Wohlige Schauer umschmeicheln mich, wenn ich auf diese Ausgabe blicke. Von den damaligen Erinnerungen lasse ich mich immer wieder gern einholen, denn...
...als 14-jähriger Jungspund fieberte ich sehr
Lotus III entgegen. Ständig plagte mich jedoch das Gefühl, dass der dritte
Gremlins-Racer auf seinen Produktionswegen einen Kolbenfresser erleiden und deshalb nicht die hervorragenden Qualitäten seiner Vorläufer erreichen könnte.
An einem verregneten Wochentag (ich meine es war ein Dienstag), Jan war beim Tischtennistraining in Magdeburg (Stadtfeld), war es dann soweit. Dennis (Jans Kumpel) kam zum Training und hatte den nigelnagelneuen Joker im (Trainings-)Gepäck. Was suggerierte das Cover?
"Keiner ist aktueller!"...und
Lotus III war direkt darunter aufgeführt. Sofort riss ich meinem Kompagnon die Ausgabe aus den Händen und blätterte auf die Seiten 12/13. Breites Grinsen stellte sich bei mir ein, da mein lang erwarteter Liebling mit 85 % + Hittrophäe bedacht wurde. Man, war ich glücklich!!
Rückblickend ist durch oben beschriebenes Ereignis dieses Heft natürlich etwas besonderes für mich. Sehe ich das Cover, so denke ich ad hoc an den dritten Lotus-Renner aus England bzw. an damit verbundene, schöne Erinnerungen.
Nicht ganz so schön finde ich übrigens das Cover, was die generelle Gestaltung anbelangt. Zwar ist die Idee des bewaffneten Amiga-Söldnerpunks recht gut, doch scheitert es ein wenig an der Umsetzung. Da hätten wir zum Bleistift die
linke Hand unseres angeschlagenen Muskelprotzes. Der Daumen scheint offensichtlich im Gefecht weggefetzt worden zu sein, oder? Zusätzlich finde ich das Design des Raumschiffs ein wenig missglückt. Der Raumer steht irgendwie wackelig und uninspiriert auf der Planetenoberfläche herum. Machen wir es kurz: 5 Pünktchen + 1 Nostalgiepünktchen ergeben
6 Pünktchen für das Oktober-Titelbild(chen).
Nun werfe ich aber sämtliche sentimentale Wahrnehmungen von anno dunnemals über Bord und beschäftige mich mit der "knallharten" Realität dieses Herbstmagazins. Hatte ich schon mal erwähnt, dass der Joker mit seinen Ausgaben (obwohl vor 30 Jahren veröffentlicht) immer wieder den Zahn der (heutigen) Zeit trifft? Hab ich? Natürlich hab ich das! Wiederum finden sich auf den Seiten Anspielungen, die ganz vorzüglich auf das jetzige Hier und Jetzt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge passen...
...Stichwort: "Energiekrise" (muss das in Anführungsstrichen setzen, da sich die "Krise" meiner Meinung ganz woanders herrührt).
Zum Ende der
Leserbriefe skandiert der Joker Folgendes:
"Leute, der Herbst steht vor der Tür - wir brauchen Heizmaterial! Einen Teil Eurer Zuschriften werden wir also im nächsten Heft auf diesen Seiten verheizen..."
Wenn man wiederum auf die Einleitungszeilen in der
Joker Galerie ein Auge wirft, so liest man:
"Also verkriecht man sich hinter die Zentralheizung..." ...soweit diese noch funktioniert! *räusper*
Selbst die Reviews (
Bush Buck springt hier ein) können es nicht sein lassen und zeigen mit indirekt erhobenen Finger auf das "befohlene" Frieren der Bevölkerung im Lande: In besagtem Spiel soll man Schätze dieser Welt ausfindig machen, wie z. B.
"...Kaviar, Vikunjadecken oder einen Samowar." Also von einem Vikunja (ist so ne Art Alpaka) habe ich zum ersten Mal in meinem Leben gehört. Die angesprochene Vikunjadecke soll aber mit ihrem Wollhaaren gut warmhalten...genauso spendet der Samowar Wärme...wenn er denn noch beheizt (Stichwort: Strom) werden kann.

*duckundwech*
Der Rest vom Heftefest befasst sich natürlich nicht ausschließlich mit frierenden Vikunjas, die sich hinter Zentralheizungen verkriechen.
Nochmals sei hier natürlich mein Lieblingsbericht
Lotus III angeführt. Carsten Borgmeier gibt exakt und differenziert das wieder, was ich von dem Spiel halte. Erst heute habe ich erkannt, dass die Bildschirmfotos leider etwas verwaschen und mit einem teils schlechtem Kontrast zu Papier gebracht wurden. Tja, so erkennt man bestimmte Sachen nicht, wenn man als unerfahrener Frischling die rosarote Amiga-Brille trägt.
Lassen wir doch einfach die schicke Brille gleich auf und blättern zum
Zool Ameisenninja weiter. Auch diese Zeilen haben mich äußerst positiv gestimmt (liegt wohl an
Gremlin, Herrn Borgmeier oder vielleicht auch an beiden!).
Einen kleinen Schreibschnitzer (für die Statistiker: es ist gerade mal der Zweite in der gesamten
Amiga Joker-Ära!) kann man diesmal im Report
Alles, was Ihr schon immer über Programmierer wissen wolltet! lesen: Hier wird die Firma
Cryo versehentlich als
Cyro tituliert.
Kein Schreibfehler wurde in der
Ruhmeshalle gemacht. Im Gegenteil! Da prangt doch tatsächlich der Name meines damaligen Kumpels
Marcel Gajda aus Magdeburg. Bei ihm haben wir auch den ein oder anderen
Amiga Joker gewälzt und gelegentlich beim Zocken die Amiga-Kondensatoren zum Glühen gebracht. Übrigens ist sein Bruder
Maurice Gajda groß als Radio- und Fernsehmoderator herausgekommen (und das, obwohl er sich meines Wissens wenig bis gar nicht mit Computern beschäftigt hat).
Blicken wir schnurstracks auf die
Kleinanzeigen:
> Da wir gerade bei der Elbestadt waren: Herr Stappenbeck (hatte im Mai '92 seine Inserenten-Premiere) hält erneut die Fahnen der Magdeburger hoch
> Dieser Anzeigenschalter wirft Fragen auf, denn er verkauft zwei Spiele die
"101%ig OK und Original" sind, gleichzeitig sucht er aber Spiele, die
"100%ig OK" sein sollen.
Nee Du, ich habe nur "102 %ige Spiele", die somit für Dich nicht in Frage kommen!
> Was ist das denn hier für eine Truppe? Sie suchen jedenfalls
"Amiga Freaks" und möchten, dass diese anrufen. Dann beleidigen sie mit den Zeilen
..."oder bleib ewig ein Lamer." Das grenzt ja an Erpressung! Zudem hauen sie den folgenden Spruch raus:
"Born to be the best, just forget the rest." Schon klar, ihr seid die Besten...die wir mal schnell wieder vergessen sollten.
> Der Prozentewahn kennt (zum x-ten Male) keine Grenzen: Gleich zwei Inserenten pochen auf
1000%ige Zuverlässigkeit. Würde mich nicht wundern, wenn gerade
solche Leute nachher unzuverlässig waren.
> Wie bitte? Soll das hier ein Scherz sein?
"Hi Girls! Ich heiße Andrea und bin 11 Jahre jung. Ich suche ein Girl, das einen Amiga hat. Es kann 11-12 Jahre jung sein, aber nicht älter. Schreibt mir bitte!..." Also das war doch ein Inserat eines Pädophilen, würden jetzt böse Zungen munkeln...
> Dieser Typ hier aus Österreich (nein,
nicht Kulty!) hat wohl den Schuss nicht gehört. Schreibt nur auf Englisch und haut dieses Statement am Ende raus:
"Want to get in touch with Skid Row (best group)!"Skid Row? Crackergruppe! Auch da dürfte die ein oder andere Kanzlei bei ihm "nett" durchgeklingelt haben.
Nun aber genug rumgeflachst, jetzt wird gespielt, nämlich das Game
Paramax.
Hatte irgendwie Lust, auf ein seichtes Jump & Run, welches ich ohne großen Zeitaufwand durchzocken könnte. Dass es im Endeffekt aber so schnell geht die 3 Welt(chen) zu durchhüpfen, hätte ich auch nicht erahnen können. Klar, die WinUAE-Savestate Funktion macht natürlich Vieles leichter. Klar auch, dass der Schwierigkeitsgrad jetzt keinem Spieler Schweißperlen auf die Stirn treibt (obwohl es in der Tat zwei, drei Stellen gibt, die ziemlich tückisch sind!). Alles andere als "tückisch" sind die Endgegner, die den Namen hier so nicht verdient haben. Nach nur kurzer Beschussphase geben sie klein bei und der Level ist geschafft. Selbst vorm "großen Showdown" (selbst diese Formulierung muss man in Anführungszeichen setzen) leisten diese lächerliche
Spinne und dieser ulkige
Flugvogel kaum Widerstand. Kaum hat man sich versehen, glotzt man ganz überrascht auf das
Endbild inkl. Beglückwünschung durch die Programmierer.
Zur Entrüstung kam nochmals enttäuschend hinzu, dass ich trotz großem Sammeltrieb (hab so gut wie alles aufgeklaubt) und großer Killrate in der
Highscoreliste nur auf Platz 3 vorstoßen konnte.
Was solls! Die böse neue Digitalisierungsweltordnung ist abgewendet, mir haben die 3 (wenn auch kurzen) Level ein wenig Daddelglückseligkeit beschert und ein weiteres Spiel darf sich in meine Liste "Spiele die jan.hondafn2 durchgespielt hat" einreihen.
Ein Blick auf die Bewertung, die ich alleine in meiner Wertungskonferenz mit mir (kritisch!) ausdiskutiert habe:
GRAFIK: 62 %
ANIMATION: 54 %
MUSIK: 62 %
SOUND-FX: 29 %
HANDHABUNG: 73 %
DAUERSPASS: 63 %
GESAMT:
63 % "KURZ & ÜBERZEUGEND"Wenn man zum Vergleich auf die Wertung des Jokers schielt so fällt auf, dass ich insbesondere die Musik ein ganzes Stück höher als der damalig testende Redakteur C. Borgmeier einstufe. Hier haben die
Kingsoft-Mannen definitiv Überdurchschnittliches geleistet. Auf der anderen Seite gibts deutliche Punktabzüge in Sachen Sound-FX. Was da an Tönen die Lauscher erreicht, erinnert sofort an seelige C64-Zeiten!
Darüber hinaus gestaltet sich meine Testermeinung im Hinblick auf die Handhabung 'ne Portion besser. Der kleine gelbbehelmte Racker lässt sich ziemlich unkompliziert und sauber über die Plattformen manövrieren. Lediglich sein kurzer "Nachlauf" sorgt für gelegentliche Tobsuchtsanfälle. So viel sei noch gesagt: Für den damaligen Preis in Höhe von 29,- Deutschen Märkern konnte man mit "Mäxchen" nicht viel falsch machen. Selbst heute kann ich - auf Grund des soliden Sechsers - eine Empfehlung für alle begeisterungsfähigen Jump & Run Daddler aussprechen.
Majordomus schrieb am 20.02.2011 zu Paramax, 19:01:
So, habs nun durch. Zeit für ein Abschlussfazit.
Paramax kann bei weitem nicht so überzeugen wie Olaf Scholz bei der Bürgerschaftswahl.
[...]
Oh doch mein lieber Majordomus! Der kleine Max hat um Längen mehr Überzeugungskraft (siehe Bewertungsstatement) als Sinilus Scholz. Dies ist ein
Machtwort!
Wir wechseln das Genre, nämlich vom Spring & Lauf zum Knallerballer á la
Truxton II, der damals bestimmt häufig mit D-Markstücken gefüttert wurde.
Meine Güte! Das Spiel ist der Hammer...leider aber auch hammermäßig schwer! Somit kann man nur bedingt die klasse Grafik bewundern und der wunderbar melodiösen Sounduntermalung lauschen.
Trotz Speicherfunktion via Mame konnte ich nur ca. 20 % des Spieles in Augenschein nehmen. An einer Stelle wurden mir derart viele Gegner auf den Hals gehetzt, dass ich nur noch das weiße Fähnchen schwenken konnte (mit Mitte 40 hat man halt nicht mehr so ausgeprägte Reflexe wie damals).
Wie dem auch sei, das Spiel ist ein Kracher und für alle begeisterten Arcade-2D Shooter-Fetischisten ein absolutes Muss.
9 fette Punkte möchte ich dem Toaplan-Progi hiermit verleihen.
Leider ist die
Demo Galerie in dieser Ausgabe nicht vertreten. Demnach kann ich mir leider keine Demo rauspicken. Nächsten Monat siehts demonstrativ hoffentlich besser aus.
Nächste Ausgabe? War da nicht was? Ach ja!! Im November darf wieder kräftig gefeiert werden. Der Sekt ist jedenfalls für die 3(3) jährige Jokerfeier bereits kalt gestellt. Ihr nehmt bestimmt an der Fete teil, wenn es in ein paar Wochen heißt:
Joker for President...dann werde ich dem angehenden Staatsoberhaupt wieder kräftig auf den Zahn fühlen!
Kommentar wurde am 18.10.2022, 17:48 von jan.hondafn2 editiert.