erinnere mich, dass es sehr fair war. Auf der anderen Seite war es natürlich auch mein erster Fulltime-Job, und für einen jungen Berufsanfänger fühlen sich die ersten Gehälter wie massive Geldgeschenke an. Die wurden dann aber auch gleich umgesetzt, in neue Konsolen, Computerzubehör und Synthesizer-Equipment, einem ganz anderen Hobby, das Jahre später Stoff für ein weiteres Buch gab (Midi-Magie).
?: Was waren die skurrilsten Erlebnisse, die du mit deiner Zeit bei der Power Play verbindest?
re: Das kontinuierliche Eintauchen in einen von Spielen geprägten Arbeits- und Lebensstil war an sich schon skurril. Ich kannte bis dahin nur die Arbeitswelt der älteren Generation, die in ihrer beruflichen Erfüllung nicht so flexibel sein konnte. Aber hier vermischten sich Arbeit und Freizeit, und ich nahm Spiele, die länger getestet werden mussten oder mir besonders gut gefielen, nach Hause, damit sie noch mehr “Quality Time” bekamen. Das war auch eine Gelegenheit, über den Tellerrand zu blicken. In der Redaktion war ich nicht für Konsolenspiele eingeteilt, aber von Final Fantasy konnte (und kann :) ) ich nicht genug bekommen. Das skurrilste Einzelerlebnis war vermutlich das Foto-Shooting für die Endzeitausgabe. Mit Mann und Maus sind wir zum Kostümfundus der Bavaria Filmstudios gepilgert und haben uns mit den Fotografen vor Ruinen- und Baracken-Backdrops ausgetobt.
?: Hattest du noch andere Aufgaben außer Spiele zu testen?
re: Aber klar, Spieletesten war nur die halbe Miete. Du hältst zum Beispiel die Verbindung zu den Herstellern und dem Vertrieb aufrecht. Immer mal wieder nach Betas fragen, neue Ideen in viel zu frühen Entwicklungsstadien begutachten, etc. Dann gab es auch das Lesertelefon, da waren ebenfalls einige skurrile Momente dabei. (Ich wurde mal gefragt, wie ich "meine Haare mache". Meine Haare!!) Im Magazin übernahm ich eine Spiele-Statistikseite, die Creme-de-la-Creme, und später auch eine neue Generation von Spieletipps, ausführlichere Game Guides, eine Richtung, die ich auch nach der Power-Play-Zeit weiterverfolgte, bis heute sogar.
?: Wie darf man sich einen Arbeitstag vorstellen? Wie lief das so ab?
re: Sicher schon oft zitiert, aber der Ankunft der Post war jeden Tag wie Weihnachten - ein riesiger Loot-Haufen, über den alle herfielen. Bis das geschah, gab es gelegentlich kleine Mini-Redaktionskonferenzen, oder man sah Mitarbeiter mit Kaffeepötten durch die Räume geistern oder auf Bildschirme starren. Nach dem Postbotenbesuch verschwanden alle an ihre Plätze und tauchten in ihre Welten ein. Nachmittags wurde es dann kommunikativer, ausführlichere Redaktionskonferenzen, mit der Chefin vom Dienst die Seitenanzahlen korrigieren, mit dem Layout die Positionierung der Screenshots und Dekoelemente besprechen, Erfahrungs-/Begeisterung-/Enttäuschungsaustausch über das neue Loot, oder eine Foto-Session im Dunkelkammer-Spielezimmer.
?: Gibt es Spiele, die du heute besser oder schlechter bewerten würdest? Bei welchen Spielen wich die Redaktionsnote am meisten von deinem eigenen Empfinden ab?
re: Kann ich nicht sagen. Das Einmalige am Power-Play-Konzept war die Trennung in objektive Wertung anhand klarer Kriterien und subjektiver Meinung in den Abschlusskästen. So war es möglich, dass ein Spiel eine schlechte Prozentwertung erhielt, aber einem einzelnen Redakteur - persönlich - super gefiel. Darum gab es bei bedeutenden oder lange erwarteten Spielen auch immer zwei Meinungskästen; und das gefiel den Lesern, weil sie ihren Geschmack in den Vorlieben bestimmter Redakteure wiederfanden. Wenn du täglich mit so vielen Spielen umgehst, lernst du auch schnell, die Spreu vom Weizen zu trennen. Zuvor war ich tendenziell zu großzügig mit guten Bewertungen. Ich erinnere mich da z.B. an Titus the Fox. Toller Herstellerkontakt, supernette Leute, aber ein Jump-n-Run-Highlight wurde das Spiel leider nicht. In der Redaktionskonferenz stellten die alten Hasen dann die richtigen Fragen, so dass die ehrliche Meinung zum Spiel eindeutiger wurde.
?: Warum hast du die Power Play nach nur einem Jahr verlassen?
re: Bei den vielen Spielen, die wöchentlich vorbeirauschten, juckte es mir unter den Fingernägeln, etwas Neues zu schaffen. Also nicht über die Kreationen anderer zu berichten, sondern selbst Hand anzulegen. Die Videospiele-/Computer-Plattformlandschaft war damals sehr vielfältig und verlockend. Nicht nur große Entwicklerstudios konnten einen Erfolgstitel produzieren, sondern auch eine Handvoll Freaks mit einer Idee. Für mich bedeutete das: Informatikstudium und eine Plattformspezialisierung auf den Archimedes/RiscPC, um das ultimative Rollenspiel umzusetzen. Leider setzte sich das System nicht durch, das Team löste sich auf, und dann hat mir auch noch der Zivildienst einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht. Trotzdem, oder gerade deshalb, fand ich noch genügend Zeit für mein erstes Buch.
?: Du hast beim Markt&Technik Verlag viele Bücher geschrieben. Wie kam es dazu eigentlich?
re: Das war eine willkommene Idee von der Bücherabteilung des Verlags. Ich erhielt eines Tages einen spontanen Anruf von Birgit Ellissen, ob ich denn nicht ein Buch über ein neues LucasArts-Spiel schreiben wolle: X-Wing. Damals war ich im Zivildienst, und da war das neben einigen kleineren Artikeln als freier Autor eine tolle Gelegenheit, meine Leidenschaft fürs Schreiben und für Spiele aufrechtzuerhalten. Es stellte sich heraus, dass das genau mein Ding war: für ein paar Wochen von der Bildfläche verschwinden, und dann einige Hundert Seiten Text zu einem detailliert recherchierten Thema präsentieren. Das ist mir so unter die Haut gegangen, dass ich heute, nach einem Jahrzehnt CMS-Consulting, wieder Bücher schreibe, aktuell zum Beispiel zu Minecraft, aber auch zu den neu gewonnenen Erfahrungen aus der CMS-Branche. “Back to the roots” sozusagen.
?: Hättest du über die Jahre gesehen gerne nochmal bei einer Spiele-Zeitschrift mitgewirkt?
re: Absolut. Spielen und Schreiben hat mich stark geprägt, und was könnte man sich mehr wünschen, als das in einer Umgebung mit freundlichen Kollegen zu machen.
?: Was denkst du über den Werdegang bzw. Niedergang der Power Play?
re: Als das Hickhack mit der Verlagsleitung begann, war ich nicht mehr im Boot, aber der langsame Tod war natürlich traurig zu beobachten. Für mich persönlich sehe ich das ein bisschen wie mit tollen Fernsehserien, die zu früh abgesetzt werden, etwa Firefly. Es war eine tolle Zeit, aber alles hat irgendwann ein Ende, auch wenn man das Gefühl hat, da wurde noch nicht alles ausgeschöpft.
?: Was ist mit den getesteten Spielen passiert, die du bekommen hast? Konntest du diese behalten?
re: Nein, die kamen in die vollgestopften Regale in den Redaktionsräumen. Und das wollte ich auch gar nicht. Sicher hast du deine Favoriten, aber bei der ununterbrochenen Flut neuer Titel, die gespielt werden wollten, gab es nicht viel Zeit, ältere Spiele anzuwerfen. Abendliche Multiplayer-Session und All-time-Classics natürlich ausgenommen.
?: Wieviel Prozent hast du von deiner Arbeitszeit gespielt und wieviel hast du geschrieben?
re: Erstaunlicherweise war Spielen in der regulären Arbeitszeit schwierig, da es haufenweise organisatorischen Kram zu erledigen gab. In der Redaktion warf man ein Spiel deshalb hauptsächlich an, um das Novum einer Neuerscheinung zu erleben, Screenshots zu machen oder das eine oder andere Detail eines Testartikels zu überprüfen. So richtig gespielt wurde zwischendurch und, intensiver, daheim.
?: Wie lange wurde ein Spiel normalerweise getestet (insbesondere Rollenspiele!)? Benutzte man da auch öfters Cheats, um schneller fertig zu werden?
re: Cheats? Die waren damals sehr rar und wurden, abgesehen von gelegentlichen Hilfen vom Hersteller erst längere Zeit nach dem Erscheinen eines Spiels entdeckt. Wer sich ein bisschen auskannte (eigentlich war seinerzeit ja jeder ein Freak), warf vielleicht einen Blick in die Spielstanddateien. Aber eigentlich auch nicht für den Test, da das sonst den Gesamteindruck des Spielverlaufs verzerrt hätte. Die Testdauer hing von der Tiefe des Spiels ab. Du hast dich mit einem Spiel solange beschäftigt, bis Du ein Gefühl dafür bekamst, wie sich Story, Gameplay und Schwierigkeit weiterentwickeln. Das schriebst Du im Rahmen der objektiven Berichterstattung nieder. Dann spieltest Du etwas später weiter, um Deine Einschätzung zu bestätigen und Korrekturen vorzunehmen. Handelte es sich um einen größeren, lange erwarteten Titel, wurde natürlich mehr Zeit investiert - und Zeitmanagement ist da eine Herausforderung, denn du musst zum einen schnell fertig werden (Redaktionsschluss mit unglaublich langem Vorlauf), zum anderen gibt es noch weitere Dinge zu erledigen. Eine Gratwanderung also zwischen einem guten und repräsentativen Artikel und pünktlicher Abgabe. Ganz zum Ende folgte dann die berichterstatterische Erlösung im Meinungskasten. Das war ein tolles Konzept, denn so konnte man das Spiel gedanklich und emotional abhaken. Bei Rollenspielen war das nicht anders, mit einer Ausnahme: Die wirklich guten hast du auch noch Wochen nach dem Test weitergespielt.
?: Hast du auch privat am Computer gespielt, oder hattest du die Nase voll?
re: Ein bisschen hattest du die Nase voll, wenn du dich länger mit schlechten Spielen herumquälen musstest. Aber die guten, die machten so viel Spaß, dass man sich fürs Mitnehmen nach Hause anmelden musste. Glücklicherweise war ich bei Final Fantasy IV ganz vorne in der Liste, und die war schnell vergessen, als gleich darauf das neue Zelda herauskam.
?: Habt ihr auch die Konkurrenzmagazine gelesen und deren Testberichte mit euren verglichen?
re: Die ASM und die Amiga Joker haben wir selbstverständlich gelesen und sicher hat man mal Wertungen verglichen. Ich glaube, wir waren etwas härter bei der Punktevergabe, aber insgesamt herrschte ein sehr kollegialer und respektvoller Umgang miteinander.
?: Zu welchen deiner ehemaligen Kollegen hast du heute noch Kontakt?
re: Leider niemandem, denn ich war viele Jahre mit Consulting im Content-Management-Bereich in einer ganz anderen Welt unterwegs und verbrachte längere Zeit im Ausland. Da verliert man sich aus den Augen und ist höchstens noch über XING miteinander verbunden. Trotzdem bleibt natürlich die Neugier, was der eine oder andere Ex-Kollege diese Tage macht.
?: An welche/n Test/s kannst du dich noch gut erinnern, und welches Spiel hat dich damals am meisten aufgeregt? Dein Favorit?
re: Gute Erinnerung und Favorit: Indiana Jones 4. Aber nicht weit weg liegen Titel wie: Wing Commander II, Populous II, Battle Isle, Final Fantasy IV, Monkey Island II, Eye of the Beholder II, Sim Ant, Street Fighter II - die habe ich zwar nicht alle exklusiv getestet, aber seinerzeit rauf und runter gespielt. Aufgeregt: Agony, da bin ich extra zu Psygnosis nach Manchester geflogen, um mir den neuen Titel anzusehen, und dann war das Ergebnis ziemlich flau. Zum Glück gab’s aber wenigstens einen kleinen Einblick in Lemmings 2. Und: Ultima VI auf dem Amiga - endlich mit isometrischer Perspektive, aber unspielbar.
?: Spielst du heute noch? Wenn ja, welche sind deine Favoriten?
re: Ich spiele noch. Am liebsten epische Rollenspieltitel auf der PS4 (Elder Scrolls, Final Fantasy, Dragon Age, Witcher, Divinity, warte geduldig auf Mass Effect 4), aber auch Minecraft auf dem PC.
?: Was ist das beste Spiel aller Zeiten? Warum?
re: Elite. Eine sensationelle Spielidee und im Rahmen der Möglichkeiten fantastisch umgesetzt. Aber das ist grundsätzlich eine schwierige Frage, da sich die technischen Möglichkeiten und die Ansprüche der Spieler stets weiterentwickeln. Aus Nostalgie habe ich vor ein paar Wochen einen Ultima-Titel angeworfen, aber ich verbringe lieber Zeit mit neueren Rollenspielen, weil die ausgefeilter und aufregender sind.
?: Spielhalle, Konsole oder Computer, was ist dein Spielefavorit im Laufe der Jahre gewesen?
re: Hauptsächlich Konsole. Ich sitze den ganzen Tag arbeitstechnisch vor dem PC, da ist das Herumlümmeln auf der Couch ein wohltuender Ausgleich für meinen Rücken. Außerdem bin ich zu faul, einen Gamer-PC zu warten, um ein bisschen casual zu spielen.
?: Was hältst du von Emulation? Spielst du sogar ab und zu mit einem Emulator?
re: Emulatoren sind eine tolle Sache, um die alten Spielelegenden am Leben zu erhalten. Und dann juckt mich auch ab und zu ein Retrogefühl. Habe mich neulich erst wieder mit der widerspenstigen Tür aus dem Hitchhiker’s Guide herumgeärgert. Aber regelmäßig nutze ich Emulatoren nicht, dafür gibt es zu viele neue Titel, auf die ich neugierig bin.
?: Ist die Spieleszene wirklich so einfallslos geworden, wie die Retrofreaks immer jammern, oder haben wir heute nicht auch vieles erreicht, von dem wir damals nur geträumt haben? Was hätte im Bereich Videogames seit damals anders/besser laufen können/müssen?
re: Von Einfallslosigkeit kann man meiner Meinung nach nicht sprechen. Damals wie heute verbringt man mit großartigen Spielen seine Zeit, und es ist klar, dass sich die erfolgreichsten an den beliebtesten Genres und etablierten Gameplays und Mechaniken orientieren. Spielen ist Mainstream geworden, und obwohl die Wii U gerade nicht so gut läuft, lassen sich die Hersteller nicht entmutigen, an VR-Brillen wie der Occulus Rift oder HTC Vice herumzubasteln, und innovative Eingabegeräte, wie die Kinect oder irgendwelche Herumfuchtel-Controller auszuprobieren. Für neue Softwareideen haben wir Crowdfunding, und sowohl Hersteller/Distributoren als auch Konsumenten sind offen für Indie-Games. Nachdem der Markt ein Riesen-Business geworden war, brauchst du heute zur Umsetzung einer tollen Idee kein 300 Mann starkes AAA-Entwicklerstudio mehr, sondern kannst klein beginnen. Fast wie früher, nur, dass man heute um ein Vielfaches stärker vernetzt ist. Und dann sind da auch völlig neue Ideen, die noch in den Kinderschuhen stecken, zum Beispiel mit mobiler Augmented Reality. Ich mache mir da keine Sorgen, dass der Spielemarkt an Dynamik und Abwechslung verlieren würde.
?: Wieso sterben in Deutschland die Spielezeitschriften langsam aus und welches Magazin ist momentan dein Favorit?
re: Das liegt natürlich am Internet, auch ich habe meine Informationsbeschaffung längst auf Online-Ressourcen verlagert. Ist halt wie dem Telefonbuch und den gelben Seiten, die heutzutage keiner mehr braucht. (Kurioserweise hat die Telekom das noch nicht gemerkt.) Guides und eine Handvoll besonderer Zeitschriften schließe ich da aus. Bücher können eine praktische Hilfe sein, da sie während des Spielens als Referenz oder Anleitung auf dem Schreibtisch liegen - oder einfach nur zum Schmökern. Bei Zeitschriften kann das Format den Inhalt und Zweck unterstützen, aber auf keinen Fall für topaktuelle Spielenews.
?: Kennst du gewisse Retro-Zeitschriften, wie z. B. die "Retro" oder "Retro-Gamer"?
re: Genau die meine ich. Ich finde es schön und berechtigt, dass es diese Magazine gibt, vor allem in diesem Format.
?: Was müsste geschehen, damit die heutigen Spiele auch wieder "kultig" werden können?
re: Dafür braucht es eine innovative Spielidee, eine die kritische Masse übersteigender Spielerzahl und Zeit. Ich vermute, Minecraft wird zum Beispiel in einigen Jahren in den Kultstatus übergehen. Falls das noch nicht schon längst geschehen ist, denn der Begriff ist natürlich unterschiedlich auslegbar. Wenn irgendwann der letzte Final-Fantasy-XIV-Server abgeschaltet wird, gibt es sicher auch eine große Community, die dem Spiel das Kult-Tag verpasst.
?: Wie denkst du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute? Bist du retro?
re: Ein bisschen. Ich verbringe zwar kaum Zeit mit Retrospielen, erinnere mich aber gerne zurück und spule dann die Playlists von Chris Hülsbeck und Martin Galway ab. Alle Jubeljahre stöbere ich nach einem Emulator und wundere mich, wie weit sich doch alles entwickelt hat. Dann sehe ich nach, welches Jahr ist, sehe weiße Haare und bekomme einen Höllenschreck. Auf der anderen Seite nutze ich neue Technologien und Spiele sehr gerne, um genau das zu tun, wozu sie da sind: in eine neue, aufregende Welt eintauchen, sich ablenken, unterhalten oder gemeinsam Puzzles lösen und Siegerstrategien entwickeln. Als Geocacher finde ich auch die Vermischung von alten und neuen Spielekonzepten und moderner Technologie spannend. Mit Wherigos zum Beispiel, in denen das klassische Abenteuerspiel neu aufgelegt wird. Hier ein paar Titel aus meiner „Retro-Playlist“: Chris Huelsbeck - Shades, Rob Hubbard - Delta, The Great Giana Sisters (C64) Music- Title, C64 High Score music from Wizball, Commodore 64 Music
?: Wie denkst du über Retro-Fanatiker wie uns? Ist das cool oder haben wir doch nur alle 'nen Schuss?
re: Beides :). Aber ‘nen Schuss hat man nur für Außenstehende, die keinen Zugang haben zum Charme von Spieleklassikern, 8-Bit-Melodien, “Another Visitor! Stay a while; stay forever”-Digitalisierungen und Pixel-Art. Andere Leute haben andere Hobbys. Aber für jeden, der sich mit diesen Spielen damals Nächte um die Ohren geschlagen hat, als Sport Ballblazer Fußball vorzog und selbst eine pixelige Lara Croft sexy fand, seid ihr die Hüter eines wichtigen und spannenden Stücks Computer- und Spielegeschichte. Und Euer Archiv ist wirklich bemerkenswert! In diesem Sinne: Hut ab!
?: Kultboy.com bedankt sich im Namen aller Mitglieder für das Interview und wünscht viel Erfolg und Gesundheit für dein weiteres Leben.


Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Richard Eisenmenger,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
User-Kommentare: (19)Seiten: [1] 2   »
31.08.2017, 14:31 StephanK (1642 
Sein Buch "Nur noch dieses Level" ist ja seit heute draußen und eben auch mal eingetrudelt Beim ersten drüber schauen macht es einen guten Eindruck; viele Bilder oder Grafiken werten das Getexte auf, eher eine lockere Schreibe, knapp 235 Seiten. Werds mir die Tage mal zu Gemüte führen
05.05.2016, 14:41 Darkpunk (2940 
"Aufgeregt: Agony, da bin ich extra zu Psygnosis nach Manchester geflogen, um mir den neuen Titel anzusehen, und dann war das Ergebnis ziemlich flau".

Wie wahr!
25.04.2016, 10:06 Pascal Parvex (108 
Ja, das waren noch Zeiten. Ich bin bei der Power Play erst mit der Ausgabe 7/1992 eingestiegen, aber Richard Eisenmenger ist mir ein Begriff. Tolles Interview.

Gerne hätte ich gewusst, wo Richard denn im Ausland so gewesen ist und von wann bis wann.
20.04.2016, 09:28 Frank ciezki [Mod] (3803 
Shoryuken schrieb am 17.04.2016, 21:10:
Mal aktuell einen Blick in M!Games (Man!ac) geworfen?
Die bieten meiner Meinung nach einen guten Mix zu Retro und aktuellen Themen.
Natürlich hauptsächlich im Konsolenbereich.


Ja, aber restlos ueberzeugt bin ich da auch nicht.Lieg wie gesagt wohl auch viel am Wechsel der eigenen Praeferenzen.
Die letzte Zeitschrift, die mir gut gefiel war die Console, die ja leider eingestellt wurde.Da ich eigentlich auch ein Papierfan bin tut es mir schon ein wenig leid um die Print-Magazine, aber so viel Geld habe ich nicht zum Rauswerfen, dass ich mir die nur zur Unterstuetzung des Mediums kaufen wuerde, wenn mich der Inhalt nicht mehr wirklich kickt.
18.04.2016, 11:48 spatenpauli (949 
Tolles Interview. Sympathischer Kerl, der weiß, wovon er redet.
17.04.2016, 23:33 advfreak (1534 
Danke für das tolle und spannende Interview!
17.04.2016, 21:18 Wuuf The Bika (1251 
Ein echt schönes und unterhaltsames Interview, wirklich tolle und ausführliche Antworten. Man bekommt das Gefühl, er hat den Job damals richtig gerne gemacht, fein.
Optisch mittlerweile ein bisschen "William Riker", oder sehe das nur ich?
17.04.2016, 21:10 Shoryuken (863 
Frank ciezki schrieb am 17.04.2016, 12:17:
Kann nicht sein, meine Omma ist tot.

Retro-Zeitschriften kaufe ich mir auch noch, was die regulären Magzine angeht, bin ich lange Zeit dabei geblieben aber dann irgendwann doch ausgestiegen. Es gab aber auch nix mehr am Markt, was mich wirklich überzeugt hätte.Im Internet sind regelmäßige kleine Info-Häppchen nicht so störend, wie in einem Magazin, dass zwei Jahre lang immer wieder Monatlich hechtelt : "hier haben wir drei brandneue Bilder, aus dem nächsten Halo-Titel".Damit will ich das ja nicht mal verurteilen.Es ist ja nicht so, dass es daran liegt, dass die Redakteure heute alle nicht mehr cool wären, oder keine Ahnung hätten. Das Medium an sich lässt sich heute einfach nicht mehr so führen, wie ich es kennen und lieben gelernt habe.


Mal aktuell einen Blick in M!Games (Man!ac) geworfen?
Die bieten meiner Meinung nach einen guten Mix zu Retro und aktuellen Themen.
Natürlich hauptsächlich im Konsolenbereich.
17.04.2016, 18:47 nudge (1816 
Die Bücher, na klar. Aber ich vermute, das ich eher ein Nebenerwerb. Software-Industrie ist ein weites Feld. Und CMS Consultant hört sich für mich nicht so an, als ob es noch irgendwie mit der Spielebranche zu tun hätte. Das meinte ich damit. Das sie in "ernsten" Jobs landen.
17.04.2016, 13:36 Frank ciezki [Mod] (3803 
So viele Unterschiede gibt es da nicht, oder ?
Viele alte Redakteure haben später entweder Bücher geschrieben, oder sind in die Software-Industrie gewechselt.
17.04.2016, 13:26 nudge (1816 
Sehr interessantes Interview. Kurios, was aus den Leuten so wird.
17.04.2016, 13:17 Anna L. (2028 
Sehr nettes Interview! Habe es komplett gelesen.

Commodus schrieb am 16.04.2016, 13:29:
Das coole Konterfei von Richard in der damaligen Powerplay war so ziemlich das Gegenteil davon, wie man sich einen Nerd (oder damals "Freak" vorstellt.


Ja, bei dem konnte man sich tatsächlich vorstellen, dass er auch mal eine Freundin hat.

Twinworld schrieb am 17.04.2016, 07:00:
man erkennt Richi überhaupt nicht mehr(Der Zahn der Zeit nagt an uns allen).


Ich erkenne ihn eindeutig. Zwar nicht mehr komplett der junge Gott von damals, aber im Rahmen der Reifung dennoch gut erhalten.
17.04.2016, 12:17 Frank ciezki [Mod] (3803 
Kann nicht sein, meine Omma ist tot.

Retro-Zeitschriften kaufe ich mir auch noch, was die regulären Magzine angeht, bin ich lange Zeit dabei geblieben aber dann irgendwann doch ausgestiegen. Es gab aber auch nix mehr am Markt, was mich wirklich überzeugt hätte.Im Internet sind regelmäßige kleine Info-Häppchen nicht so störend, wie in einem Magazin, dass zwei Jahre lang immer wieder Monatlich hechtelt : "hier haben wir drei brandneue Bilder, aus dem nächsten Halo-Titel".Damit will ich das ja nicht mal verurteilen.Es ist ja nicht so, dass es daran liegt, dass die Redakteure heute alle nicht mehr cool wären, oder keine Ahnung hätten. Das Medium an sich lässt sich heute einfach nicht mehr so führen, wie ich es kennen und lieben gelernt habe.
Kommentar wurde am 17.04.2016, 12:35 von Frank ciezki editiert.
17.04.2016, 12:04 Teddy9569 (1548 
Es soll aber noch Leute geben, die Telephonbuch und Gelbe Seiten nutzen. Will ich an dieser Stelle mal klar machen.
17.04.2016, 07:25 Trantor (363 
Sehr schönes und sympathisches Interview, vielen Dank dafür! Da erkenn ich mich nicht nur im Spiele-, sondern auch im Seriengeschmack wieder (Firefly!).
Ich weiß auch noch, dass ich mich damals gewundert habe, dass Richie als eigentlich sehr junger Hüpfer schon geschrieben hat wie ein alter Hase. Und wie man hier erfährt, war er das mit 18 ja auch schon.
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